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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Drittes Buch.
und wieder in der Soestischen Böerde auff dem Land
in hole Bäum verbarg/ weil mir solches die bekante
Wahrsagerin zu Soest riethe/ und mich versicherte/
daß ich mehr Feind in der selben Statt und unter mei-
nem Regiment/ als ausser halb und in den feindlichen
Guarnisonen hätte/ die mir und meinem Geld nach-
stellten. Und in dem man hin und her Zeitung hatte/
daß der Jäger außgerissen wäre/ sasse ich denen/ die
sich damit kützelten/ wieder ohnversehens auff der
Hauben/ und ehe ein Ort recht erführ/ daß ich an ei-
nem andern Schaden gethan/ empfande dasselbige
schon/ daß ich noch vorhanden war; denn ich fuhre
herumb wie ein Windsbraut/ war bald hie bald dort/
also daß man mehr von mir zu sagen wuste als zuvor/
da sich noch einer vor mich außgab.

Jch sasse einsmals mit 25. Feur-Röhren nicht
weit von Dorsten/ und paßte einer Convoy mit etli-
chen Fuhrleuten auff/ die nach Dorsten kommen solte;
Jch hielte meiner Gewonheit nach selbst Schild-
wacht/ weil wir dem Feind nahe waren; da kam ein
einziger Mann daher/ fein ehrbar gekleidet/ der redte
mit ihm selbst/ und hatte mit seinem Meer-robr/ das
er in Händen trug/ ein seltzam Gefecht; Jch konte
nichts anders verstehen/ als daß er sagte: Jch will
einmal die Welt straffen/ es wolle mirs dann
das grosse
Numen nicht zugeben! Worauß ich
muthmassete/ es möchte etwan ein mächtiger Fürst
seyn/ der so verkleidter Weis herumb gienge/ seiner
Underthanen Leben und Sitten zu erkundigen/ und
sich nun vorgenommen hätte/ solche (weil er sie viel-
leicht nicht nach seinem Willen gefunden) gehüh-
rend zu strassen: Jch gedachte/ ist dieser Mann vom

Feind
M vij

Drittes Buch.
und wieder in der Soeſtiſchen Boͤerde auff dem Land
in hole Baͤum verbarg/ weil mir ſolches die bekante
Wahrſagerin zu Soeſt riethe/ und mich verſicherte/
daß ich mehr Feind in der ſelben Statt und unter mei-
nem Regiment/ als auſſer halb und in den feindlichen
Guarniſonen haͤtte/ die mir und meinem Geld nach-
ſtellten. Und in dem man hin und her Zeitung hatte/
daß der Jaͤger außgeriſſen waͤre/ ſaſſe ich denen/ die
ſich damit kuͤtzelten/ wieder ohnverſehens auff der
Hauben/ und ehe ein Ort recht erfuͤhr/ daß ich an ei-
nem andern Schaden gethan/ empfande daſſelbige
ſchon/ daß ich noch vorhanden war; denn ich fuhre
herumb wie ein Windsbraut/ war bald hie bald dort/
alſo daß man mehr von mir zu ſagen wuſte als zuvor/
da ſich noch einer vor mich außgab.

Jch ſaſſe einsmals mit 25. Feur-Roͤhren nicht
weit von Dorſten/ und paßte einer Convoy mit etli-
chen Fuhrleuten auff/ die nach Dorſten kom̃en ſolte;
Jch hielte meiner Gewonheit nach ſelbſt Schild-
wacht/ weil wir dem Feind nahe waren; da kam ein
einziger Mann daher/ fein ehrbar gekleidet/ der redte
mit ihm ſelbſt/ und hatte mit ſeinem Meer-robr/ das
er in Haͤnden trug/ ein ſeltzam Gefecht; Jch konte
nichts anders verſtehen/ als daß er ſagte: Jch will
einmal die Welt ſtraffen/ es wolle mirs dann
das groſſe
Numen nicht zugeben! Worauß ich
muthmaſſete/ es moͤchte etwan ein maͤchtiger Fuͤrſt
ſeyn/ der ſo verkleidter Weis herumb gienge/ ſeiner
Underthanen Leben und Sitten zu erkundigen/ und
ſich nun vorgenommen haͤtte/ ſolche (weil er ſie viel-
leicht nicht nach ſeinem Willen gefunden) gehuͤh-
rend zu ſtraſſen: Jch gedachte/ iſt dieſer Mann vom

Feind
M vij
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[275/0281] Drittes Buch. und wieder in der Soeſtiſchen Boͤerde auff dem Land in hole Baͤum verbarg/ weil mir ſolches die bekante Wahrſagerin zu Soeſt riethe/ und mich verſicherte/ daß ich mehr Feind in der ſelben Statt und unter mei- nem Regiment/ als auſſer halb und in den feindlichen Guarniſonen haͤtte/ die mir und meinem Geld nach- ſtellten. Und in dem man hin und her Zeitung hatte/ daß der Jaͤger außgeriſſen waͤre/ ſaſſe ich denen/ die ſich damit kuͤtzelten/ wieder ohnverſehens auff der Hauben/ und ehe ein Ort recht erfuͤhr/ daß ich an ei- nem andern Schaden gethan/ empfande daſſelbige ſchon/ daß ich noch vorhanden war; denn ich fuhre herumb wie ein Windsbraut/ war bald hie bald dort/ alſo daß man mehr von mir zu ſagen wuſte als zuvor/ da ſich noch einer vor mich außgab. Jch ſaſſe einsmals mit 25. Feur-Roͤhren nicht weit von Dorſten/ und paßte einer Convoy mit etli- chen Fuhrleuten auff/ die nach Dorſten kom̃en ſolte; Jch hielte meiner Gewonheit nach ſelbſt Schild- wacht/ weil wir dem Feind nahe waren; da kam ein einziger Mann daher/ fein ehrbar gekleidet/ der redte mit ihm ſelbſt/ und hatte mit ſeinem Meer-robr/ das er in Haͤnden trug/ ein ſeltzam Gefecht; Jch konte nichts anders verſtehen/ als daß er ſagte: Jch will einmal die Welt ſtraffen/ es wolle mirs dann das groſſe Numen nicht zugeben! Worauß ich muthmaſſete/ es moͤchte etwan ein maͤchtiger Fuͤrſt ſeyn/ der ſo verkleidter Weis herumb gienge/ ſeiner Underthanen Leben und Sitten zu erkundigen/ und ſich nun vorgenommen haͤtte/ ſolche (weil er ſie viel- leicht nicht nach ſeinem Willen gefunden) gehuͤh- rend zu ſtraſſen: Jch gedachte/ iſt dieſer Mann vom Feind M vij

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/281>, abgerufen am 25.04.2024.