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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Fünfftes Buch.

Wiewol ich mich damals auff die Beicht nicht
gefast gemacht/ auch mein lebtag nie in Sinn ge-
nommen zu beichten/ sondern mich jederzeit auß
Scham darvor geförchtet/ wie der Teuffel vorm H.
Creutz/ so empfande ich jedoch in selbigem Augen-
blick in mir eine solche Reu über meine Sünden/ und
ein solche Begierde zur Busse und mein Leben zu bes-
sern/ daß ich alsobalden einen Beichtvatter begehrte/
über welcher gehlingen Bekehrung und Besserung sich
Hertzbruder höchlich erfreuete/ weil er wahrgenom-
men und wol gewußt/ daß ich bißher noch keiner Re-
ligion
beygethan gewesen/ demnach bekante ich mich
öffentlich zu der Catholischen Kirchen/ gieng zur
Beicht/ und communicirte nach empfangener Ab-
solution;
Worauff mir dann so leicht und wol
umbs Hertz wurde/ daß ichs nicht außsprechen kan/
und was das verwunderlichste war/ ist dieses/ daß
mich der Geist in dem Besessenen fürterhin zu friden
liesse/ da er mir doch vor der Beicht und Absolution
unterschidliche Bubenstück die ich begangen gehabt/
so eigentlich vorgeworffen/ als wann er auff sonst
nichts/ als meine Sünden anzumercken/ bestellt ge-
wesen wäre; doch glaubten ihm als einem Lügner
die Zuhörer nichts/ sonderlich weil mein erbarer Pil-
gerhabit ein anders vor die Augen stellete.

Wir verbliben vierzehen gantzer Tag an diesem
gnadenreichen Ort/ allwo ich Gott umb meine Be-
kehrung danckte/ und die Wunder so allda geschehen/
betrachtete; welches alles mich zu zimlicher An-
dacht und Gottseeligkeit reitzete/ doch währete sol-
ches auch so lang als es mochte; dann gleich wie
meine Bekehrung ihren Ursprung nicht auß Liebe zu

Gott/
Y
Fuͤnfftes Buch.

Wiewol ich mich damals auff die Beicht nicht
gefaſt gemacht/ auch mein lebtag nie in Sinn ge-
nommen zu beichten/ ſondern mich jederzeit auß
Scham darvor gefoͤrchtet/ wie der Teuffel vorm H.
Creutz/ ſo empfande ich jedoch in ſelbigem Augen-
blick in mir eine ſolche Reu uͤber meine Suͤnden/ und
ein ſolche Begierde zur Buſſe und mein Leben zu beſ-
ſern/ daß ich alſobalden einen Beichtvatter begehrte/
uͤber welcher gehlingen Bekehrũg und Beſſerung ſich
Hertzbruder hoͤchlich erfreuete/ weil er wahrgenom-
men und wol gewußt/ daß ich bißher noch keiner Re-
ligion
beygethan geweſen/ demnach bekante ich mich
oͤffentlich zu der Catholiſchen Kirchen/ gieng zur
Beicht/ und communicirte nach empfangener Ab-
ſolution;
Worauff mir dann ſo leicht und wol
umbs Hertz wurde/ daß ichs nicht außſprechen kan/
und was das verwunderlichſte war/ iſt dieſes/ daß
mich der Geiſt in dem Beſeſſenen fürterhin zu friden
lieſſe/ da er mir doch vor der Beicht und Abſolution
unterſchidliche Bubenſtuͤck die ich begangen gehabt/
ſo eigentlich vorgeworffen/ als wann er auff ſonſt
nichts/ als meine Suͤnden anzumercken/ beſtellt ge-
weſen waͤre; doch glaubten ihm als einem Luͤgner
die Zuhoͤrer nichts/ ſonderlich weil mein erbarer Pil-
gerhabit ein anders vor die Augen ſtellete.

Wir verbliben vierzehen gantzer Tag an dieſem
gnadenreichen Ort/ allwo ich Gott umb meine Be-
kehrung danckte/ und die Wunder ſo allda geſchehen/
betrachtete; welches alles mich zu zimlicher An-
dacht und Gottſeeligkeit reitzete/ doch waͤhrete ſol-
ches auch ſo lang als es mochte; dann gleich wie
meine Bekehrung ihren Urſprung nicht auß Liebe zu

Gott/
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[503/0509] Fuͤnfftes Buch. Wiewol ich mich damals auff die Beicht nicht gefaſt gemacht/ auch mein lebtag nie in Sinn ge- nommen zu beichten/ ſondern mich jederzeit auß Scham darvor gefoͤrchtet/ wie der Teuffel vorm H. Creutz/ ſo empfande ich jedoch in ſelbigem Augen- blick in mir eine ſolche Reu uͤber meine Suͤnden/ und ein ſolche Begierde zur Buſſe und mein Leben zu beſ- ſern/ daß ich alſobalden einen Beichtvatter begehrte/ uͤber welcher gehlingen Bekehrũg und Beſſerung ſich Hertzbruder hoͤchlich erfreuete/ weil er wahrgenom- men und wol gewußt/ daß ich bißher noch keiner Re- ligion beygethan geweſen/ demnach bekante ich mich oͤffentlich zu der Catholiſchen Kirchen/ gieng zur Beicht/ und communicirte nach empfangener Ab- ſolution; Worauff mir dann ſo leicht und wol umbs Hertz wurde/ daß ichs nicht außſprechen kan/ und was das verwunderlichſte war/ iſt dieſes/ daß mich der Geiſt in dem Beſeſſenen fürterhin zu friden lieſſe/ da er mir doch vor der Beicht und Abſolution unterſchidliche Bubenſtuͤck die ich begangen gehabt/ ſo eigentlich vorgeworffen/ als wann er auff ſonſt nichts/ als meine Suͤnden anzumercken/ beſtellt ge- weſen waͤre; doch glaubten ihm als einem Luͤgner die Zuhoͤrer nichts/ ſonderlich weil mein erbarer Pil- gerhabit ein anders vor die Augen ſtellete. Wir verbliben vierzehen gantzer Tag an dieſem gnadenreichen Ort/ allwo ich Gott umb meine Be- kehrung danckte/ und die Wunder ſo allda geſchehen/ betrachtete; welches alles mich zu zimlicher An- dacht und Gottſeeligkeit reitzete/ doch waͤhrete ſol- ches auch ſo lang als es mochte; dann gleich wie meine Bekehrung ihren Urſprung nicht auß Liebe zu Gott/ Y

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/509>, abgerufen am 25.04.2024.