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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
wolte/ hörete die Wut eben auff/ ohne daß sie noch
ein buckens und duckens mit den Köpffen/ und ein kra-
tzens und Schuh-schleiffens mit den Füssen auff dem
Boden machten/ daß mich deuchte/ sie wolten die
Fußstapffen wieder außtilgen/ die sie in währender
Raserey getretten; Am Schweiß/ der ihnen über
die Gesichter floß/ und an ihrem Geschnäuff/ konte
ich abnehmen/ daß sie sich starck zerarbeitet hatten;
aber ihre fröliche Angesichter gaben zu versiehen/ daß
sie solche Bemühungen nicht sauer ankommen.

Jch hätte trefflich gern gewust/ wohin doch das
närrisch Wesen gemeynt seyn möchte? fragte dero-
wegen meinen Cameraden/ und vertrauten Hertz-
Bruder/ der mich erst kürtzlich das Wahrsagen ge-
lernet/ was solche Wut bedeute? oder worzu dieses
rasende trippen und trappen angesehen seye? Der be-
richtet mich vor eine grundliche Warheit/ daß sich
die Anwesende vereinbart hätten/ dem Saal den Bo-
den mit Gewalt einzutretten; Warumb vermeynst
du wol/ sagt er/ daß sie sich sonst so dapffer dummlen
solten? hasiu nicht gesehen/ wie sie die Fenster vor
Kurtzweil schon außgeschlagen? eben also wird es
auch diesem Boden gehen: HErr GOtt/ antwortet
ich/ so müssen wir ja mit zu Grund gehen/ und im
hinunder fallen/ sampt ihnen/ Hals und Bein bre-
chen? Ja/ sagt mein Camerad/ darauff ists ange-
sehen/ und da geheyen sie sich den Teuffel darumb/
du wirst sehen/ wann sie sich also in Todts-Gefahr
begeben/ daß jeder ein hübsche Frau oder Jungfer
erwischt/ dann man sagt/ es pflege denen Paaren/
so also zusammen haltend fallen/ nicht bald wehe zu
geschehen. Jn dem ich dieses alles glaubte/ über-

fiele

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
wolte/ hoͤrete die Wut eben auff/ ohne daß ſie noch
ein buckens und duckens mit den Koͤpffen/ und ein kra-
tzens und Schuh-ſchleiffens mit den Fuͤſſen auff dem
Boden machten/ daß mich deuchte/ ſie wolten die
Fußſtapffen wieder außtilgen/ die ſie in waͤhrender
Raſerey getretten; Am Schweiß/ der ihnen uͤber
die Geſichter floß/ und an ihrem Geſchnaͤuff/ konte
ich abnehmen/ daß ſie ſich ſtarck zerarbeitet hatten;
aber ihre froͤliche Angeſichter gaben zu verſiehen/ daß
ſie ſolche Bemuͤhungen nicht ſauer ankommen.

Jch haͤtte trefflich gern gewuſt/ wohin doch das
naͤrꝛiſch Weſen gemeynt ſeyn moͤchte? fragte dero-
wegen meinen Cameraden/ und vertrauten Hertz-
Bruder/ der mich erſt kuͤrtzlich das Wahrſagen ge-
lernet/ was ſolche Wut bedeute? oder worzu dieſes
raſende trippen und trappen angeſehen ſeye? Der be-
richtet mich vor eine grundliche Warheit/ daß ſich
die Anweſende vereinbart haͤtten/ dem Saal den Bo-
den mit Gewalt einzutretten; Warumb vermeynſt
du wol/ ſagt er/ daß ſie ſich ſonſt ſo dapffer dummlen
ſolten? haſiu nicht geſehen/ wie ſie die Fenſter vor
Kurtzweil ſchon außgeſchlagen? eben alſo wird es
auch dieſem Boden gehen: HErꝛ GOtt/ antwortet
ich/ ſo muͤſſen wir ja mit zu Grund gehen/ und im
hinunder fallen/ ſampt ihnen/ Hals und Bein bre-
chen? Ja/ ſagt mein Camerad/ darauff iſts ange-
ſehen/ und da geheyen ſie ſich den Teuffel darumb/
du wirſt ſehen/ wann ſie ſich alſo in Todts-Gefahr
begeben/ daß jeder ein huͤbſche Frau oder Jungfer
erwiſcht/ dann man ſagt/ es pflege denen Paaren/
ſo alſo zuſammen haltend fallen/ nicht bald wehe zu
geſchehen. Jn dem ich dieſes alles glaubte/ uͤber-

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[116/0122] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi wolte/ hoͤrete die Wut eben auff/ ohne daß ſie noch ein buckens und duckens mit den Koͤpffen/ und ein kra- tzens und Schuh-ſchleiffens mit den Fuͤſſen auff dem Boden machten/ daß mich deuchte/ ſie wolten die Fußſtapffen wieder außtilgen/ die ſie in waͤhrender Raſerey getretten; Am Schweiß/ der ihnen uͤber die Geſichter floß/ und an ihrem Geſchnaͤuff/ konte ich abnehmen/ daß ſie ſich ſtarck zerarbeitet hatten; aber ihre froͤliche Angeſichter gaben zu verſiehen/ daß ſie ſolche Bemuͤhungen nicht ſauer ankommen. Jch haͤtte trefflich gern gewuſt/ wohin doch das naͤrꝛiſch Weſen gemeynt ſeyn moͤchte? fragte dero- wegen meinen Cameraden/ und vertrauten Hertz- Bruder/ der mich erſt kuͤrtzlich das Wahrſagen ge- lernet/ was ſolche Wut bedeute? oder worzu dieſes raſende trippen und trappen angeſehen ſeye? Der be- richtet mich vor eine grundliche Warheit/ daß ſich die Anweſende vereinbart haͤtten/ dem Saal den Bo- den mit Gewalt einzutretten; Warumb vermeynſt du wol/ ſagt er/ daß ſie ſich ſonſt ſo dapffer dummlen ſolten? haſiu nicht geſehen/ wie ſie die Fenſter vor Kurtzweil ſchon außgeſchlagen? eben alſo wird es auch dieſem Boden gehen: HErꝛ GOtt/ antwortet ich/ ſo muͤſſen wir ja mit zu Grund gehen/ und im hinunder fallen/ ſampt ihnen/ Hals und Bein bre- chen? Ja/ ſagt mein Camerad/ darauff iſts ange- ſehen/ und da geheyen ſie ſich den Teuffel darumb/ du wirſt ſehen/ wann ſie ſich alſo in Todts-Gefahr begeben/ daß jeder ein huͤbſche Frau oder Jungfer erwiſcht/ dann man ſagt/ es pflege denen Paaren/ ſo alſo zuſammen haltend fallen/ nicht bald wehe zu geſchehen. Jn dem ich dieſes alles glaubte/ uͤber- fiele

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/122>, abgerufen am 25.04.2024.