Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite
Deß Abentheurl. Simplicissimi
Das 24. Capitel.
Jst das allerletzte/ und zeiget an/ warumb
und welcher gestalt
Simplicius die Welt wie-
der verlassen.


Das Erste Capitel.

NAchdem Hertzbruder wieder allerdings er-
starckt/ und an seinen Wunden geheylt war/
vertraute er mir/ daß er in den höchsten Nö-
then eine Wallfahrt nach Emsidlen zu thun gelobt;
Weil er dann jetzt ohne das so nahe am Schweitzer-
land wäre/ so wolte er solche verrichten/ und solte er
auch dahin bettlen! Das war mir sehr angenehm zu
hören/ derhalben botte ich ihm Geld und meine Ge-
fellschafft an/ ja ich wolte gleich zween Klepper kauf-
fen/ auff selbigen die Räis zu verrichten; nicht zwar
der Ursach/ daß mich die Andacht darzu getrieben/
sondern die Aydgnoßschafft/ als das einige Land/
darinn der liebe Fried noch grünete/ zu besehen: So
freute mich auch nit wenig/ daß ich die Gelegenheit
hatte/ Hertzbrudern auff solcher Räis zu dienen/ mas-
sen ich ihn fast höher als mich selbst liebte; Er aber
schlug beydes meine Hülff und meine Gesellschafft
ab/ mit Vorwand/ seine Wallfahrt muste zu Fuß/
und darzu auff Erbsen geschehen; Solte ich nun in
seiner Gesellschafft seyn/ so würde ich ihn nicht allein
an seiner Andacht verhindern/ sondern auch mir selbst
wegen seines langsamen mühseeligen Gangs grosse
Ungelegenheit auffladen. Das redete er aber mich
von ihm zu schieben/ weil er sich ein Gewissen mach-
te/ auff einer so heiligen Räis von dem jenigen Geld

zu
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
Das 24. Capitel.
Jſt das allerletzte/ und zeiget an/ warumb
und welcher geſtalt
Simplicius die Welt wie-
der verlaſſen.


Das Erſte Capitel.

NAchdem Hertzbruder wieder allerdings er-
ſtarckt/ und an ſeinen Wunden geheylt war/
vertraute er mir/ daß er in den hoͤchſten Noͤ-
then eine Wallfahrt nach Emſidlen zu thun gelobt;
Weil er dann jetzt ohne das ſo nahe am Schweitzer-
land waͤre/ ſo wolte er ſolche verꝛichten/ und ſolte er
auch dahin bettlen! Das war mir ſehr angenehm zu
hoͤren/ derhalben botte ich ihm Geld und meine Ge-
fellſchafft an/ ja ich wolte gleich zween Klepper kauf-
fen/ auff ſelbigen die Raͤis zu verꝛichten; nicht zwar
der Urſach/ daß mich die Andacht darzu getrieben/
ſondern die Aydgnoßſchafft/ als das einige Land/
darinn der liebe Fried noch gruͤnete/ zu beſehen: So
freute mich auch nit wenig/ daß ich die Gelegenheit
hatte/ Hertzbrudern auff ſolcher Raͤis zu dienen/ maſ-
ſen ich ihn faſt hoͤher als mich ſelbſt liebte; Er aber
ſchlug beydes meine Huͤlff und meine Geſellſchafft
ab/ mit Vorwand/ ſeine Wallfahrt můſte zu Fuß/
und darzu auff Erbſen geſchehen; Solte ich nun in
ſeiner Geſellſchafft ſeyn/ ſo wuͤrde ich ihn nicht allein
an ſeiner Andacht verhindern/ ſondern auch mir ſelbſt
wegen ſeines langſamen muͤhſeeligen Gangs groſſe
Ungelegenheit auffladen. Das redete er aber mich
von ihm zu ſchieben/ weil er ſich ein Gewiſſen mach-
te/ auff einer ſo heiligen Raͤis von dem jenigen Geld

zu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="contents">
        <pb facs="#f0502" n="496"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Deß Abentheurl. <hi rendition="#aq">Simplici&#x017F;&#x017F;imi</hi></hi> </fw><lb/>
        <list>
          <item> <hi rendition="#c">Das 24. Capitel.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">J&#x017F;t das allerletzte/ und zeiget an/ warumb<lb/>
und welcher ge&#x017F;talt</hi> <hi rendition="#aq">Simplicius</hi> <hi rendition="#fr">die Welt wie-<lb/>
der verla&#x017F;&#x017F;en.</hi> </item>
        </list>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="2">
        <head> <hi rendition="#b">Das Er&#x017F;te Capitel.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">N</hi>Achdem Hertzbruder wieder allerdings er-<lb/>
&#x017F;tarckt/ und an &#x017F;einen Wunden geheylt war/<lb/>
vertraute er mir/ daß er in den ho&#x0364;ch&#x017F;ten No&#x0364;-<lb/>
then eine Wallfahrt nach Em&#x017F;idlen zu thun gelobt;<lb/>
Weil er dann jetzt ohne das &#x017F;o nahe am Schweitzer-<lb/>
land wa&#x0364;re/ &#x017F;o wolte er &#x017F;olche ver&#xA75B;ichten/ und &#x017F;olte er<lb/>
auch dahin bettlen! Das war mir &#x017F;ehr angenehm zu<lb/>
ho&#x0364;ren/ derhalben botte ich ihm Geld und meine Ge-<lb/>
fell&#x017F;chafft an/ ja ich wolte gleich zween Klepper kauf-<lb/>
fen/ auff &#x017F;elbigen die Ra&#x0364;is zu ver&#xA75B;ichten; nicht zwar<lb/>
der Ur&#x017F;ach/ daß mich die Andacht darzu getrieben/<lb/>
&#x017F;ondern die Aydgnoß&#x017F;chafft/ als das einige Land/<lb/>
darinn der liebe Fried noch gru&#x0364;nete/ zu be&#x017F;ehen: So<lb/>
freute mich auch nit wenig/ daß ich die Gelegenheit<lb/>
hatte/ Hertzbrudern auff &#x017F;olcher Ra&#x0364;is zu dienen/ ma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en ich ihn fa&#x017F;t ho&#x0364;her als mich &#x017F;elb&#x017F;t liebte; Er aber<lb/>
&#x017F;chlug beydes meine Hu&#x0364;lff und meine Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft<lb/>
ab/ mit Vorwand/ &#x017F;eine Wallfahrt m&#x016F;&#x017F;te zu Fuß/<lb/>
und darzu auff Erb&#x017F;en ge&#x017F;chehen; Solte ich nun in<lb/>
&#x017F;einer Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft &#x017F;eyn/ &#x017F;o wu&#x0364;rde ich ihn nicht allein<lb/>
an &#x017F;einer Andacht verhindern/ &#x017F;ondern auch mir &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
wegen &#x017F;eines lang&#x017F;amen mu&#x0364;h&#x017F;eeligen Gangs gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Ungelegenheit auffladen. Das redete er aber mich<lb/>
von ihm zu &#x017F;chieben/ weil er &#x017F;ich ein Gewi&#x017F;&#x017F;en mach-<lb/>
te/ auff einer &#x017F;o heiligen Ra&#x0364;is von dem jenigen Geld<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[496/0502] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi Das 24. Capitel. Jſt das allerletzte/ und zeiget an/ warumb und welcher geſtalt Simplicius die Welt wie- der verlaſſen. Das Erſte Capitel. NAchdem Hertzbruder wieder allerdings er- ſtarckt/ und an ſeinen Wunden geheylt war/ vertraute er mir/ daß er in den hoͤchſten Noͤ- then eine Wallfahrt nach Emſidlen zu thun gelobt; Weil er dann jetzt ohne das ſo nahe am Schweitzer- land waͤre/ ſo wolte er ſolche verꝛichten/ und ſolte er auch dahin bettlen! Das war mir ſehr angenehm zu hoͤren/ derhalben botte ich ihm Geld und meine Ge- fellſchafft an/ ja ich wolte gleich zween Klepper kauf- fen/ auff ſelbigen die Raͤis zu verꝛichten; nicht zwar der Urſach/ daß mich die Andacht darzu getrieben/ ſondern die Aydgnoßſchafft/ als das einige Land/ darinn der liebe Fried noch gruͤnete/ zu beſehen: So freute mich auch nit wenig/ daß ich die Gelegenheit hatte/ Hertzbrudern auff ſolcher Raͤis zu dienen/ maſ- ſen ich ihn faſt hoͤher als mich ſelbſt liebte; Er aber ſchlug beydes meine Huͤlff und meine Geſellſchafft ab/ mit Vorwand/ ſeine Wallfahrt můſte zu Fuß/ und darzu auff Erbſen geſchehen; Solte ich nun in ſeiner Geſellſchafft ſeyn/ ſo wuͤrde ich ihn nicht allein an ſeiner Andacht verhindern/ ſondern auch mir ſelbſt wegen ſeines langſamen muͤhſeeligen Gangs groſſe Ungelegenheit auffladen. Das redete er aber mich von ihm zu ſchieben/ weil er ſich ein Gewiſſen mach- te/ auff einer ſo heiligen Raͤis von dem jenigen Geld zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/502
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/502>, abgerufen am 19.04.2024.