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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
allen widersprechen. Wird nun der Herr Pfarrer
mein Ananias seyn/ so will ich ihm mit grosser Danck-
barkeit folgen/ und die Religion annehmen/ die er
selbst bekennt.

Darauff sagte er: Der Herr steckt in grossem Jrr-
thum/ aber ich hoffe zu GOtt/ er werde ihn erleuch-
ten/ und auß dem Schlamm heiffen; zu welchem
End ich ihm dann unsere Confession ins künfftig der-
gestalt auß H. Schrifft bewähren will/ daß sie auch
wider die Pforten der Höllen bestehen solle; Jch ant-
wortet/ dessen würde ich mit grossem Verlangen ge-
wärtig seyn/ gedachte aber bey mir selber/ wenn du
mir nur nichts mehr von meinen Liebgern vorhältst/
so bin ich mit deinem Glauben wol zu frieden. Hier-
bey kan der Leser abnehmen/ was ich damals vor ein
gottloser böser Bub gewesen/ dann ich machte dem
guten Pfarrer deßwegen vergebliche Mühe/ damit
er mich in meinem ruchlosen Leben ungehindert lies-
se/ und gedachte: Biß du mit deinen Beweißthumen
fertig bist/ so bin ich vielleicht wo der Pfeffer wächst.

Das XXI. Capitel.

GEgen meinem Quartier über wohnet ein Refor-
mi
rter Obrist Leutenant/ der hatte ein überauß
schöne Tochter/ die sich gantz Adelich trug; ich hätte
längst gern Kundschafft zu ihr gemacht/ unangese-
hen sie mir anfänglich nicht beschaffen zu seyn deuch-
te/ daß ich sie allein lieben/ und auff ewig haben möch-
te/ doch schenckte ich ihr manchen Gang/ und noch
vielmehr liebreicher Blick/ sie wurde mir aber so fleis-
sig verhütet/ daß ich kein einig mal/ als ich mir wün-
schete/ mit ihr zu reden kommen konte/ so dorffte ich

auch

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
allen widerſprechen. Wird nun der Herꝛ Pfarꝛer
mein Ananias ſeyn/ ſo will ich ihm mit groſſer Danck-
barkeit folgen/ und die Religion annehmen/ die er
ſelbſt bekennt.

Darauff ſagte er: Der Herꝛ ſteckt in groſſem Jrꝛ-
thum/ aber ich hoffe zu GOtt/ er werde ihn erleuch-
ten/ und auß dem Schlamm heiffen; zu welchem
End ich ihm dann unſere Confeſſion ins kuͤnfftig der-
geſtalt auß H. Schrifft bewaͤhren will/ daß ſie auch
wider die Pforten der Hoͤllen beſtehen ſolle; Jch ant-
wortet/ deſſen wuͤrde ich mit groſſem Verlangen ge-
waͤrtig ſeyn/ gedachte aber bey mir ſelber/ wenn du
mir nur nichts mehr von meinen Liebgern vorhaͤltſt/
ſo bin ich mit deinem Glauben wol zu frieden. Hier-
bey kan der Leſer abnehmen/ was ich damals vor ein
gottloſer boͤſer Bub geweſen/ dann ich machte dem
guten Pfarꝛer deßwegen vergebliche Muͤhe/ damit
er mich in meinem ruchloſen Leben ungehindert lieſ-
ſe/ und gedachte: Biß du mit deinen Beweißthumen
fertig biſt/ ſo bin ich vielleicht wo der Pfeffer waͤchſt.

Das XXI. Capitel.

GEgen meinem Quartier uͤber wohnet ein Refor-
mi
rter Obriſt Leutenant/ der hatte ein uͤberauß
ſchoͤne Tochter/ die ſich gantz Adelich trug; ich haͤtte
laͤngſt gern Kundſchafft zu ihr gemacht/ unangeſe-
hen ſie mir anfaͤnglich nicht beſchaffen zu ſeyn deuch-
te/ daß ich ſie allein lieben/ und auff ewig haben moͤch-
te/ doch ſchenckte ich ihr manchen Gang/ und noch
vielmehr liebreicher Blick/ ſie wurde mir aber ſo fleiſ-
ſig verhuͤtet/ daß ich kein einig mal/ als ich mir wuͤn-
ſchete/ mit ihr zu reden kommen konte/ ſo dorffte ich

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[358/0364] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi allen widerſprechen. Wird nun der Herꝛ Pfarꝛer mein Ananias ſeyn/ ſo will ich ihm mit groſſer Danck- barkeit folgen/ und die Religion annehmen/ die er ſelbſt bekennt. Darauff ſagte er: Der Herꝛ ſteckt in groſſem Jrꝛ- thum/ aber ich hoffe zu GOtt/ er werde ihn erleuch- ten/ und auß dem Schlamm heiffen; zu welchem End ich ihm dann unſere Confeſſion ins kuͤnfftig der- geſtalt auß H. Schrifft bewaͤhren will/ daß ſie auch wider die Pforten der Hoͤllen beſtehen ſolle; Jch ant- wortet/ deſſen wuͤrde ich mit groſſem Verlangen ge- waͤrtig ſeyn/ gedachte aber bey mir ſelber/ wenn du mir nur nichts mehr von meinen Liebgern vorhaͤltſt/ ſo bin ich mit deinem Glauben wol zu frieden. Hier- bey kan der Leſer abnehmen/ was ich damals vor ein gottloſer boͤſer Bub geweſen/ dann ich machte dem guten Pfarꝛer deßwegen vergebliche Muͤhe/ damit er mich in meinem ruchloſen Leben ungehindert lieſ- ſe/ und gedachte: Biß du mit deinen Beweißthumen fertig biſt/ ſo bin ich vielleicht wo der Pfeffer waͤchſt. Das XXI. Capitel. GEgen meinem Quartier uͤber wohnet ein Refor- mirter Obriſt Leutenant/ der hatte ein uͤberauß ſchoͤne Tochter/ die ſich gantz Adelich trug; ich haͤtte laͤngſt gern Kundſchafft zu ihr gemacht/ unangeſe- hen ſie mir anfaͤnglich nicht beſchaffen zu ſeyn deuch- te/ daß ich ſie allein lieben/ und auff ewig haben moͤch- te/ doch ſchenckte ich ihr manchen Gang/ und noch vielmehr liebreicher Blick/ ſie wurde mir aber ſo fleiſ- ſig verhuͤtet/ daß ich kein einig mal/ als ich mir wuͤn- ſchete/ mit ihr zu reden kommen konte/ ſo dorffte ich auch

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/364>, abgerufen am 28.03.2024.