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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Viertes Buch.
Weissagung halber/ liebster Simplici, bin ich bereit
mit dir das Hertz im Leib zu theilen/ dann gleich wie
schon ein Theil davon erfullt/ in dem ich dir Ursach
geben/ daß du mich als ein dapfferer Soldat vor den
Kopff geschossen/ und mir mein Schwerd genommen/
(das mir freylich noch keiner gethan) mir auch das
Leben gelassen/ da ich unter dir lag/ und gleichsam im
Blut erstickte; Also zweiffle ich nicht/ daß das übri-
ge von meinem Todt auch fehl schlagen werde. Auß
solcher Rach nun/ liebster Bruder/ muß ich schliessen/
daß du mein getreuer Freund seyest/ dann dafern du
es nicht wärest/ so würdestu solche Rach auch nicht
über dich nehmen; da hastu nun die concepta meines
Hertzens/ jetzt sag mir auch/ was du zu thun gesinnet
seyest? Jch gedachte/ trau dir der Teuffel/ ich nicht!
nimm ich Geld von dir auff den Weg/ so möchtestu
mich erst nidermachen/ bleib ich dann bey dir/ so muß
ich sorgen/ ich dörffte mit dir geviertheilt werden;
setzte mir demnach vor/ ich wolt ihm eine Nas drä-
hen/ bey ihm zu bleiben/ biß ich mit Gelegenheit von
ihm kommen könte/ sagte derhalben/ so er mich lei-
den möchte/ wolte ich mich ein Tag oder acht dey
ihm auffhalten/ zu sehen/ ob ich solche Art zu leben
gewohnen könte/ gefiel mirs/ so solte er beydes einen
getreuen Freund und guten Soldaten an mir haben/
gefiel mirs nit/ so sey allezeit gut voneinander schei-
den. Darauff setzt er mir mit dem Trunck zu/ ich ge-
traute aber auch nicht/ und stellte mich voll ehe ichs
war/ zu sehen/ ob er vielleicht an mich wolte/ wenn
ich mich nicht mehr defendiren könte.

Jndessen plagten mich die Müllerflöhe trefflich/
deren ich eine zimliche Quantität von Breysach mit

mir

Viertes Buch.
Weiſſagung halber/ liebſter Simplici, bin ich bereit
mit dir das Hertz im Leib zu theilen/ dann gleich wie
ſchon ein Theil davon erfullt/ in dem ich dir Urſach
geben/ daß du mich als ein dapfferer Soldat vor den
Kopff geſchoſſen/ und mir mein Schwerd genom̃en/
(das mir freylich noch keiner gethan) mir auch das
Leben gelaſſen/ da ich unter dir lag/ und gleichſam im
Blut erſtickte; Alſo zweiffle ich nicht/ daß das uͤbri-
ge von meinem Todt auch fehl ſchlagen werde. Auß
ſolcher Rach nun/ liebſter Bruder/ muß ich ſchlieſſen/
daß du mein getreuer Freund ſeyeſt/ dann dafern du
es nicht waͤreſt/ ſo wuͤrdeſtu ſolche Rach auch nicht
uͤber dich nehmen; da haſtu nun die concepta meines
Hertzens/ jetzt ſag mir auch/ was du zu thun geſinnet
ſeyeſt? Jch gedachte/ trau dir der Teuffel/ ich nicht!
nimm ich Geld von dir auff den Weg/ ſo moͤchteſtu
mich erſt nidermachen/ bleib ich dann bey dir/ ſo muß
ich ſorgen/ ich doͤrffte mit dir geviertheilt werden;
ſetzte mir demnach vor/ ich wolt ihm eine Nas draͤ-
hen/ bey ihm zu bleiben/ biß ich mit Gelegenheit von
ihm kommen koͤnte/ ſagte derhalben/ ſo er mich lei-
den moͤchte/ wolte ich mich ein Tag oder acht dey
ihm auffhalten/ zu ſehen/ ob ich ſolche Art zu leben
gewohnen koͤnte/ gefiel mirs/ ſo ſolte er beydes einen
getreuen Freund und guten Soldaten an mir haben/
gefiel mirs nit/ ſo ſey allezeit gut voneinander ſchei-
den. Darauff ſetzt er mir mit dem Trunck zu/ ich ge-
traute aber auch nicht/ und ſtellte mich voll ehe ichs
war/ zu ſehen/ ob er vielleicht an mich wolte/ wenn
ich mich nicht mehr defendiren koͤnte.

Jndeſſen plagten mich die Muͤllerfloͤhe trefflich/
deren ich eine zimliche Quantitaͤt von Breyſach mit

mir
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[453/0459] Viertes Buch. Weiſſagung halber/ liebſter Simplici, bin ich bereit mit dir das Hertz im Leib zu theilen/ dann gleich wie ſchon ein Theil davon erfullt/ in dem ich dir Urſach geben/ daß du mich als ein dapfferer Soldat vor den Kopff geſchoſſen/ und mir mein Schwerd genom̃en/ (das mir freylich noch keiner gethan) mir auch das Leben gelaſſen/ da ich unter dir lag/ und gleichſam im Blut erſtickte; Alſo zweiffle ich nicht/ daß das uͤbri- ge von meinem Todt auch fehl ſchlagen werde. Auß ſolcher Rach nun/ liebſter Bruder/ muß ich ſchlieſſen/ daß du mein getreuer Freund ſeyeſt/ dann dafern du es nicht waͤreſt/ ſo wuͤrdeſtu ſolche Rach auch nicht uͤber dich nehmen; da haſtu nun die concepta meines Hertzens/ jetzt ſag mir auch/ was du zu thun geſinnet ſeyeſt? Jch gedachte/ trau dir der Teuffel/ ich nicht! nimm ich Geld von dir auff den Weg/ ſo moͤchteſtu mich erſt nidermachen/ bleib ich dann bey dir/ ſo muß ich ſorgen/ ich doͤrffte mit dir geviertheilt werden; ſetzte mir demnach vor/ ich wolt ihm eine Nas draͤ- hen/ bey ihm zu bleiben/ biß ich mit Gelegenheit von ihm kommen koͤnte/ ſagte derhalben/ ſo er mich lei- den moͤchte/ wolte ich mich ein Tag oder acht dey ihm auffhalten/ zu ſehen/ ob ich ſolche Art zu leben gewohnen koͤnte/ gefiel mirs/ ſo ſolte er beydes einen getreuen Freund und guten Soldaten an mir haben/ gefiel mirs nit/ ſo ſey allezeit gut voneinander ſchei- den. Darauff ſetzt er mir mit dem Trunck zu/ ich ge- traute aber auch nicht/ und ſtellte mich voll ehe ichs war/ zu ſehen/ ob er vielleicht an mich wolte/ wenn ich mich nicht mehr defendiren koͤnte. Jndeſſen plagten mich die Muͤllerfloͤhe trefflich/ deren ich eine zimliche Quantitaͤt von Breyſach mit mir

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/459>, abgerufen am 29.03.2024.