Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite
141.
Das Lämmchen und Fischchen.

Es war einmal ein Brüderchen und Schwesterchen, die hatten sich herzlich lieb, ihre rechte Mutter war aber todt, und sie hatten eine Stiefmutter, die war ihnen nicht gut, und that ihnen heimlich alles Leid an. Es trug sich zu, daß die zwei mit andern Kindern auf einer Wiese vor dem Haus spielten, und an der Wiese war ein Teich, der gieng bis an die eine Seite vom Haus. Die Kinder liefen da herum, kriegten sich, und spielten Abzählens:

'Enecke, Benecke, lat mi liewen,
will die ock min Vügelken giewen.
Vügelken sall mie Strau söken,
Strau will ich den Köseken giewen,
Köseken sall mie Melk giewen,
Melk will ick den Bäcker giewen,
Bäcker sall mie 'n Kocken backen,
Kocken will ick den Kätken giewen,
Kätken sall mie Müse fangen,
Müse will ick in'n Rauck hangen
un will se anschnien.'

Dabei standen sie in einem Kreiß, und auf welchen nun das Wort 'anschnien' fiel, der mußte fortlaufen, und die andern liefen ihm nach, und fiengen ihn. Wie sie so

141.
Das Lämmchen und Fischchen.

Es war einmal ein Brüderchen und Schwesterchen, die hatten sich herzlich lieb, ihre rechte Mutter war aber todt, und sie hatten eine Stiefmutter, die war ihnen nicht gut, und that ihnen heimlich alles Leid an. Es trug sich zu, daß die zwei mit andern Kindern auf einer Wiese vor dem Haus spielten, und an der Wiese war ein Teich, der gieng bis an die eine Seite vom Haus. Die Kinder liefen da herum, kriegten sich, und spielten Abzählens:

‘Enecke, Benecke, lat mi liewen,
will die ock min Vügelken giewen.
Vügelken sall mie Strau söken,
Strau will ich den Köseken giewen,
Köseken sall mie Melk giewen,
Melk will ick den Bäcker giewen,
Bäcker sall mie ’n Kocken backen,
Kocken will ick den Kätken giewen,
Kätken sall mie Müse fangen,
Müse will ick in’n Rauck hangen
un will se anschnien.’

Dabei standen sie in einem Kreiß, und auf welchen nun das Wort ‘anschnien’ fiel, der mußte fortlaufen, und die andern liefen ihm nach, und fiengen ihn. Wie sie so

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0299" n="289"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">141.<lb/>
Das Lämmchen und Fischchen.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>s war einmal ein Brüderchen und Schwesterchen, die hatten sich herzlich lieb, ihre rechte Mutter war aber todt, und sie hatten eine Stiefmutter, die war ihnen nicht gut, und that ihnen heimlich alles Leid an. Es trug sich zu, daß die zwei mit andern Kindern auf einer Wiese vor dem Haus spielten, und an der Wiese war ein Teich, der gieng bis an die eine Seite vom Haus. Die Kinder liefen da herum, kriegten sich, und spielten Abzählens:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>&#x2018;Enecke, Benecke, lat mi liewen,</l><lb/>
          <l>will die ock min Vügelken giewen.</l><lb/>
          <l>Vügelken sall mie Strau söken,</l><lb/>
          <l>Strau will ich den Köseken giewen,</l><lb/>
          <l>Köseken sall mie Melk giewen,</l><lb/>
          <l>Melk will ick den Bäcker giewen,</l><lb/>
          <l>Bäcker sall mie &#x2019;n Kocken backen,</l><lb/>
          <l>Kocken will ick den Kätken giewen,</l><lb/>
          <l>Kätken sall mie Müse fangen,</l><lb/>
          <l>Müse will ick in&#x2019;n Rauck hangen</l><lb/>
          <l>un will se anschnien.&#x2019;</l><lb/>
        </lg>
        <p>Dabei standen sie in einem Kreiß, und auf welchen nun das Wort &#x2018;anschnien&#x2019; fiel, der mußte fortlaufen, und die andern liefen ihm nach, und fiengen ihn. Wie sie so
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0299] 141. Das Lämmchen und Fischchen. Es war einmal ein Brüderchen und Schwesterchen, die hatten sich herzlich lieb, ihre rechte Mutter war aber todt, und sie hatten eine Stiefmutter, die war ihnen nicht gut, und that ihnen heimlich alles Leid an. Es trug sich zu, daß die zwei mit andern Kindern auf einer Wiese vor dem Haus spielten, und an der Wiese war ein Teich, der gieng bis an die eine Seite vom Haus. Die Kinder liefen da herum, kriegten sich, und spielten Abzählens: ‘Enecke, Benecke, lat mi liewen, will die ock min Vügelken giewen. Vügelken sall mie Strau söken, Strau will ich den Köseken giewen, Köseken sall mie Melk giewen, Melk will ick den Bäcker giewen, Bäcker sall mie ’n Kocken backen, Kocken will ick den Kätken giewen, Kätken sall mie Müse fangen, Müse will ick in’n Rauck hangen un will se anschnien.’ Dabei standen sie in einem Kreiß, und auf welchen nun das Wort ‘anschnien’ fiel, der mußte fortlaufen, und die andern liefen ihm nach, und fiengen ihn. Wie sie so

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-01T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/299
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/299>, abgerufen am 28.03.2024.