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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Drittes Buch.
jetzt bist/ nicht geneigtere Leut als in Soest? Jch
schwöre dir/ daß sie dich nur gar zu lieb haben/ und
daß dir solche übermachte Lieb zum Schaden gerei-
chen wird/ wann du dich nicht nach derselbigen ac-
commodi
rest. Jch antwortet ihr/ wenn sie ja so viel
wüste/ als sie sich darvor außgebe/ so solte sie mir dar-
vor sagen/ wie es mit meinen Eltern stünde/ und ob
ich mein Lebtag wieder zu denselben kommen würde?
sie solte aber nicht so dunckel/ sondern fein Teutsch mit
der Sprach herauß: Darauff sagte sie/ ich solte als-
dann nach meinen Eltern fragen/ wann mir mein
Pflegvatter unversehens begegne/ und führe meiner
Säug-Ammen Tochter am Strick daher; Lachte
darauff überlaut/ und henckte dran/ daß sie mir von
sich selbst mehr gesagt/ als andern die sie drumb ge-
betten hätten: Hernach machte sie sich/ weil ich sie
nur anfieng zu foppen/ geschwind von mir/ als ich ihr
zuvor etliche Thaler verehrt/ weil ich doch schwer
am Silbergeld zu tragen hatte. Jch hatte damals
ein schön stück Geld/ und viel köstliche Ring und Clei-
nodien beyeinander/ dann wo ich hiebevor unter den
Soldaten etwas von Edelgesteinen wuste/ oder auff
Parthey und sonst autraff/ brachte ichs an mich/
und darzu nicht einmal umbs halbe Geld/ was es
gültig war. Solches schrye mich immerzu an/ es
wolte gern wieder unter die Leut; ich folgte auch gar
gerue/ dann weil ich zimlich hoffärtig war/ prangte
ich mit meinem Gut/ und ließ solches meinen Wirth
ohne Scheu sehen/ der bey den Leuten mehr darauß
machte/ als es war: Dieselbige aber verwunderten
sich/ wo ich doch alles hergebracht haben müste/ denn
es war genugsam erschollen/ daß ich meinen gefun-

denen
P vij

Drittes Buch.
jetzt biſt/ nicht geneigtere Leut als in Soeſt? Jch
ſchwoͤre dir/ daß ſie dich nur gar zu lieb haben/ und
daß dir ſolche uͤbermachte Lieb zum Schaden gerei-
chen wird/ wann du dich nicht nach derſelbigen ac-
commodi
reſt. Jch antwortet ihr/ wenn ſie ja ſo viel
wuͤſte/ als ſie ſich darvor außgebe/ ſo ſolte ſie mir dar-
vor ſagen/ wie es mit meinen Eltern ſtuͤnde/ und ob
ich mein Lebtag wieder zu denſelben kommen wuͤrde?
ſie ſolte aber nicht ſo dunckel/ ſondern fein Teutſch mit
der Sprach herauß: Darauff ſagte ſie/ ich ſolte als-
dann nach meinen Eltern fragen/ wann mir mein
Pflegvatter unverſehens begegne/ und fuͤhre meiner
Saͤug-Ammen Tochter am Strick daher; Lachte
darauff uͤberlaut/ und henckte dran/ daß ſie mir von
ſich ſelbſt mehr geſagt/ als andern die ſie drumb ge-
betten haͤtten: Hernach machte ſie ſich/ weil ich ſie
nur anfieng zu foppen/ geſchwind von mir/ als ich ihr
zuvor etliche Thaler verehrt/ weil ich doch ſchwer
am Silbergeld zu tragen hatte. Jch hatte damals
ein ſchoͤn ſtuͤck Geld/ und viel koͤſtliche Ring und Clei-
nodien beyeinander/ dann wo ich hiebevor unter den
Soldaten etwas von Edelgeſteinen wuſte/ oder auff
Parthey und ſonſt autraff/ brachte ichs an mich/
und darzu nicht einmal umbs halbe Geld/ was es
guͤltig war. Solches ſchrye mich immerzu an/ es
wolte gern wieder unter die Leut; ich folgte auch gar
gerue/ dann weil ich zimlich hoffaͤrtig war/ prangte
ich mit meinem Gut/ und ließ ſolches meinen Wirth
ohne Scheu ſehen/ der bey den Leuten mehr darauß
machte/ als es war: Dieſelbige aber verwunderten
ſich/ wo ich doch alles hergebracht haben muͤſte/ denn
es war genugſam erſchollen/ daß ich meinen gefun-

denen
P vij
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[347/0353] Drittes Buch. jetzt biſt/ nicht geneigtere Leut als in Soeſt? Jch ſchwoͤre dir/ daß ſie dich nur gar zu lieb haben/ und daß dir ſolche uͤbermachte Lieb zum Schaden gerei- chen wird/ wann du dich nicht nach derſelbigen ac- commodireſt. Jch antwortet ihr/ wenn ſie ja ſo viel wuͤſte/ als ſie ſich darvor außgebe/ ſo ſolte ſie mir dar- vor ſagen/ wie es mit meinen Eltern ſtuͤnde/ und ob ich mein Lebtag wieder zu denſelben kommen wuͤrde? ſie ſolte aber nicht ſo dunckel/ ſondern fein Teutſch mit der Sprach herauß: Darauff ſagte ſie/ ich ſolte als- dann nach meinen Eltern fragen/ wann mir mein Pflegvatter unverſehens begegne/ und fuͤhre meiner Saͤug-Ammen Tochter am Strick daher; Lachte darauff uͤberlaut/ und henckte dran/ daß ſie mir von ſich ſelbſt mehr geſagt/ als andern die ſie drumb ge- betten haͤtten: Hernach machte ſie ſich/ weil ich ſie nur anfieng zu foppen/ geſchwind von mir/ als ich ihr zuvor etliche Thaler verehrt/ weil ich doch ſchwer am Silbergeld zu tragen hatte. Jch hatte damals ein ſchoͤn ſtuͤck Geld/ und viel koͤſtliche Ring und Clei- nodien beyeinander/ dann wo ich hiebevor unter den Soldaten etwas von Edelgeſteinen wuſte/ oder auff Parthey und ſonſt autraff/ brachte ichs an mich/ und darzu nicht einmal umbs halbe Geld/ was es guͤltig war. Solches ſchrye mich immerzu an/ es wolte gern wieder unter die Leut; ich folgte auch gar gerue/ dann weil ich zimlich hoffaͤrtig war/ prangte ich mit meinem Gut/ und ließ ſolches meinen Wirth ohne Scheu ſehen/ der bey den Leuten mehr darauß machte/ als es war: Dieſelbige aber verwunderten ſich/ wo ich doch alles hergebracht haben muͤſte/ denn es war genugſam erſchollen/ daß ich meinen gefun- denen P vij

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/353>, abgerufen am 29.03.2024.