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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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und dem europäischen insbesondere.
nach und nach seine itzige Beschaffenheit er-
langt hat.

Uebrigens wird die Staatswissenschaft auch noch in
die theoretische und practische eingetheilt. Diese
lehrt in der Staats- und Völkerpraxi die Grundsätze
der erstern auf einzelne Staatsgeschäfte anwenden. --
Alle diese verschiedenen Kenntnisse stehen, als Theile ei-
nes Ganzen, in der genauesten Verbindung, und bieten
einander, der beständigen Beziehung wegen, die unent-
behrlichsten Hülfsmittel dar.

§. 16.
Europäisches Völkerrecht.

Die Verbindung der europäischen Nazionen unter
einander, welche zusammen gleichsam ein System aus-
machen, veranlaßt mancherley besondere Verhältnisse.
Wenn man auf diese die Zwangsrechte und Zwangs-
pflichten des algemeinen Völkerrechts anwendet, und
zugleich die durch Verträge oder Herkommen unter ihnen
beliebten Einschränkungen und Bestimmungen bemerkt,
so entsteht daraus der Begrif des europäischen Völker-
rechts
.

*] Der Freyherr von Ompteda, in seiner Litteratur des Völ-
kerrechts 1. Th. §. 5. misbilligt zwar, daß man den
Vortrag des Völkerrechts gemeiniglich nur unter dem
Namen des europäischen beschränke, da es doch auch
ausser Europa längst schon gesittete Völker gebe, deren
Anzahl durch die vereinigten Staaten von Amerika neuer-
lich vermehret worden. Ich glaube iedoch, daß die euro-
päischen Nazionen das vorzüglichste Augenmerk verdienen,
da sie ohnstreitig in weit genauern und häufigern Verbin-
dungen unter einander als mit den Völkern der übrigen
Welttheile stehen, deren Grundsätze mit dem europäischen
Völkerrechte ohnedies oft schwer zu vereinbaren sind.
und dem europaͤiſchen insbeſondere.
nach und nach ſeine itzige Beſchaffenheit er-
langt hat.

Uebrigens wird die Staatswiſſenſchaft auch noch in
die theoretiſche und practiſche eingetheilt. Dieſe
lehrt in der Staats- und Voͤlkerpraxi die Grundſaͤtze
der erſtern auf einzelne Staatsgeſchaͤfte anwenden. —
Alle dieſe verſchiedenen Kenntniſſe ſtehen, als Theile ei-
nes Ganzen, in der genaueſten Verbindung, und bieten
einander, der beſtaͤndigen Beziehung wegen, die unent-
behrlichſten Huͤlfsmittel dar.

§. 16.
Europaͤiſches Voͤlkerrecht.

Die Verbindung der europaͤiſchen Nazionen unter
einander, welche zuſammen gleichſam ein Syſtem aus-
machen, veranlaßt mancherley beſondere Verhaͤltniſſe.
Wenn man auf dieſe die Zwangsrechte und Zwangs-
pflichten des algemeinen Voͤlkerrechts anwendet, und
zugleich die durch Vertraͤge oder Herkommen unter ihnen
beliebten Einſchraͤnkungen und Beſtimmungen bemerkt,
ſo entſteht daraus der Begrif des europaͤiſchen Voͤlker-
rechts
.

*] Der Freyherr von Ompteda, in ſeiner Litteratur des Voͤl-
kerrechts 1. Th. §. 5. misbilligt zwar, daß man den
Vortrag des Voͤlkerrechts gemeiniglich nur unter dem
Namen des europaͤiſchen beſchraͤnke, da es doch auch
auſſer Europa laͤngſt ſchon geſittete Voͤlker gebe, deren
Anzahl durch die vereinigten Staaten von Amerika neuer-
lich vermehret worden. Ich glaube iedoch, daß die euro-
paͤiſchen Nazionen das vorzuͤglichſte Augenmerk verdienen,
da ſie ohnſtreitig in weit genauern und haͤufigern Verbin-
dungen unter einander als mit den Voͤlkern der uͤbrigen
Welttheile ſtehen, deren Grundſaͤtze mit dem europaͤiſchen
Voͤlkerrechte ohnedies oft ſchwer zu vereinbaren ſind.
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[27/0053] und dem europaͤiſchen insbeſondere. nach und nach ſeine itzige Beſchaffenheit er- langt hat. Uebrigens wird die Staatswiſſenſchaft auch noch in die theoretiſche und practiſche eingetheilt. Dieſe lehrt in der Staats- und Voͤlkerpraxi die Grundſaͤtze der erſtern auf einzelne Staatsgeſchaͤfte anwenden. — Alle dieſe verſchiedenen Kenntniſſe ſtehen, als Theile ei- nes Ganzen, in der genaueſten Verbindung, und bieten einander, der beſtaͤndigen Beziehung wegen, die unent- behrlichſten Huͤlfsmittel dar. §. 16. Europaͤiſches Voͤlkerrecht. Die Verbindung der europaͤiſchen Nazionen unter einander, welche zuſammen gleichſam ein Syſtem aus- machen, veranlaßt mancherley beſondere Verhaͤltniſſe. Wenn man auf dieſe die Zwangsrechte und Zwangs- pflichten des algemeinen Voͤlkerrechts anwendet, und zugleich die durch Vertraͤge oder Herkommen unter ihnen beliebten Einſchraͤnkungen und Beſtimmungen bemerkt, ſo entſteht daraus der Begrif des europaͤiſchen Voͤlker- rechts. *] Der Freyherr von Ompteda, in ſeiner Litteratur des Voͤl- kerrechts 1. Th. §. 5. misbilligt zwar, daß man den Vortrag des Voͤlkerrechts gemeiniglich nur unter dem Namen des europaͤiſchen beſchraͤnke, da es doch auch auſſer Europa laͤngſt ſchon geſittete Voͤlker gebe, deren Anzahl durch die vereinigten Staaten von Amerika neuer- lich vermehret worden. Ich glaube iedoch, daß die euro- paͤiſchen Nazionen das vorzuͤglichſte Augenmerk verdienen, da ſie ohnſtreitig in weit genauern und haͤufigern Verbin- dungen unter einander als mit den Voͤlkern der uͤbrigen Welttheile ſtehen, deren Grundſaͤtze mit dem europaͤiſchen Voͤlkerrechte ohnedies oft ſchwer zu vereinbaren ſind. Man

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/53>, abgerufen am 18.04.2024.