Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite
Drittes Buch.
Das IX. Capitel.

MEine Hoffart vermehrte sich mit meinem Glück/
darauß endlich nichts anders als mein Fall er-
solgen konte; Ungefähr ein halbe Stund von Reh-
nen campirten wir/ als ich mit meinen besten Came-
raden Erlaubnus begehrte/ in dasselbe Stättlein zu
gehen/ etwas an unserm Gewehr flicken zu lassen/ so
wir auch erhielten. Weil aber unser Meynung war/
sich einmal rechtschaffen miteinander lustig zu ma-
chen/ kehrten wir im besten Wirtshauß ein/ und lies-
sen Spilleut kommen/ die uns Wein und Bier hin-
under geigen musten: Da giengs in floribus her/ und
blieb nichts unterwegen/ was nur dem Geld wehe
thun möchte/ ja ich hielte Bursch von andern Regi-
mentern zu Gast/ und stellte mich nicht anders/ als
wie ein junger Printz/ der Land und Leut vermag/
und alle Jahr ein groß Geld zu verzehren hat. Da-
hero wurde uns auch besser/ als einer Gesellschafft
Renter/ die gleichfalls dort zehrte/ auffgewartet/
weils jene nicht so doll hergeben liessen/ das verdroß
sie/ und fiengen an mit uns zu kippeln: woher kommts/
sagten sie untereinander/ daß diese Stigelhupffer
(dann sie hielten uns vor Mußauetterer/ massen kein
Thier in der Welt ist/ das einem Mußquetierer glei-
cher sihet als ein Dragoner/ und wenn ein Dragoner
vom Pferd fällt/ so stehet ein Mußquetierer wieder
auff) ihre Heller so weisen? Ein anderer antwortet/
jener Säugling ist gewiß ein Stroh-Juncker/ dem
seine Mutter etliche Milch-Pfenning geschickt/ die er
jetzo seinen Cameraden spendirt/ damit sie ihn künff-
tig irgendswo auß dem Dreck/ oder etwan durch ein

Graben
Drittes Buch.
Das IX. Capitel.

MEine Hoffart vermehrte ſich mit meinem Gluͤck/
darauß endlich nichts anders als mein Fall er-
ſolgen konte; Ungefaͤhr ein halbe Stund von Reh-
nen campirten wir/ als ich mit meinen beſten Came-
raden Erlaubnus begehrte/ in daſſelbe Staͤttlein zu
gehen/ etwas an unſerm Gewehr flicken zu laſſen/ ſo
wir auch erhielten. Weil aber unſer Meynung war/
ſich einmal rechtſchaffen miteinander luſtig zu ma-
chen/ kehrten wir im beſten Wirtshauß ein/ und lieſ-
ſen Spilleut kommen/ die uns Wein und Bier hin-
under geigen muſten: Da giengs in floribus her/ und
blieb nichts unterwegen/ was nur dem Geld wehe
thun moͤchte/ ja ich hielte Burſch von andern Regi-
mentern zu Gaſt/ und ſtellte mich nicht anders/ als
wie ein junger Printz/ der Land und Leut vermag/
und alle Jahr ein groß Geld zu verzehren hat. Da-
hero wurde uns auch beſſer/ als einer Geſellſchafft
Renter/ die gleichfalls dort zehrte/ auffgewartet/
weils jene nicht ſo doll hergeben lieſſen/ das verdroß
ſie/ und fiengen an mit uns zu kippeln: woher kom̃ts/
ſagten ſie untereinander/ daß dieſe Stigelhupffer
(dann ſie hielten uns vor Mußauetterer/ maſſen kein
Thier in der Welt iſt/ das einem Mußquetierer glei-
cher ſihet als ein Dragoner/ und wenn ein Dragoner
vom Pferd faͤllt/ ſo ſtehet ein Mußquetierer wieder
auff) ihre Heller ſo weiſen? Ein anderer antwortet/
jener Saͤugling iſt gewiß ein Stroh-Juncker/ dem
ſeine Mutter etliche Milch-Pfenning geſchickt/ die er
jetzo ſeinen Cameraden ſpendirt/ damit ſie ihn kuͤnff-
tig irgendswo auß dem Dreck/ oder etwan durch ein

Graben
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0307" n="301"/>
      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Drittes Buch.</hi> </fw><lb/>
      <div n="2">
        <head> <hi rendition="#fr">Das</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">IX.</hi> </hi> <hi rendition="#fr">Capitel.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">M</hi>Eine Hoffart vermehrte &#x017F;ich mit meinem Glu&#x0364;ck/<lb/>
darauß endlich nichts anders als mein Fall er-<lb/>
&#x017F;olgen konte; Ungefa&#x0364;hr ein halbe Stund von Reh-<lb/>
nen <hi rendition="#aq">campi</hi>rten wir/ als ich mit meinen be&#x017F;ten Came-<lb/>
raden Erlaubnus begehrte/ in da&#x017F;&#x017F;elbe Sta&#x0364;ttlein zu<lb/>
gehen/ etwas an un&#x017F;erm Gewehr flicken zu la&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;o<lb/>
wir auch erhielten. Weil aber un&#x017F;er Meynung war/<lb/>
&#x017F;ich einmal recht&#x017F;chaffen miteinander lu&#x017F;tig zu ma-<lb/>
chen/ kehrten wir im be&#x017F;ten Wirtshauß ein/ und lie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Spilleut kommen/ die uns Wein und Bier hin-<lb/>
under geigen mu&#x017F;ten: Da giengs <hi rendition="#aq">in floribus</hi> her/ und<lb/>
blieb nichts unterwegen/ was nur dem Geld wehe<lb/>
thun mo&#x0364;chte/ ja ich hielte Bur&#x017F;ch von andern Regi-<lb/>
mentern zu Ga&#x017F;t/ und &#x017F;tellte mich nicht anders/ als<lb/>
wie ein junger Printz/ der Land und Leut vermag/<lb/>
und alle Jahr ein groß Geld zu verzehren hat. Da-<lb/>
hero wurde uns auch be&#x017F;&#x017F;er/ als einer Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft<lb/>
Renter/ die gleichfalls dort zehrte/ auffgewartet/<lb/>
weils jene nicht &#x017F;o doll hergeben lie&#x017F;&#x017F;en/ das verdroß<lb/>
&#x017F;ie/ und fiengen an mit uns zu kippeln: woher kom&#x0303;ts/<lb/>
&#x017F;agten &#x017F;ie untereinander/ daß die&#x017F;e Stigelhupffer<lb/>
(dann &#x017F;ie hielten uns vor Mußauetterer/ ma&#x017F;&#x017F;en kein<lb/>
Thier in der Welt i&#x017F;t/ das einem Mußquetierer glei-<lb/>
cher &#x017F;ihet als ein Dragoner/ und wenn ein Dragoner<lb/>
vom Pferd fa&#x0364;llt/ &#x017F;o &#x017F;tehet ein Mußquetierer wieder<lb/>
auff) ihre Heller &#x017F;o wei&#x017F;en? Ein anderer antwortet/<lb/>
jener Sa&#x0364;ugling i&#x017F;t gewiß ein Stroh-Juncker/ dem<lb/>
&#x017F;eine Mutter etliche Milch-Pfenning ge&#x017F;chickt/ die er<lb/>
jetzo &#x017F;einen Cameraden &#x017F;pendirt/ damit &#x017F;ie ihn ku&#x0364;nff-<lb/>
tig irgendswo auß dem Dreck/ oder etwan durch ein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Graben</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0307] Drittes Buch. Das IX. Capitel. MEine Hoffart vermehrte ſich mit meinem Gluͤck/ darauß endlich nichts anders als mein Fall er- ſolgen konte; Ungefaͤhr ein halbe Stund von Reh- nen campirten wir/ als ich mit meinen beſten Came- raden Erlaubnus begehrte/ in daſſelbe Staͤttlein zu gehen/ etwas an unſerm Gewehr flicken zu laſſen/ ſo wir auch erhielten. Weil aber unſer Meynung war/ ſich einmal rechtſchaffen miteinander luſtig zu ma- chen/ kehrten wir im beſten Wirtshauß ein/ und lieſ- ſen Spilleut kommen/ die uns Wein und Bier hin- under geigen muſten: Da giengs in floribus her/ und blieb nichts unterwegen/ was nur dem Geld wehe thun moͤchte/ ja ich hielte Burſch von andern Regi- mentern zu Gaſt/ und ſtellte mich nicht anders/ als wie ein junger Printz/ der Land und Leut vermag/ und alle Jahr ein groß Geld zu verzehren hat. Da- hero wurde uns auch beſſer/ als einer Geſellſchafft Renter/ die gleichfalls dort zehrte/ auffgewartet/ weils jene nicht ſo doll hergeben lieſſen/ das verdroß ſie/ und fiengen an mit uns zu kippeln: woher kom̃ts/ ſagten ſie untereinander/ daß dieſe Stigelhupffer (dann ſie hielten uns vor Mußauetterer/ maſſen kein Thier in der Welt iſt/ das einem Mußquetierer glei- cher ſihet als ein Dragoner/ und wenn ein Dragoner vom Pferd faͤllt/ ſo ſtehet ein Mußquetierer wieder auff) ihre Heller ſo weiſen? Ein anderer antwortet/ jener Saͤugling iſt gewiß ein Stroh-Juncker/ dem ſeine Mutter etliche Milch-Pfenning geſchickt/ die er jetzo ſeinen Cameraden ſpendirt/ damit ſie ihn kuͤnff- tig irgendswo auß dem Dreck/ oder etwan durch ein Graben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/307
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/307>, abgerufen am 20.04.2024.