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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

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gieng ihr entgegen, doch er erkannte sie nicht. Er führte sie zum Tanz, und war so entzückt über ihre Schönheit daß er an die andere Braut gar nicht mehr dachte. Als das Fest vorüber war, verschwand sie im Gedränge und eilte vor Tagesanbruch in das Dorf, wo sie ihr Hirtenkleid wieder anlegte.

Am andern Abend nahm sie das Kleid mit den silbernen Monden heraus, und steckte einen Halbmond von Edelsteinen in ihre Haare. Als sie auf dem Fest sich zeigte, wendeten sich alle Augen nach ihr, aber der Königssohn eilte ihr entgegen, und ganz von Liebe erfüllt tanzte er mit ihr allein, und blickte keine andere mehr an. Ehe sie weggieng, mußte sie ihm versprechen den letzten Abend nochmals zum Fest zu kommen.

Als sie zum drittenmal erschien, hatte sie das Sternenkleid an, das bei jedem ihrer Schritte funkelte, und Haarband und Gürtel waren Sterne von Edelsteinen. Der Königssohn hatte schon lange auf sie gewartet, und drängte sich zu ihr hin. 'Sage mir nur wer du bist,' sprach er, 'mir ist als wenn ich dich schon lange gekannt hätte.' 'Weißt du nicht,' antwortete sie, 'was ich that, als du von mir schiedest?' Da trat sie zu ihm heran, und küßte ihn auf den linken Backen; in dem Augenblick fiel es wie Schuppen von seinen Augen, und er erkannte die wahre Braut: 'komm,' sagte er zu ihr, 'hier ist meines Bleibens nicht länger,' reichte ihr die Hand und führte sie hinab zu dem Wagen. Als wäre der Wind vorgespannt, so eilten die Pferde zu dem Wunderschloß. Schon von weitem glänzten die erleuchteten Fenster. Als sie bei der Linde vorbei fuhren, schwärmten

gieng ihr entgegen, doch er erkannte sie nicht. Er führte sie zum Tanz, und war so entzückt über ihre Schönheit daß er an die andere Braut gar nicht mehr dachte. Als das Fest vorüber war, verschwand sie im Gedränge und eilte vor Tagesanbruch in das Dorf, wo sie ihr Hirtenkleid wieder anlegte.

Am andern Abend nahm sie das Kleid mit den silbernen Monden heraus, und steckte einen Halbmond von Edelsteinen in ihre Haare. Als sie auf dem Fest sich zeigte, wendeten sich alle Augen nach ihr, aber der Königssohn eilte ihr entgegen, und ganz von Liebe erfüllt tanzte er mit ihr allein, und blickte keine andere mehr an. Ehe sie weggieng, mußte sie ihm versprechen den letzten Abend nochmals zum Fest zu kommen.

Als sie zum drittenmal erschien, hatte sie das Sternenkleid an, das bei jedem ihrer Schritte funkelte, und Haarband und Gürtel waren Sterne von Edelsteinen. Der Königssohn hatte schon lange auf sie gewartet, und drängte sich zu ihr hin. ‘Sage mir nur wer du bist,’ sprach er, ‘mir ist als wenn ich dich schon lange gekannt hätte.’ ‘Weißt du nicht,’ antwortete sie, ‘was ich that, als du von mir schiedest?’ Da trat sie zu ihm heran, und küßte ihn auf den linken Backen; in dem Augenblick fiel es wie Schuppen von seinen Augen, und er erkannte die wahre Braut: ‘komm,’ sagte er zu ihr, ‘hier ist meines Bleibens nicht länger,’ reichte ihr die Hand und führte sie hinab zu dem Wagen. Als wäre der Wind vorgespannt, so eilten die Pferde zu dem Wunderschloß. Schon von weitem glänzten die erleuchteten Fenster. Als sie bei der Linde vorbei fuhren, schwärmten

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[454/0464] gieng ihr entgegen, doch er erkannte sie nicht. Er führte sie zum Tanz, und war so entzückt über ihre Schönheit daß er an die andere Braut gar nicht mehr dachte. Als das Fest vorüber war, verschwand sie im Gedränge und eilte vor Tagesanbruch in das Dorf, wo sie ihr Hirtenkleid wieder anlegte. Am andern Abend nahm sie das Kleid mit den silbernen Monden heraus, und steckte einen Halbmond von Edelsteinen in ihre Haare. Als sie auf dem Fest sich zeigte, wendeten sich alle Augen nach ihr, aber der Königssohn eilte ihr entgegen, und ganz von Liebe erfüllt tanzte er mit ihr allein, und blickte keine andere mehr an. Ehe sie weggieng, mußte sie ihm versprechen den letzten Abend nochmals zum Fest zu kommen. Als sie zum drittenmal erschien, hatte sie das Sternenkleid an, das bei jedem ihrer Schritte funkelte, und Haarband und Gürtel waren Sterne von Edelsteinen. Der Königssohn hatte schon lange auf sie gewartet, und drängte sich zu ihr hin. ‘Sage mir nur wer du bist,’ sprach er, ‘mir ist als wenn ich dich schon lange gekannt hätte.’ ‘Weißt du nicht,’ antwortete sie, ‘was ich that, als du von mir schiedest?’ Da trat sie zu ihm heran, und küßte ihn auf den linken Backen; in dem Augenblick fiel es wie Schuppen von seinen Augen, und er erkannte die wahre Braut: ‘komm,’ sagte er zu ihr, ‘hier ist meines Bleibens nicht länger,’ reichte ihr die Hand und führte sie hinab zu dem Wagen. Als wäre der Wind vorgespannt, so eilten die Pferde zu dem Wunderschloß. Schon von weitem glänzten die erleuchteten Fenster. Als sie bei der Linde vorbei fuhren, schwärmten

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/464>, abgerufen am 28.03.2024.