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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von den souverainen Staaten überhaupt,
Endlich rügt Moser b], daß in der Büschingschen Geo-
gravhie von Italien, 1] Bozzolo, 2] Sabionetta,
3] Mirandola, 4] Novellara, 5] Massa-Carrara,
6] Masserano, 7] Castiglione und 7] Solferino
als souveraine Fürstenthümer ausgegeben würden, da sie
doch, ausser Masserano, von dem er keine Nachricht
habe, als Reichslehen, sämtlich unter teutscher Oberher-
schaft stünden. So viel ich aber gefunden, ist ihre Ei-
genschaft von dem Herrn O. C. R. Büsching meistens
richtig angegeben worden.

a] Principes du droit des gens, L. I. C. 3. Art. 1. §. 67.
C. 4. Art.
3. §. 139.
b] Beiträge in Friedenszeiten, 1. B. 1. K. §. 14. S. 39.
§. 32.
Halbsouveraine Staaten.

Ferner giebt es gewisse Staaten, die zwar nicht völ-
lig souverain und unabhängig sind, weil ihre Regenten
in der That noch ein Oberhaupt über sich erkennen, die
im übrigen aber, besonders in Beziehung gegen andere
souveraine Staaten, alle eigentlich nur aus der Unab-
hängigkeit fliessende Gerechtsame ausüben und selbst in
Rücksicht des Oberhaupts solche Vorrechte geniessen, die
mit den Begriffen der Unterthänigkeit sich nicht wohl
vereinbaren lassen, die ihre Lande auch nicht in des
Obern, sondern in ihrem eignen Namen regieren: alles
iedoch in Gemäsheit der zwischen ihnen und dem Ober-
haupte verhandenen Grundverträge. Man kann diese
Staaten füglich halbsouveraine nennen.

*] Diese Benennung ist zwar hauptsächlich nur in den Schrif-
ten des Herrn Etatsrath Moser angenommen und in den
europäischen Staatsschriften noch nicht gewönlich, sie
scheint mir indes der Sache gut zu entsprechen [Mosers

Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt,
Endlich ruͤgt Moſer b], daß in der Buͤſchingſchen Geo-
gravhie von Italien, 1] Bozzolo, 2] Sabionetta,
3] Mirandola, 4] Novellara, 5] Maſſa-Carrara,
6] Maſſerano, 7] Caſtiglione und 7] Solferino
als ſouveraine Fuͤrſtenthuͤmer ausgegeben wuͤrden, da ſie
doch, auſſer Maſſerano, von dem er keine Nachricht
habe, als Reichslehen, ſaͤmtlich unter teutſcher Oberher-
ſchaft ſtuͤnden. So viel ich aber gefunden, iſt ihre Ei-
genſchaft von dem Herrn O. C. R. Buͤſching meiſtens
richtig angegeben worden.

a] Principes du droit des gens, L. I. C. 3. Art. 1. §. 67.
C. 4. Art.
3. §. 139.
b] Beitraͤge in Friedenszeiten, 1. B. 1. K. §. 14. S. 39.
§. 32.
Halbſouveraine Staaten.

Ferner giebt es gewiſſe Staaten, die zwar nicht voͤl-
lig ſouverain und unabhaͤngig ſind, weil ihre Regenten
in der That noch ein Oberhaupt uͤber ſich erkennen, die
im uͤbrigen aber, beſonders in Beziehung gegen andere
ſouveraine Staaten, alle eigentlich nur aus der Unab-
haͤngigkeit flieſſende Gerechtſame ausuͤben und ſelbſt in
Ruͤckſicht des Oberhaupts ſolche Vorrechte genieſſen, die
mit den Begriffen der Unterthaͤnigkeit ſich nicht wohl
vereinbaren laſſen, die ihre Lande auch nicht in des
Obern, ſondern in ihrem eignen Namen regieren: alles
iedoch in Gemaͤsheit der zwiſchen ihnen und dem Ober-
haupte verhandenen Grundvertraͤge. Man kann dieſe
Staaten fuͤglich halbſouveraine nennen.

*] Dieſe Benennung iſt zwar hauptſaͤchlich nur in den Schrif-
ten des Herrn Etatsrath Moſer angenommen und in den
europaͤiſchen Staatsſchriften noch nicht gewoͤnlich, ſie
ſcheint mir indes der Sache gut zu entſprechen [Moſers
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[120/0146] Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt, Endlich ruͤgt Moſer b], daß in der Buͤſchingſchen Geo- gravhie von Italien, 1] Bozzolo, 2] Sabionetta, 3] Mirandola, 4] Novellara, 5] Maſſa-Carrara, 6] Maſſerano, 7] Caſtiglione und 7] Solferino als ſouveraine Fuͤrſtenthuͤmer ausgegeben wuͤrden, da ſie doch, auſſer Maſſerano, von dem er keine Nachricht habe, als Reichslehen, ſaͤmtlich unter teutſcher Oberher- ſchaft ſtuͤnden. So viel ich aber gefunden, iſt ihre Ei- genſchaft von dem Herrn O. C. R. Buͤſching meiſtens richtig angegeben worden. a] Principes du droit des gens, L. I. C. 3. Art. 1. §. 67. C. 4. Art. 3. §. 139. b] Beitraͤge in Friedenszeiten, 1. B. 1. K. §. 14. S. 39. §. 32. Halbſouveraine Staaten. Ferner giebt es gewiſſe Staaten, die zwar nicht voͤl- lig ſouverain und unabhaͤngig ſind, weil ihre Regenten in der That noch ein Oberhaupt uͤber ſich erkennen, die im uͤbrigen aber, beſonders in Beziehung gegen andere ſouveraine Staaten, alle eigentlich nur aus der Unab- haͤngigkeit flieſſende Gerechtſame ausuͤben und ſelbſt in Ruͤckſicht des Oberhaupts ſolche Vorrechte genieſſen, die mit den Begriffen der Unterthaͤnigkeit ſich nicht wohl vereinbaren laſſen, die ihre Lande auch nicht in des Obern, ſondern in ihrem eignen Namen regieren: alles iedoch in Gemaͤsheit der zwiſchen ihnen und dem Ober- haupte verhandenen Grundvertraͤge. Man kann dieſe Staaten fuͤglich halbſouveraine nennen. *] Dieſe Benennung iſt zwar hauptſaͤchlich nur in den Schrif- ten des Herrn Etatsrath Moſer angenommen und in den europaͤiſchen Staatsſchriften noch nicht gewoͤnlich, ſie ſcheint mir indes der Sache gut zu entſprechen [Moſers Bei-

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/146>, abgerufen am 29.03.2024.