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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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und den europäischen insbesondere.
Beiträge in Friedensz. 1. Th. S. 508.] J. N. Herz in
Diß. de divisione regnorum vel quasi
giebt diesen Staa-
ten Sect. I §. 2. den Namen quasi regna nach der Ana-
logie von Quasi-Contracten etc. Real nent mit Loyseau
[des Seigneuries] dergleichen Regenten abhängige
Fürsten, [princes sujets] die zwar Souverainetätsrechte
über das Volk, nicht als Beamte, sondern eigenthümlich
als Herrn haben, die aber nichts destoweniger einen Obern
erkennen, dem sie unterworfen sind. [Science du Gou-
vern. T. 4. C.
2. §. 19.] Neyron principes du D. d. G.
§. 65. sagt: Actuellement l' on a deux sortes d' Etats
principaux nommes Etats du premier et du second
ordre
. Distinction prise de l' entiere independance, ou
de la liaison feodale dans laquelle se trouvent quelques
uns, qui d' ailleurs jouissent aussi de tous les droits de
superiorite territoriale.
§. 33.
Dahin gehören die teutschen Reichsstände.

Zu den sogenanten halbsouverainen Staaten werden
vorzüglich die teutschen Reichsstände gerechnet. Die son-
derbare und eigne Verfassung des teutschen Reichs hat,
seiner mächtigen und angesehenen Reichsstände wegen,
in Bestimmung der Regierungsart desselben, den Staats-
rechtsgelehrten von ieher viel zu schaffen gemacht. Sie
haben ihm die monarchische, aristokratische, demokrati-
sche, oligarchische und alle mögliche Regierungsformen
anzupassen gesucht. Es ist dies auch ohnstreitig eine der
verwickeltesten Materien des teutschen Staatsrechts, de-
ren grundgesetzmäsige Erörterung aber nicht ohne Nutzen
ist. Hier ist der Ort nicht, die unendlich verschiedenen
Meinungen davon anzuführen und zu untersuchen. Es
gnügt uns, dermalen zu bestimmen: ob die teutschen
Reichsstände den souverainen Staaten in Europa beizu-

zählen
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und den europaͤiſchen insbeſondere.
Beitraͤge in Friedensz. 1. Th. S. 508.] J. N. Herz in
Diß. de diviſione regnorum vel quaſi
giebt dieſen Staa-
ten Sect. I §. 2. den Namen quaſi regna nach der Ana-
logie von Quaſi-Contracten ꝛc. Real nent mit Loyſeau
[des Seigneuries] dergleichen Regenten abhaͤngige
Fuͤrſten, [princes ſujets] die zwar Souverainetaͤtsrechte
uͤber das Volk, nicht als Beamte, ſondern eigenthuͤmlich
als Herrn haben, die aber nichts deſtoweniger einen Obern
erkennen, dem ſie unterworfen ſind. [Science du Gou-
vern. T. 4. C.
2. §. 19.] Neyron principes du D. d. G.
§. 65. ſagt: Actuellement l’ on a deux ſortes d’ Etats
principaux nommés Etats du prémier et du ſecond
ordre
. Diſtinction priſe de l’ entière independance, ou
de la liaiſon féodale dans laquelle ſe trouvent quelques
uns, qui d’ ailleurs jouiſſent auſſi de tous les droits de
ſuperiorité territoriale.
§. 33.
Dahin gehoͤren die teutſchen Reichsſtaͤnde.

Zu den ſogenanten halbſouverainen Staaten werden
vorzuͤglich die teutſchen Reichsſtaͤnde gerechnet. Die ſon-
derbare und eigne Verfaſſung des teutſchen Reichs hat,
ſeiner maͤchtigen und angeſehenen Reichsſtaͤnde wegen,
in Beſtimmung der Regierungsart deſſelben, den Staats-
rechtsgelehrten von ieher viel zu ſchaffen gemacht. Sie
haben ihm die monarchiſche, ariſtokratiſche, demokrati-
ſche, oligarchiſche und alle moͤgliche Regierungsformen
anzupaſſen geſucht. Es iſt dies auch ohnſtreitig eine der
verwickelteſten Materien des teutſchen Staatsrechts, de-
ren grundgeſetzmaͤſige Eroͤrterung aber nicht ohne Nutzen
iſt. Hier iſt der Ort nicht, die unendlich verſchiedenen
Meinungen davon anzufuͤhren und zu unterſuchen. Es
gnuͤgt uns, dermalen zu beſtimmen: ob die teutſchen
Reichsſtaͤnde den ſouverainen Staaten in Europa beizu-

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[121/0147] und den europaͤiſchen insbeſondere. *] Beitraͤge in Friedensz. 1. Th. S. 508.] J. N. Herz in Diß. de diviſione regnorum vel quaſi giebt dieſen Staa- ten Sect. I §. 2. den Namen quaſi regna nach der Ana- logie von Quaſi-Contracten ꝛc. Real nent mit Loyſeau [des Seigneuries] dergleichen Regenten abhaͤngige Fuͤrſten, [princes ſujets] die zwar Souverainetaͤtsrechte uͤber das Volk, nicht als Beamte, ſondern eigenthuͤmlich als Herrn haben, die aber nichts deſtoweniger einen Obern erkennen, dem ſie unterworfen ſind. [Science du Gou- vern. T. 4. C. 2. §. 19.] Neyron principes du D. d. G. §. 65. ſagt: Actuellement l’ on a deux ſortes d’ Etats principaux nommés Etats du prémier et du ſecond ordre. Diſtinction priſe de l’ entière independance, ou de la liaiſon féodale dans laquelle ſe trouvent quelques uns, qui d’ ailleurs jouiſſent auſſi de tous les droits de ſuperiorité territoriale. §. 33. Dahin gehoͤren die teutſchen Reichsſtaͤnde. Zu den ſogenanten halbſouverainen Staaten werden vorzuͤglich die teutſchen Reichsſtaͤnde gerechnet. Die ſon- derbare und eigne Verfaſſung des teutſchen Reichs hat, ſeiner maͤchtigen und angeſehenen Reichsſtaͤnde wegen, in Beſtimmung der Regierungsart deſſelben, den Staats- rechtsgelehrten von ieher viel zu ſchaffen gemacht. Sie haben ihm die monarchiſche, ariſtokratiſche, demokrati- ſche, oligarchiſche und alle moͤgliche Regierungsformen anzupaſſen geſucht. Es iſt dies auch ohnſtreitig eine der verwickelteſten Materien des teutſchen Staatsrechts, de- ren grundgeſetzmaͤſige Eroͤrterung aber nicht ohne Nutzen iſt. Hier iſt der Ort nicht, die unendlich verſchiedenen Meinungen davon anzufuͤhren und zu unterſuchen. Es gnuͤgt uns, dermalen zu beſtimmen: ob die teutſchen Reichsſtaͤnde den ſouverainen Staaten in Europa beizu- zaͤhlen H 5

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/147>, abgerufen am 23.04.2024.