Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweytes Buch.
Gouverneur, einen Commissarium an/ der vor dem
Thor seye/ welcher von der Kron Schweden Kriegs-
Räthen abgeordnet war/ die Guarmson zu mustern/
und die Vestung zu visitiren. Solches versaltzte allen
Spaß/ und alles Freuden-Gelach verlummerte wie
ein Sackpfeiffen-Zipffel/ dem der Plast entgangen:
Die Musicanten und die Gäst zerstoben wie Toback-
Rauch verschwindet/ der nur den Geruch hinder sich
läst; mein Herr trollte selbst mit dem Adjutanten/ der
die Schlüssel trug/ sampt einem Außschuß von der
Hauptwacht und vielen Windliechtern/ dem Thor
zu/ den Plackschmeisser/ wie er ihn nennete/ selbst ein-
zulassen: Er wünschte/ daß ihm der Teuffel den Hals
in tausend Stück brechen/ ehe er in die Vestung kä-
me! So bald er ihn aber eingelassen/ und auff der
innern Fallbrücken bewillkommte/ fehlte wenig oder
gar nichts/ daß er ihm nicht selbst an Stegräiff griff/
seine Devotion gegen ihm zu bezeugen/ ja die Ehr-
erbietung wurde augenblicklich zwischen beyden so
groß/ daß der Commissarius abstieg/ und zu Fuß mit
meinem Herrn gegen seinem Losament fort wander-
te/ da wolte jeder die lincke Hand haben/ etc. Ach! ge-
dachte ich/ was vor ein Wunder-falscher Geist re-
giert doch die Menschen/ in dem er je den einen durch
den andern zum Narren macht. Wir näherten also
der Haupt-Wacht/ und die Schildwacht ruffte ihr
Wer da? wiewol sie sahe/ daß es mein Herr war;
Dieser wolte nicht antworten/ sondern jenem die Ehr
lassen/ daher stellte sich die Schildwacht mit Wider-
holung ihres Geschreys desto hefftiger: Endlich ant-
wortet er auff das letztere Wer da? Der Mann
ders Geld gibt
! Wie wir nun bey der Schild-

wacht

Zweytes Buch.
Gouverneur, einen Commiſſarium an/ der vor dem
Thor ſeye/ welcher von der Kron Schweden Kriegs-
Raͤthen abgeordnet war/ die Guarmſon zu muſtern/
und die Veſtung zu viſitiren. Solches verſaltzte allen
Spaß/ und alles Freuden-Gelach verlummerte wie
ein Sackpfeiffen-Zipffel/ dem der Plaſt entgangen:
Die Muſicanten und die Gaͤſt zerſtoben wie Toback-
Rauch verſchwindet/ der nur den Geruch hinder ſich
laͤſt; mein Herꝛ trollte ſelbſt mit dem Adjutanten/ der
die Schluͤſſel trug/ ſampt einem Außſchuß von der
Hauptwacht und vielen Windliechtern/ dem Thor
zu/ den Plackſchmeiſſer/ wie er ihn nennete/ ſelbſt ein-
zulaſſen: Er wuͤnſchte/ daß ihm der Teuffel den Hals
in tauſend Stuͤck brechen/ ehe er in die Veſtung kaͤ-
me! So bald er ihn aber eingelaſſen/ und auff der
innern Fallbruͤcken bewillkommte/ fehlte wenig oder
gar nichts/ daß er ihm nicht ſelbſt an Stegraͤiff griff/
ſeine Devotion gegen ihm zu bezeugen/ ja die Ehr-
erbietung wurde augenblicklich zwiſchen beyden ſo
groß/ daß der Commiſſarius abſtieg/ und zu Fuß mit
meinem Herꝛn gegen ſeinem Loſament fort wander-
te/ da wolte jeder die lincke Hand haben/ ꝛc. Ach! ge-
dachte ich/ was vor ein Wunder-falſcher Geiſt re-
giert doch die Menſchen/ in dem er je den einen durch
den andern zum Narꝛen macht. Wir naͤherten alſo
der Haupt-Wacht/ und die Schildwacht ruffte ihr
Wer da? wiewol ſie ſahe/ daß es mein Herꝛ war;
Dieſer wolte nicht antworten/ ſondern jenem die Ehr
laſſen/ daher ſtellte ſich die Schildwacht mit Wider-
holung ihres Geſchreys deſto hefftiger: Endlich ant-
wortet er auff das letztere Wer da? Der Mann
ders Geld gibt
! Wie wir nun bey der Schild-

wacht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0139" n="133"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">Gouverneur,</hi> einen <hi rendition="#aq">Commi&#x017F;&#x017F;arium</hi> an/ der vor dem<lb/>
Thor &#x017F;eye/ welcher von der Kron Schweden Kriegs-<lb/>
Ra&#x0364;then abgeordnet war/ die <hi rendition="#aq">Guarm&#x017F;on</hi> zu mu&#x017F;tern/<lb/>
und die Ve&#x017F;tung zu <hi rendition="#aq">vi&#x017F;iti</hi>ren. Solches ver&#x017F;altzte allen<lb/>
Spaß/ und alles Freuden-Gelach verlummerte wie<lb/>
ein Sackpfeiffen-Zipffel/ dem der Pla&#x017F;t entgangen:<lb/>
Die <hi rendition="#aq">Mu&#x017F;icant</hi>en und die Ga&#x0364;&#x017F;t zer&#x017F;toben wie Toback-<lb/>
Rauch ver&#x017F;chwindet/ der nur den Geruch hinder &#x017F;ich<lb/>
la&#x0364;&#x017F;t; mein Her&#xA75B; trollte &#x017F;elb&#x017F;t mit dem <hi rendition="#aq">Adjutant</hi>en/ der<lb/>
die Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el trug/ &#x017F;ampt einem Auß&#x017F;chuß von der<lb/>
Hauptwacht und vielen Windliechtern/ dem Thor<lb/>
zu/ den Plack&#x017F;chmei&#x017F;&#x017F;er/ wie er ihn nennete/ &#x017F;elb&#x017F;t ein-<lb/>
zula&#x017F;&#x017F;en: Er wu&#x0364;n&#x017F;chte/ daß ihm der Teuffel den Hals<lb/>
in tau&#x017F;end Stu&#x0364;ck brechen/ ehe er in die Ve&#x017F;tung ka&#x0364;-<lb/>
me! So bald er ihn aber eingela&#x017F;&#x017F;en/ und auff der<lb/>
innern Fallbru&#x0364;cken bewillkommte/ fehlte wenig oder<lb/>
gar nichts/ daß er ihm nicht &#x017F;elb&#x017F;t an Stegra&#x0364;iff griff/<lb/>
&#x017F;eine <hi rendition="#aq">Devotion</hi> gegen ihm zu bezeugen/ ja die Ehr-<lb/>
erbietung wurde augenblicklich zwi&#x017F;chen beyden &#x017F;o<lb/>
groß/ daß der <hi rendition="#aq">Commi&#x017F;&#x017F;arius</hi> ab&#x017F;tieg/ und zu Fuß mit<lb/>
meinem Her&#xA75B;n gegen &#x017F;einem Lo&#x017F;ament fort wander-<lb/>
te/ da wolte jeder die lincke Hand haben/ &#xA75B;c. Ach! ge-<lb/>
dachte ich/ was vor ein Wunder-fal&#x017F;cher Gei&#x017F;t re-<lb/>
giert doch die Men&#x017F;chen/ in dem er je den einen durch<lb/>
den andern zum Nar&#xA75B;en macht. Wir na&#x0364;herten al&#x017F;o<lb/>
der Haupt-Wacht/ und die Schildwacht ruffte ihr<lb/>
Wer da? wiewol &#x017F;ie &#x017F;ahe/ daß es mein Her&#xA75B; war;<lb/>
Die&#x017F;er wolte nicht antworten/ &#x017F;ondern jenem die Ehr<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ daher &#x017F;tellte &#x017F;ich die Schildwacht mit Wider-<lb/>
holung ihres Ge&#x017F;chreys de&#x017F;to hefftiger: Endlich ant-<lb/>
wortet er auff das letztere Wer da? <hi rendition="#fr">Der Mann<lb/>
ders Geld gibt</hi>! Wie wir nun bey der Schild-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wacht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0139] Zweytes Buch. Gouverneur, einen Commiſſarium an/ der vor dem Thor ſeye/ welcher von der Kron Schweden Kriegs- Raͤthen abgeordnet war/ die Guarmſon zu muſtern/ und die Veſtung zu viſitiren. Solches verſaltzte allen Spaß/ und alles Freuden-Gelach verlummerte wie ein Sackpfeiffen-Zipffel/ dem der Plaſt entgangen: Die Muſicanten und die Gaͤſt zerſtoben wie Toback- Rauch verſchwindet/ der nur den Geruch hinder ſich laͤſt; mein Herꝛ trollte ſelbſt mit dem Adjutanten/ der die Schluͤſſel trug/ ſampt einem Außſchuß von der Hauptwacht und vielen Windliechtern/ dem Thor zu/ den Plackſchmeiſſer/ wie er ihn nennete/ ſelbſt ein- zulaſſen: Er wuͤnſchte/ daß ihm der Teuffel den Hals in tauſend Stuͤck brechen/ ehe er in die Veſtung kaͤ- me! So bald er ihn aber eingelaſſen/ und auff der innern Fallbruͤcken bewillkommte/ fehlte wenig oder gar nichts/ daß er ihm nicht ſelbſt an Stegraͤiff griff/ ſeine Devotion gegen ihm zu bezeugen/ ja die Ehr- erbietung wurde augenblicklich zwiſchen beyden ſo groß/ daß der Commiſſarius abſtieg/ und zu Fuß mit meinem Herꝛn gegen ſeinem Loſament fort wander- te/ da wolte jeder die lincke Hand haben/ ꝛc. Ach! ge- dachte ich/ was vor ein Wunder-falſcher Geiſt re- giert doch die Menſchen/ in dem er je den einen durch den andern zum Narꝛen macht. Wir naͤherten alſo der Haupt-Wacht/ und die Schildwacht ruffte ihr Wer da? wiewol ſie ſahe/ daß es mein Herꝛ war; Dieſer wolte nicht antworten/ ſondern jenem die Ehr laſſen/ daher ſtellte ſich die Schildwacht mit Wider- holung ihres Geſchreys deſto hefftiger: Endlich ant- wortet er auff das letztere Wer da? Der Mann ders Geld gibt! Wie wir nun bey der Schild- wacht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/139
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/139>, abgerufen am 25.04.2024.