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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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Und ihr den Vorzug lassen müste? nimmermehr
nit! Großmächtiger Fürst/ würde es deiner Hoch-
heit anstehen/ noch deiner intention nachgelebt
seyn/ die du hast/ das Menschlich Geschlecht sowol
hie als dort zuquälen/ wann du dieser allemode
Närrin gewonnen gebest/ daß sie in ihrer Verfah-
rung wider mich recht handele; ich hab zwar miß-
redet/ in dem ich gesagt/ recht handele; dann mir ist
recht und unrecht eins wie das ander; ich wolte so
viel damit sagen/ es gereiche zu Schmählerung dei-
nes Reichs/ wann mein Fleiß/ den ich von unvor-
dencklichen Jahren hero biß auff diese Stund so un-
verdrossen vorgespannet/ mit solcher Verachtung
belohnet: Mein Ansehen/ aestimation und Valor
bey den Menschen dardurch verringert: Und endt-
lich ich selbsten auff solche weiß auß ihrer aller Her-
tzen gar außgelöscht und vertrieben werden solte;
befehle derohalben dieser jungen unverständigen
Landläufferin/ daß sie mir als einem Aeltern wei-
chen: Forthin meinem Beginnen nachgeben: Und
mich in deinen Reichs-Geschäfften unverhindert
fürfahren lassen solle/ in aller Maß und Form als
vor diesem beschehen/ da man in der gantzen Welt
von ihr nichts wuste.

Demnach der Geitz diese Mainung mit noch
weit mehrern Umbständen vorgebracht hatte; ant-
wortet die Verschwendung/ es verwundere sie nichts
mehrers/ alß daß ihr Großvatter so unverschämbt
in sein eigen Geschlecht hinein gleich wie ein anderer
Herodes Ascalonita in das seinige wüthen dörffe;
er nennet mich (sagt sie) eine Bräckin; solcher Ti-
tul gebühret mir zwar weil ich sein Encklin bin/ mei-
ner aignen Qualitäten halber aber wird mir dersel-

be

Und ihr den Vorzug laſſen muͤſte? nimmermehr
nit! Großmaͤchtiger Fuͤrſt/ wuͤrde es deiner Hoch-
heit anſtehen/ noch deiner intention nachgelebt
ſeyn/ die du haſt/ das Menſchlich Geſchlecht ſowol
hie als dort zuquaͤlen/ wann du dieſer allemode
Naͤrꝛin gewonnen gebeſt/ daß ſie in ihrer Verfah-
rung wider mich recht handele; ich hab zwar miß-
redet/ in dem ich geſagt/ recht handele; dann mir iſt
recht und unrecht eins wie das ander; ich wolte ſo
viel damit ſagen/ es gereiche zu Schmaͤhlerung dei-
nes Reichs/ wann mein Fleiß/ den ich von unvor-
dencklichen Jahren hero biß auff dieſe Stund ſo un-
verdroſſen vorgeſpannet/ mit ſolcher Verachtung
belohnet: Mein Anſehen/ æſtimation und Valor
bey den Menſchen dardurch verꝛingert: Und endt-
lich ich ſelbſten auff ſolche weiß auß ihrer aller Her-
tzen gar außgeloͤſcht und vertrieben werden ſolte;
befehle derohalben dieſer jungen unverſtaͤndigen
Landlaͤufferin/ daß ſie mir als einem Aeltern wei-
chen: Forthin meinem Beginnen nachgeben: Und
mich in deinen Reichs-Geſchaͤfften unverhindert
fuͤrfahren laſſen ſolle/ in aller Maß und Form als
vor dieſem beſchehen/ da man in der gantzen Welt
von ihr nichts wuſte.

Demnach der Geitz dieſe Mainung mit noch
weit mehrern Umbſtaͤnden vorgebracht hatte; ant-
wortet die Verſchwendung/ es verwundere ſie nichts
mehrers/ alß daß ihr Großvatter ſo unverſchaͤmbt
in ſein eigen Geſchlecht hinein gleich wie ein anderer
Herodes Aſcalonita in das ſeinige wuͤthen doͤrffe;
er nennet mich (ſagt ſie) eine Braͤckin; ſolcher Ti-
tul gebuͤhret mir zwar weil ich ſein Encklin bin/ mei-
ner aignen Qualitaͤten halber aber wird mir derſel-

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[0022] Und ihr den Vorzug laſſen muͤſte? nimmermehr nit! Großmaͤchtiger Fuͤrſt/ wuͤrde es deiner Hoch- heit anſtehen/ noch deiner intention nachgelebt ſeyn/ die du haſt/ das Menſchlich Geſchlecht ſowol hie als dort zuquaͤlen/ wann du dieſer allemode Naͤrꝛin gewonnen gebeſt/ daß ſie in ihrer Verfah- rung wider mich recht handele; ich hab zwar miß- redet/ in dem ich geſagt/ recht handele; dann mir iſt recht und unrecht eins wie das ander; ich wolte ſo viel damit ſagen/ es gereiche zu Schmaͤhlerung dei- nes Reichs/ wann mein Fleiß/ den ich von unvor- dencklichen Jahren hero biß auff dieſe Stund ſo un- verdroſſen vorgeſpannet/ mit ſolcher Verachtung belohnet: Mein Anſehen/ æſtimation und Valor bey den Menſchen dardurch verꝛingert: Und endt- lich ich ſelbſten auff ſolche weiß auß ihrer aller Her- tzen gar außgeloͤſcht und vertrieben werden ſolte; befehle derohalben dieſer jungen unverſtaͤndigen Landlaͤufferin/ daß ſie mir als einem Aeltern wei- chen: Forthin meinem Beginnen nachgeben: Und mich in deinen Reichs-Geſchaͤfften unverhindert fuͤrfahren laſſen ſolle/ in aller Maß und Form als vor dieſem beſchehen/ da man in der gantzen Welt von ihr nichts wuſte. Demnach der Geitz dieſe Mainung mit noch weit mehrern Umbſtaͤnden vorgebracht hatte; ant- wortet die Verſchwendung/ es verwundere ſie nichts mehrers/ alß daß ihr Großvatter ſo unverſchaͤmbt in ſein eigen Geſchlecht hinein gleich wie ein anderer Herodes Aſcalonita in das ſeinige wuͤthen doͤrffe; er nennet mich (ſagt ſie) eine Braͤckin; ſolcher Ti- tul gebuͤhret mir zwar weil ich ſein Encklin bin/ mei- ner aignen Qualitaͤten halber aber wird mir derſel- be

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/22>, abgerufen am 24.04.2024.