Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweytes Buch.
wurde alles partirt/ ich aber wurde dem Obrist Cor-
pes zu theil.

Bey diesem Herrn kam mir alles widerwertig
und fast Spanisch vor/ die Hanauische Schlecker-
Bißlein hatten sich in schwartzes grobes Brod/ und
mager Rindfleisch/ oder wanns wol abgieng/ in ein
Stück gestolnen Speck verändert; Wein und Bier
war mir zu Wasser worden/ und ich muste an statt
deß Betts/ bey den Pferden in der Streu vor lieb
nemmen; vor das Lauten schlagen/ das sonst jeder-
man belustiget/ muste ich zu Zeiten/ gleich andern
Jungen/ untern Tisch kriechen/ wie ein Hund heu-
len/ und mich mit Sporen stechen lassen/ welches
mir ein schlechter Spaß war; vor das Hanauische
spatzieren gehen/ dorffte ich nicht auff Fourage reu-
ten/ Pferd strigeln/ und denselben außmisten; das
fouragirn aber ist nichts anders/ als daß man mit
grosser Mühe und Arbeit/ auch offt nicht ohne Leib-
und Lebens-Gefahr hinauß auff die Dörffer schwaif-
fet/ drischt/ mahlt/ backt/ stilt und nimmt was man
findt/ trillt und verderbt die Bauren/ ja schändet wol
gar ihre Mägd/ Weiber und Töchter! Und wann
den armen Baurn das Ding nicht gefallen will/ oder
sie sich etwan erkühnen dörffen/ einen oder den andern
Fouragierer unber solcher Arbeit auff die Finger zu
klopffen/ wie es denn damals dergleichen Gäst in
Hessen viel gabe/ so hauet man sie nider/ wenn man
sie hat/ oder schicket auffs wenigste ihre Häuser im
Rauch gen Himmel Mein Herr hatte kein Weib
(wie dann diese Art Krieger keine Weiber mit zu füh-
ren pflegen) keinen Page/ keinen Kammerdiener/
keinen Koch/ hingegen aber einen Hauffen Reutknecht

und
H vij

Zweytes Buch.
wurde alles partirt/ ich aber wurde dem Obriſt Cor-
pes zu theil.

Bey dieſem Herꝛn kam mir alles widerwertig
und faſt Spaniſch vor/ die Hanauiſche Schlecker-
Bißlein hatten ſich in ſchwartzes grobes Brod/ und
mager Rindfleiſch/ oder wanns wol abgieng/ in ein
Stuͤck geſtolnen Speck veraͤndert; Wein und Bier
war mir zu Waſſer worden/ und ich muſte an ſtatt
deß Betts/ bey den Pferden in der Streu vor lieb
nemmen; vor das Lauten ſchlagen/ das ſonſt jeder-
man beluſtiget/ muſte ich zu Zeiten/ gleich andern
Jungen/ untern Tiſch kriechen/ wie ein Hund heu-
len/ und mich mit Sporen ſtechen laſſen/ welches
mir ein ſchlechter Spaß war; vor das Hanauiſche
ſpatzieren gehen/ dorffte ich nicht auff Fourage reu-
ten/ Pferd ſtrigeln/ und denſelben außmiſten; das
fouragirn aber iſt nichts anders/ als daß man mit
groſſer Muͤhe und Arbeit/ auch offt nicht ohne Leib-
und Lebens-Gefahr hinauß auff die Doͤrffer ſchwaif-
fet/ driſcht/ mahlt/ backt/ ſtilt und nimmt was man
findt/ trillt und verderbt die Bauren/ ja ſchaͤndet wol
gar ihre Maͤgd/ Weiber und Toͤchter! Und wann
den armen Baurn das Ding nicht gefallen will/ oder
ſie ſich etwan erkuͤhnen doͤrffen/ einen oder den andern
Fouragierer ũber ſolcher Arbeit auff die Finger zu
klopffen/ wie es denn damals dergleichen Gaͤſt in
Heſſen viel gabe/ ſo hauet man ſie nider/ wenn man
ſie hat/ oder ſchicket auffs wenigſte ihre Haͤuſer im
Rauch gen Himmel Mein Herꝛ hatte kein Weib
(wie dann dieſe Art Krieger keine Weiber mit zu fuͤh-
ren pflegen) keinen Page/ keinen Kammerdiener/
keinen Koch/ hingegen aber einen Hauffen Reutknecht

und
H vij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0185" n="179"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi></fw><lb/>
wurde alles partirt/ ich aber wurde dem Obri&#x017F;t Cor-<lb/>
pes zu theil.</p><lb/>
        <p>Bey die&#x017F;em Her&#xA75B;n kam mir alles widerwertig<lb/>
und fa&#x017F;t Spani&#x017F;ch vor/ die Hanaui&#x017F;che Schlecker-<lb/>
Bißlein hatten &#x017F;ich in &#x017F;chwartzes grobes Brod/ und<lb/>
mager Rindflei&#x017F;ch/ oder wanns wol abgieng/ in ein<lb/>
Stu&#x0364;ck ge&#x017F;tolnen Speck vera&#x0364;ndert; Wein und Bier<lb/>
war mir zu Wa&#x017F;&#x017F;er worden/ und ich mu&#x017F;te an &#x017F;tatt<lb/>
deß Betts/ bey den Pferden in der Streu vor lieb<lb/>
nemmen; vor das Lauten &#x017F;chlagen/ das &#x017F;on&#x017F;t jeder-<lb/>
man belu&#x017F;tiget/ mu&#x017F;te ich zu Zeiten/ gleich andern<lb/>
Jungen/ untern Ti&#x017F;ch kriechen/ wie ein Hund heu-<lb/>
len/ und mich mit Sporen &#x017F;techen la&#x017F;&#x017F;en/ welches<lb/>
mir ein &#x017F;chlechter Spaß war; vor das Hanaui&#x017F;che<lb/>
&#x017F;patzieren gehen/ dorffte ich nicht auff <hi rendition="#aq">Fourage</hi> reu-<lb/>
ten/ Pferd &#x017F;trigeln/ und den&#x017F;elben außmi&#x017F;ten; das<lb/><hi rendition="#aq">fouragirn</hi> aber i&#x017F;t nichts anders/ als daß man mit<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Mu&#x0364;he und Arbeit/ auch offt nicht ohne Leib-<lb/>
und Lebens-Gefahr hinauß auff die Do&#x0364;rffer &#x017F;chwaif-<lb/>
fet/ dri&#x017F;cht/ mahlt/ backt/ &#x017F;tilt und nimmt was man<lb/>
findt/ trillt und verderbt die Bauren/ ja &#x017F;cha&#x0364;ndet wol<lb/>
gar ihre Ma&#x0364;gd/ Weiber und To&#x0364;chter! Und wann<lb/>
den armen Baurn das Ding nicht gefallen will/ oder<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich etwan erku&#x0364;hnen do&#x0364;rffen/ einen oder den andern<lb/>
Fouragierer u&#x0303;ber &#x017F;olcher Arbeit auff die Finger zu<lb/>
klopffen/ wie es denn damals dergleichen Ga&#x0364;&#x017F;t in<lb/>
He&#x017F;&#x017F;en viel gabe/ &#x017F;o hauet man &#x017F;ie nider/ wenn man<lb/>
&#x017F;ie hat/ oder &#x017F;chicket auffs wenig&#x017F;te ihre Ha&#x0364;u&#x017F;er im<lb/>
Rauch gen Himmel Mein Her&#xA75B; hatte kein Weib<lb/>
(wie dann die&#x017F;e Art Krieger keine Weiber mit zu fu&#x0364;h-<lb/>
ren pflegen) keinen Page/ keinen Kammerdiener/<lb/>
keinen Koch/ hingegen aber einen Hauffen Reutknecht<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H vij</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0185] Zweytes Buch. wurde alles partirt/ ich aber wurde dem Obriſt Cor- pes zu theil. Bey dieſem Herꝛn kam mir alles widerwertig und faſt Spaniſch vor/ die Hanauiſche Schlecker- Bißlein hatten ſich in ſchwartzes grobes Brod/ und mager Rindfleiſch/ oder wanns wol abgieng/ in ein Stuͤck geſtolnen Speck veraͤndert; Wein und Bier war mir zu Waſſer worden/ und ich muſte an ſtatt deß Betts/ bey den Pferden in der Streu vor lieb nemmen; vor das Lauten ſchlagen/ das ſonſt jeder- man beluſtiget/ muſte ich zu Zeiten/ gleich andern Jungen/ untern Tiſch kriechen/ wie ein Hund heu- len/ und mich mit Sporen ſtechen laſſen/ welches mir ein ſchlechter Spaß war; vor das Hanauiſche ſpatzieren gehen/ dorffte ich nicht auff Fourage reu- ten/ Pferd ſtrigeln/ und denſelben außmiſten; das fouragirn aber iſt nichts anders/ als daß man mit groſſer Muͤhe und Arbeit/ auch offt nicht ohne Leib- und Lebens-Gefahr hinauß auff die Doͤrffer ſchwaif- fet/ driſcht/ mahlt/ backt/ ſtilt und nimmt was man findt/ trillt und verderbt die Bauren/ ja ſchaͤndet wol gar ihre Maͤgd/ Weiber und Toͤchter! Und wann den armen Baurn das Ding nicht gefallen will/ oder ſie ſich etwan erkuͤhnen doͤrffen/ einen oder den andern Fouragierer ũber ſolcher Arbeit auff die Finger zu klopffen/ wie es denn damals dergleichen Gaͤſt in Heſſen viel gabe/ ſo hauet man ſie nider/ wenn man ſie hat/ oder ſchicket auffs wenigſte ihre Haͤuſer im Rauch gen Himmel Mein Herꝛ hatte kein Weib (wie dann dieſe Art Krieger keine Weiber mit zu fuͤh- ren pflegen) keinen Page/ keinen Kammerdiener/ keinen Koch/ hingegen aber einen Hauffen Reutknecht und H vij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/185
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/185>, abgerufen am 25.04.2024.