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Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.

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Da kam im Jahre 1135 der Bischof Buggo (Burkard) von Worms hierher. Ihm gefiel die stille Abgeschiedenheit des Ortes, den er darum für ganz geeignet hielt, sich in völliger Zurückgezogenheit von der Welt der Betrachtung Gottes zu weihen. In dieser Ueberzeugung beschloss er, hier ein Kloster zu stiften. Weil aber Graf Boppo von Laufen damals die Gegend von dem Domstifte Worms zu Lehen trug, und dieser es wieder dem Bligger von Steinach zu Afterlehen gegeben hatte, mussten diese erst entschädigt werden. Der Bau des Klosters "zur Ehre der heiligen Jungfrau" wurde unternommen, und von seiner Lage in der schönen Au erhielt es den Namen Schönaugia. Buggo besetzte das Kloster mit Cisterzienser-Mönchen, die nach der Regel des heil. Benedictus mit eigenen Zusätzen lebten, und zuweilen auch Bernhardiner genannt wurden, weil sich Bernhard um Ausbreitung und Verbesserung des Ordens sehr verdient gemacht hatte. Im Jahre 1142 fertigte Buggo den Stiftungsbrief des Klosters aus.

Bald stieg der Wohlstand desselben durch viele und bedeutende Schenkungen der Bischöfe zu Worms und Speyer, der Pfalzgrafen und mancher angesehenen Familien. Hierdurch geschah es, dass die Aebte des Klosters Schönau bald zu den angesehensten Ständen des Landes gerechnet wurden. Mehrere Pfalzgrafen und Bischöfe liessen sich nach ihrem Ableben in der hiesigen Klosterkirche beisetzen. Dies Kloster zeichnete sich vor andern durch eine gute Zucht während seines mehr als vierhundertjährigen Bestandes vortheilhaft aus.

Als nach Otto Heinrichs Tode, den bestehenden Erbverträgen gemäss, der damals regierende Herzog zu Simmern die Pfälzischen Kurlande erbte, und unter dem Namen Friedrich III. über die Pfalz herrschte, hob er, ein eifriger Protestant, mit mehreren andern auch das Kloster Schönau im J. 1562 auf. Die Ordensgeistlichen wurden vertrieben, und da gerade ungefähr dreissig Familien von den durch Herzog Alba's Verfolgungen flüchtig gewordenen protestantischen Niederländern (Wallonen) bei ihm um Aufnahme baten, wies ihnen dieser erste reformirte Beherrscher der Pfalz diesen verlassenen Aufenthalt an. Sie waren meist Tuchweber, und richteten sich dort für ihre Gewerbe ein, bauten sich nach und nach weiter an, und so entstand das Städtchen Schönau.

Da kam im Jahre 1135 der Bischof Buggo (Burkard) von Worms hierher. Ihm gefiel die stille Abgeschiedenheit des Ortes, den er darum für ganz geeignet hielt, sich in völliger Zurückgezogenheit von der Welt der Betrachtung Gottes zu weihen. In dieser Ueberzeugung beschloss er, hier ein Kloster zu stiften. Weil aber Graf Boppo von Laufen damals die Gegend von dem Domstifte Worms zu Lehen trug, und dieser es wieder dem Bligger von Steinach zu Afterlehen gegeben hatte, mussten diese erst entschädigt werden. Der Bau des Klosters „zur Ehre der heiligen Jungfrau“ wurde unternommen, und von seiner Lage in der schönen Au erhielt es den Namen Schönaugia. Buggo besetzte das Kloster mit Cisterzienser-Mönchen, die nach der Regel des heil. Benedictus mit eigenen Zusätzen lebten, und zuweilen auch Bernhardiner genannt wurden, weil sich Bernhard um Ausbreitung und Verbesserung des Ordens sehr verdient gemacht hatte. Im Jahre 1142 fertigte Buggo den Stiftungsbrief des Klosters aus.

Bald stieg der Wohlstand desselben durch viele und bedeutende Schenkungen der Bischöfe zu Worms und Speyer, der Pfalzgrafen und mancher angesehenen Familien. Hierdurch geschah es, dass die Aebte des Klosters Schönau bald zu den angesehensten Ständen des Landes gerechnet wurden. Mehrere Pfalzgrafen und Bischöfe liessen sich nach ihrem Ableben in der hiesigen Klosterkirche beisetzen. Dies Kloster zeichnete sich vor andern durch eine gute Zucht während seines mehr als vierhundertjährigen Bestandes vortheilhaft aus.

Als nach Otto Heinrichs Tode, den bestehenden Erbverträgen gemäss, der damals regierende Herzog zu Simmern die Pfälzischen Kurlande erbte, und unter dem Namen Friedrich III. über die Pfalz herrschte, hob er, ein eifriger Protestant, mit mehreren andern auch das Kloster Schönau im J. 1562 auf. Die Ordensgeistlichen wurden vertrieben, und da gerade ungefähr dreissig Familien von den durch Herzog Alba’s Verfolgungen flüchtig gewordenen protestantischen Niederländern (Wallonen) bei ihm um Aufnahme baten, wies ihnen dieser erste reformirte Beherrscher der Pfalz diesen verlassenen Aufenthalt an. Sie waren meist Tuchweber, und richteten sich dort für ihre Gewerbe ein, bauten sich nach und nach weiter an, und so entstand das Städtchen Schönau.

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[61/0061] Da kam im Jahre 1135 der Bischof Buggo (Burkard) von Worms hierher. Ihm gefiel die stille Abgeschiedenheit des Ortes, den er darum für ganz geeignet hielt, sich in völliger Zurückgezogenheit von der Welt der Betrachtung Gottes zu weihen. In dieser Ueberzeugung beschloss er, hier ein Kloster zu stiften. Weil aber Graf Boppo von Laufen damals die Gegend von dem Domstifte Worms zu Lehen trug, und dieser es wieder dem Bligger von Steinach zu Afterlehen gegeben hatte, mussten diese erst entschädigt werden. Der Bau des Klosters „zur Ehre der heiligen Jungfrau“ wurde unternommen, und von seiner Lage in der schönen Au erhielt es den Namen Schönaugia. Buggo besetzte das Kloster mit Cisterzienser-Mönchen, die nach der Regel des heil. Benedictus mit eigenen Zusätzen lebten, und zuweilen auch Bernhardiner genannt wurden, weil sich Bernhard um Ausbreitung und Verbesserung des Ordens sehr verdient gemacht hatte. Im Jahre 1142 fertigte Buggo den Stiftungsbrief des Klosters aus. Bald stieg der Wohlstand desselben durch viele und bedeutende Schenkungen der Bischöfe zu Worms und Speyer, der Pfalzgrafen und mancher angesehenen Familien. Hierdurch geschah es, dass die Aebte des Klosters Schönau bald zu den angesehensten Ständen des Landes gerechnet wurden. Mehrere Pfalzgrafen und Bischöfe liessen sich nach ihrem Ableben in der hiesigen Klosterkirche beisetzen. Dies Kloster zeichnete sich vor andern durch eine gute Zucht während seines mehr als vierhundertjährigen Bestandes vortheilhaft aus. Als nach Otto Heinrichs Tode, den bestehenden Erbverträgen gemäss, der damals regierende Herzog zu Simmern die Pfälzischen Kurlande erbte, und unter dem Namen Friedrich III. über die Pfalz herrschte, hob er, ein eifriger Protestant, mit mehreren andern auch das Kloster Schönau im J. 1562 auf. Die Ordensgeistlichen wurden vertrieben, und da gerade ungefähr dreissig Familien von den durch Herzog Alba’s Verfolgungen flüchtig gewordenen protestantischen Niederländern (Wallonen) bei ihm um Aufnahme baten, wies ihnen dieser erste reformirte Beherrscher der Pfalz diesen verlassenen Aufenthalt an. Sie waren meist Tuchweber, und richteten sich dort für ihre Gewerbe ein, bauten sich nach und nach weiter an, und so entstand das Städtchen Schönau.

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Zitationshilfe: Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/61>, abgerufen am 18.04.2024.