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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

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ward groß und stark nach Art der Riesen, und als zwei Jahre herum waren, gieng der Alte mit ihm in den Wald, und wollte ihn versuchen, und sprach 'zieh dir da eine Gerte heraus.' Da war der Knabe schon so stark, daß er einen jungen Baum mit den Wurzeln aus der Erde riß. Der Riese aber dachte 'das muß besser kommen,' und nahm ihn wieder mit, säugte ihn noch zwei Jahre, und als er ihn abermals in den Wald führte, sich zu versuchen, riß er schon einen viel größeren Baum heraus. Das war aber dem Riesen noch nicht genug, und er säugte ihn noch zwei Jahre, gieng dann mit ihm in den Wald, und sprach: 'nun reiß einmal eine ordentliche Gerte aus.' Da riß der Junge den dicksten Eichenbaum aus der Erde, daß es krachte, und war ihm nur ein Spaß. Wie der alte Riese das sah, sprach er 'nun ists gut, du hast ausgelernt,' und führte ihn zurück auf den Acker, wo er ihn geholt hatte. Sein Vater pflügte gerade wieder, da gieng der junge Riese auf ihn zu, und sprach 'sieht er wohl, Vater, wies gekommen ist, und was sein Sohn für ein Mann geworden ist.' Da erschrak der Bauer, und sagte 'nein, du bist mein Sohn nicht, geh weg von mir.' 'Freilich bin ich sein Sohn, laß er mich einmal pflügen, ich kanns so gut, wie er auch.' 'Nein, du bist mein Sohn nicht, du kannst auch nicht pflügen, geh nur weg von mir.' Weil er sich aber vor dem großen Mann fürchtete, ließ er den Pflug los, gieng weg, und setzte sich zur Seite ans Land. Da nahm der Junge das Geschirr, und wollte pflügen, und drückte blos mit der einen Hand darauf, aber der Druck war schon so gewaltig, daß der Pflug tief in die Erde gieng. Der Bauer

ward groß und stark nach Art der Riesen, und als zwei Jahre herum waren, gieng der Alte mit ihm in den Wald, und wollte ihn versuchen, und sprach ‘zieh dir da eine Gerte heraus.’ Da war der Knabe schon so stark, daß er einen jungen Baum mit den Wurzeln aus der Erde riß. Der Riese aber dachte ‘das muß besser kommen,’ und nahm ihn wieder mit, säugte ihn noch zwei Jahre, und als er ihn abermals in den Wald führte, sich zu versuchen, riß er schon einen viel größeren Baum heraus. Das war aber dem Riesen noch nicht genug, und er säugte ihn noch zwei Jahre, gieng dann mit ihm in den Wald, und sprach: ‘nun reiß einmal eine ordentliche Gerte aus.’ Da riß der Junge den dicksten Eichenbaum aus der Erde, daß es krachte, und war ihm nur ein Spaß. Wie der alte Riese das sah, sprach er ‘nun ists gut, du hast ausgelernt,’ und führte ihn zurück auf den Acker, wo er ihn geholt hatte. Sein Vater pflügte gerade wieder, da gieng der junge Riese auf ihn zu, und sprach ‘sieht er wohl, Vater, wies gekommen ist, und was sein Sohn für ein Mann geworden ist.’ Da erschrak der Bauer, und sagte ‘nein, du bist mein Sohn nicht, geh weg von mir.’ ‘Freilich bin ich sein Sohn, laß er mich einmal pflügen, ich kanns so gut, wie er auch.’ ‘Nein, du bist mein Sohn nicht, du kannst auch nicht pflügen, geh nur weg von mir.’ Weil er sich aber vor dem großen Mann fürchtete, ließ er den Pflug los, gieng weg, und setzte sich zur Seite ans Land. Da nahm der Junge das Geschirr, und wollte pflügen, und drückte blos mit der einen Hand darauf, aber der Druck war schon so gewaltig, daß der Pflug tief in die Erde gieng. Der Bauer

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[24/0034] ward groß und stark nach Art der Riesen, und als zwei Jahre herum waren, gieng der Alte mit ihm in den Wald, und wollte ihn versuchen, und sprach ‘zieh dir da eine Gerte heraus.’ Da war der Knabe schon so stark, daß er einen jungen Baum mit den Wurzeln aus der Erde riß. Der Riese aber dachte ‘das muß besser kommen,’ und nahm ihn wieder mit, säugte ihn noch zwei Jahre, und als er ihn abermals in den Wald führte, sich zu versuchen, riß er schon einen viel größeren Baum heraus. Das war aber dem Riesen noch nicht genug, und er säugte ihn noch zwei Jahre, gieng dann mit ihm in den Wald, und sprach: ‘nun reiß einmal eine ordentliche Gerte aus.’ Da riß der Junge den dicksten Eichenbaum aus der Erde, daß es krachte, und war ihm nur ein Spaß. Wie der alte Riese das sah, sprach er ‘nun ists gut, du hast ausgelernt,’ und führte ihn zurück auf den Acker, wo er ihn geholt hatte. Sein Vater pflügte gerade wieder, da gieng der junge Riese auf ihn zu, und sprach ‘sieht er wohl, Vater, wies gekommen ist, und was sein Sohn für ein Mann geworden ist.’ Da erschrak der Bauer, und sagte ‘nein, du bist mein Sohn nicht, geh weg von mir.’ ‘Freilich bin ich sein Sohn, laß er mich einmal pflügen, ich kanns so gut, wie er auch.’ ‘Nein, du bist mein Sohn nicht, du kannst auch nicht pflügen, geh nur weg von mir.’ Weil er sich aber vor dem großen Mann fürchtete, ließ er den Pflug los, gieng weg, und setzte sich zur Seite ans Land. Da nahm der Junge das Geschirr, und wollte pflügen, und drückte blos mit der einen Hand darauf, aber der Druck war schon so gewaltig, daß der Pflug tief in die Erde gieng. Der Bauer

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/34>, abgerufen am 25.04.2024.