Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Abenth. Simplicissimi
Cronen werth war/ den versilberte ich umb zwölffe/
und demnach ich mir leicht einbilden konte/ daß diß
bald auß seyn würde/ da ich nichts darzu gewinnete/
resolvirt ich mich/ ein Artzt zu werden. Jch kauffte
mir die Materialia zu dem Theriaca Diatessaron, und
richtete mir denselben zu/ alsdann machte ich auß
Kräutern/ Wurtzeln/ Butter/ und etlichen Olitäten
eine grüne Salbe zu allerhand Wunden/ damit man
auch wol ein gedruckt Pferd hätte heylen können/ item
auß Galmey/ Kisselsteinen/ Krebsaugen/ Schmir-
gel und Trippel ein Pulver/ weisse Zähn darmit zu
machen; ferner ein blau Wasser auß Lauge/ Kupffer/
Sal armoniacum und Camphor/ vor den Scharbock/
Mundsäule/ Zähn- und Augenwehe/ bekam auch ein
Hauffen plecherne und höltzerne Büchslein/ Papier
und Gläslein/ meine Wahr darein zu schmieren/
und damit es auch ein Ansehen haben möchte/ liesse
ich mir einen Frantzös. Zettel concipiren und drucken/
darinnen man sehen konte/ worzu ein und anders gut
war. Jn dreyen Tagen war ich mit meiner Arbeit
fertig/ und hatte kaum drey Cronen in die Apotheck
und vor Geschirr angewendet/ da ich diß Stättlein
verliesse. Also packte ich auff/ und nam mir vor/ von
einem Dorff zum andern biß in das Elsas hinein zu
wandern/ und meine Wahr unterwegs an Mann zu
bringen/ folgends zu Straßburg/ als in einer neu-
tral
en Statt/ mich mit Gelegenheit auff den Rhein
zu setzen/ mit Kauffleuten wieder nach Cöln zu bege-
ben/ und von dort auß meinen Weg zu meinem Weib
zu nehmen: Das Vorhaben war gut/ aber der An-
schlag fehlte weit!

Da ich das erste mal mit meiner Quacksalberey

vor

Deß Abenth. Simpliciſſimi
Cronen werth war/ den verſilberte ich umb zwoͤlffe/
und demnach ich mir leicht einbilden konte/ daß diß
bald auß ſeyn wuͤrde/ da ich nichts darzu gewinnete/
reſolvirt ich mich/ ein Artzt zu werden. Jch kauffte
mir die Materialia zu dem Theriaca Diateſſaron, und
richtete mir denſelben zu/ alsdann machte ich auß
Kraͤutern/ Wurtzeln/ Butter/ und etlichen Olitaͤten
eine gruͤne Salbe zu allerhand Wunden/ damit man
auch wol ein gedruckt Pferd haͤtte heylen koͤnnen/ item
auß Galmey/ Kiſſelſteinen/ Krebsaugen/ Schmir-
gel und Trippel ein Pulver/ weiſſe Zaͤhn darmit zu
machen; ferner ein blau Waſſer auß Lauge/ Kupffer/
Sal armoniacum und Camphor/ vor den Scharbock/
Mundſaͤule/ Zaͤhn- und Augenwehe/ bekam auch ein
Hauffen plecherne und hoͤltzerne Buͤchslein/ Papier
und Glaͤslein/ meine Wahr darein zu ſchmieren/
und damit es auch ein Anſehen haben moͤchte/ lieſſe
ich mir einen Frantzoͤſ. Zettel concipiren und drucken/
darinnen man ſehen konte/ worzu ein und anders gut
war. Jn dreyen Tagen war ich mit meiner Arbeit
fertig/ und hatte kaum drey Cronen in die Apotheck
und vor Geſchirꝛ angewendet/ da ich diß Staͤttlein
verlieſſe. Alſo packte ich auff/ und nam mir vor/ von
einem Dorff zum andern biß in das Elſas hinein zu
wandern/ und meine Wahr unterwegs an Mann zu
bringen/ folgends zu Straßburg/ als in einer neu-
tral
en Statt/ mich mit Gelegenheit auff den Rhein
zu ſetzen/ mit Kauffleuten wieder nach Coͤln zu bege-
ben/ und von dort auß meinen Weg zu meinem Weib
zu nehmen: Das Vorhaben war gut/ aber der An-
ſchlag fehlte weit!

Da ich das erſte mal mit meiner Quackſalberey

vor
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0422" n="416"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß Abenth. <hi rendition="#aq">Simplici&#x017F;&#x017F;imi</hi></hi></fw><lb/>
Cronen werth war/ den ver&#x017F;ilberte ich umb zwo&#x0364;lffe/<lb/>
und demnach ich mir leicht einbilden konte/ daß diß<lb/>
bald auß &#x017F;eyn wu&#x0364;rde/ da ich nichts darzu gewinnete/<lb/><hi rendition="#aq">re&#x017F;olvi</hi>rt ich mich/ ein Artzt zu werden. Jch kauffte<lb/>
mir die <hi rendition="#aq">Materialia</hi> zu dem <hi rendition="#aq">Theriaca Diate&#x017F;&#x017F;aron,</hi> und<lb/>
richtete mir den&#x017F;elben zu/ alsdann machte ich auß<lb/>
Kra&#x0364;utern/ Wurtzeln/ Butter/ und etlichen <hi rendition="#aq">Olit</hi>a&#x0364;ten<lb/>
eine gru&#x0364;ne Salbe zu allerhand Wunden/ damit man<lb/>
auch wol ein gedruckt Pferd ha&#x0364;tte heylen ko&#x0364;nnen/ item<lb/>
auß Galmey/ Ki&#x017F;&#x017F;el&#x017F;teinen/ Krebsaugen/ Schmir-<lb/>
gel und Trippel ein Pulver/ wei&#x017F;&#x017F;e Za&#x0364;hn darmit zu<lb/>
machen; ferner ein blau Wa&#x017F;&#x017F;er auß Lauge/ Kupffer/<lb/><hi rendition="#aq">Sal armoniacum</hi> und Camphor/ vor den Scharbock/<lb/>
Mund&#x017F;a&#x0364;ule/ Za&#x0364;hn- und Augenwehe/ bekam auch ein<lb/>
Hauffen plecherne und ho&#x0364;ltzerne Bu&#x0364;chslein/ Papier<lb/>
und Gla&#x0364;slein/ meine Wahr darein zu &#x017F;chmieren/<lb/>
und damit es auch ein An&#x017F;ehen haben mo&#x0364;chte/ lie&#x017F;&#x017F;e<lb/>
ich mir einen Frantzo&#x0364;&#x017F;. Zettel <hi rendition="#aq">concipi</hi>ren und drucken/<lb/>
darinnen man &#x017F;ehen konte/ worzu ein und anders gut<lb/>
war. Jn dreyen Tagen war ich mit meiner Arbeit<lb/>
fertig/ und hatte kaum drey Cronen in die Apotheck<lb/>
und vor Ge&#x017F;chir&#xA75B; angewendet/ da ich diß Sta&#x0364;ttlein<lb/>
verlie&#x017F;&#x017F;e. Al&#x017F;o packte ich auff/ und nam mir vor/ von<lb/>
einem Dorff zum andern biß in das El&#x017F;as hinein zu<lb/>
wandern/ und meine Wahr unterwegs an Mann zu<lb/>
bringen/ folgends zu Straßburg/ als in einer <hi rendition="#aq">neu-<lb/>
tral</hi>en Statt/ mich mit Gelegenheit auff den Rhein<lb/>
zu &#x017F;etzen/ mit Kauffleuten wieder nach Co&#x0364;ln zu bege-<lb/>
ben/ und von dort auß meinen Weg zu meinem Weib<lb/>
zu nehmen: Das Vorhaben war gut/ aber der An-<lb/>
&#x017F;chlag fehlte weit!</p><lb/>
        <p>Da ich das er&#x017F;te mal mit meiner Quack&#x017F;alberey<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vor</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[416/0422] Deß Abenth. Simpliciſſimi Cronen werth war/ den verſilberte ich umb zwoͤlffe/ und demnach ich mir leicht einbilden konte/ daß diß bald auß ſeyn wuͤrde/ da ich nichts darzu gewinnete/ reſolvirt ich mich/ ein Artzt zu werden. Jch kauffte mir die Materialia zu dem Theriaca Diateſſaron, und richtete mir denſelben zu/ alsdann machte ich auß Kraͤutern/ Wurtzeln/ Butter/ und etlichen Olitaͤten eine gruͤne Salbe zu allerhand Wunden/ damit man auch wol ein gedruckt Pferd haͤtte heylen koͤnnen/ item auß Galmey/ Kiſſelſteinen/ Krebsaugen/ Schmir- gel und Trippel ein Pulver/ weiſſe Zaͤhn darmit zu machen; ferner ein blau Waſſer auß Lauge/ Kupffer/ Sal armoniacum und Camphor/ vor den Scharbock/ Mundſaͤule/ Zaͤhn- und Augenwehe/ bekam auch ein Hauffen plecherne und hoͤltzerne Buͤchslein/ Papier und Glaͤslein/ meine Wahr darein zu ſchmieren/ und damit es auch ein Anſehen haben moͤchte/ lieſſe ich mir einen Frantzoͤſ. Zettel concipiren und drucken/ darinnen man ſehen konte/ worzu ein und anders gut war. Jn dreyen Tagen war ich mit meiner Arbeit fertig/ und hatte kaum drey Cronen in die Apotheck und vor Geſchirꝛ angewendet/ da ich diß Staͤttlein verlieſſe. Alſo packte ich auff/ und nam mir vor/ von einem Dorff zum andern biß in das Elſas hinein zu wandern/ und meine Wahr unterwegs an Mann zu bringen/ folgends zu Straßburg/ als in einer neu- tralen Statt/ mich mit Gelegenheit auff den Rhein zu ſetzen/ mit Kauffleuten wieder nach Coͤln zu bege- ben/ und von dort auß meinen Weg zu meinem Weib zu nehmen: Das Vorhaben war gut/ aber der An- ſchlag fehlte weit! Da ich das erſte mal mit meiner Quackſalberey vor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/422
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/422>, abgerufen am 25.04.2024.