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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Viertes Buch.
solte das Gewehr ablegen; Jch antwort/ bey Gott
Landsmann dir zu gefallen nicht/ und zog den Hanen
über/ Er aber wischte mit einem Ding von Leder/ das
mehr einem Henckers-Schwerd als Degen gleich
sahe/ und eylete damit auff mich zu: Wie ich nun sei-
nen Erust spürte/ schlug ich an/ und traff ihn derge-
stalt an die Stirn/ daß er herumb durmelte/ und end-
lich zu Boden fiel; dieses mir zu Nutz zu machen/
rang ich ihm geschwind sein Schwerd auß der Faust/
und wolts ihm in Leib stossen; da es aber nicht durch
gehen wolte/ sprang er wieder unversehens auff die
Füß/ erwischte mich beym Haar/ und ich ihn auch/
sein Schwerd aber hatte ich schon weg geworffen/
darauff fiengen wir ein solch ernstlich Spiel mitein-
ander an/ so eines jeden verbitterte Stärck genugsam
zu erkennen gab/ und kont doch keiner deß andern Mei-
ster werden/ bald lag ich/ bald er oben/ und im Huy
kamen wir wieder auff die Füß/ so aber nicht lang
dauerte/ weil je einer deß andern Todt suchte; das
Blut/ so mir bäuffig zu Nas und Mund berauß lieffe/
speyte ich meinem Feind ins Gesicht/ weil ers so hi-
tzig begehrte/ das war mir gut/ denn es binderte ihn
am sehen. Also zogen wir einander bey anderthalbe
Stund im Schnee herumb/ darvon wurden wir so
matt/ daß allem Ansehen nach deß einen Unkräfften
deß andern Müdigkeit/ allein mit den Fäusten nicht
völlig überwinden/ noch einer den andern auß eigenen
Kräfften und ohne Waffen vollends zum Todt hätte
bringen mögen.

Die Ring-Kunst/ darinn ich mich zu L. offt übte/
kam mir damals wol zu statten/ sonst hätte ich ohne
Zweiffel eingebüst/ dann mein Feind war viel stärcker

als

Viertes Buch.
ſolte das Gewehr ablegen; Jch antwort/ bey Gott
Landsmann dir zu gefallen nicht/ und zog den Hanen
uͤber/ Er aber wiſchte mit einem Ding von Leder/ das
mehr einem Henckers-Schwerd als Degen gleich
ſahe/ und eylete damit auff mich zu: Wie ich nun ſei-
nen Eruſt ſpuͤrte/ ſchlug ich an/ und traff ihn derge-
ſtalt an die Stirn/ daß er herumb durmelte/ und end-
lich zu Boden fiel; dieſes mir zu Nutz zu machen/
rang ich ihm geſchwind ſein Schwerd auß der Fauſt/
und wolts ihm in Leib ſtoſſen; da es aber nicht durch
gehen wolte/ ſprang er wieder unverſehens auff die
Fuͤß/ erwiſchte mich beym Haar/ und ich ihn auch/
ſein Schwerd aber hatte ich ſchon weg geworffen/
darauff fiengen wir ein ſolch ernſtlich Spiel mitein-
ander an/ ſo eines jeden verbitterte Staͤrck genugſam
zu erkeñen gab/ und kont doch keiner deß andern Mei-
ſter werden/ bald lag ich/ bald er oben/ und im Huy
kamen wir wieder auff die Füß/ ſo aber nicht lang
dauerte/ weil je einer deß andern Todt ſuchte; das
Blut/ ſo mir baͤuffig zu Nas und Mund berauß lieffe/
ſpeyte ich meinem Feind ins Geſicht/ weil ers ſo hi-
tzig begehrte/ das war mir gut/ denn es binderte ihn
am ſehen. Alſo zogen wir einander bey anderthalbe
Stund im Schnee herumb/ darvon wurden wir ſo
matt/ daß allem Anſehen nach deß einen Unkraͤfften
deß andern Muͤdigkeit/ allein mit den Faͤuſten nicht
voͤllig uͤberwinden/ noch einer den andern auß eigenen
Kraͤfften und ohne Waffen vollends zum Todt haͤtte
bringen moͤgen.

Die Ring-Kunſt/ darinn ich mich zu L. offt uͤbte/
kam mir damals wol zu ſtatten/ ſonſt haͤtte ich ohne
Zweiffel eingebuͤſt/ dann mein Feind war viel ſtaͤrcker

als
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[445/0451] Viertes Buch. ſolte das Gewehr ablegen; Jch antwort/ bey Gott Landsmann dir zu gefallen nicht/ und zog den Hanen uͤber/ Er aber wiſchte mit einem Ding von Leder/ das mehr einem Henckers-Schwerd als Degen gleich ſahe/ und eylete damit auff mich zu: Wie ich nun ſei- nen Eruſt ſpuͤrte/ ſchlug ich an/ und traff ihn derge- ſtalt an die Stirn/ daß er herumb durmelte/ und end- lich zu Boden fiel; dieſes mir zu Nutz zu machen/ rang ich ihm geſchwind ſein Schwerd auß der Fauſt/ und wolts ihm in Leib ſtoſſen; da es aber nicht durch gehen wolte/ ſprang er wieder unverſehens auff die Fuͤß/ erwiſchte mich beym Haar/ und ich ihn auch/ ſein Schwerd aber hatte ich ſchon weg geworffen/ darauff fiengen wir ein ſolch ernſtlich Spiel mitein- ander an/ ſo eines jeden verbitterte Staͤrck genugſam zu erkeñen gab/ und kont doch keiner deß andern Mei- ſter werden/ bald lag ich/ bald er oben/ und im Huy kamen wir wieder auff die Füß/ ſo aber nicht lang dauerte/ weil je einer deß andern Todt ſuchte; das Blut/ ſo mir baͤuffig zu Nas und Mund berauß lieffe/ ſpeyte ich meinem Feind ins Geſicht/ weil ers ſo hi- tzig begehrte/ das war mir gut/ denn es binderte ihn am ſehen. Alſo zogen wir einander bey anderthalbe Stund im Schnee herumb/ darvon wurden wir ſo matt/ daß allem Anſehen nach deß einen Unkraͤfften deß andern Muͤdigkeit/ allein mit den Faͤuſten nicht voͤllig uͤberwinden/ noch einer den andern auß eigenen Kraͤfften und ohne Waffen vollends zum Todt haͤtte bringen moͤgen. Die Ring-Kunſt/ darinn ich mich zu L. offt uͤbte/ kam mir damals wol zu ſtatten/ ſonſt haͤtte ich ohne Zweiffel eingebuͤſt/ dann mein Feind war viel ſtaͤrcker als

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/451>, abgerufen am 25.04.2024.