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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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und den europäischen insbesondere.
ter libertatem, sagt er Cap. XII. et in se potestatem,
aliud praeterea vsu requiri videtur ad suprematum,
nimirum potentia quae apud exteros quoque auctorita-
tem conciliare possit. Suprematum ergo illi tribuo qui
non tantum domi subditos manu militari regit, sed
qui etiam exercitum extra fines ducere, et armis,
foederibus, legationibus ac caeteris juris gentium
sanctionibus aliquid momenti ad rerum Europae gene-
ralium summam conferre potest [in praef].
Diese al-
lerdings wilkührlich angenommene Meinung ist indes so
ganz verwerflich nicht. Man kan den kleinern Staaten
die Rechte der Souverainetät zwar nicht geradezu abspre-
chen; da es ihnen aber an der Möglichkeit fehlt, durch
Handlungen, welche ein freies Volk am meisten auszeich-
nen, ihr Dasein andern Nazionen bemerklich zu machen,
so ist ihre Souverainetät, wie Moser sagt, freilich mehr
eine titulare als würkliche.
d] In einer etwas andern Bedeutung wird der Ausdruck Sou-
verain
genommen, wenn die Rede von dem Regenten
des Staats ist: er bezeichnet alsdann einen solchen, der in
Ausübung der Hoheitsrechte durch Reichsgrundgesetze nicht
eingeschränkt ist. Die lateinischen Schriftsteller bezeichnen
die Souverainetät mit den Namen: Suprematus, poten-
tatus, libertas etc.
Die mit der Souverainetät verwand-
ten Begriffe von Majestät, Majestäts- und Hoheits-
rechte, Regalien
etc. werden übrigens schon aus dem
Staatsrechte bekant seyn, und weiter unten noch mit we-
nigen berührt werden.
*] Man sehe über diese Materie Grot. de J. B. et P. L. I.
C. III §. 6. 7. Puffend. J. N. et G. L. VII. c. VI.
und
Henr. Cocceji Autonomia juris gentium, vbi natum
inde inter gentes discrimen civitatis mediatae liberae
et non liberae etc. plenissime eruitur. Frcof.
1719. 8.
§. 3.
und den europaͤiſchen insbeſondere.
ter libertatem, ſagt er Cap. XII. et in ſe poteſtatem,
aliud praeterea vſu requiri videtur ad ſuprematum,
nimirum potentia quae apud exteros quoque auctorita-
tem conciliare poſſit. Suprematum ergo illi tribuo qui
non tantum domi ſubditos manu militari regit, ſed
qui etiam exercitum extra fines ducere, et armis,
foederibus, legationibus ac caeteris juris gentium
ſanctionibus aliquid momenti ad rerum Europae gene-
ralium ſummam conferre poteſt [in praef].
Dieſe al-
lerdings wilkuͤhrlich angenommene Meinung iſt indes ſo
ganz verwerflich nicht. Man kan den kleinern Staaten
die Rechte der Souverainetaͤt zwar nicht geradezu abſpre-
chen; da es ihnen aber an der Moͤglichkeit fehlt, durch
Handlungen, welche ein freies Volk am meiſten auszeich-
nen, ihr Daſein andern Nazionen bemerklich zu machen,
ſo iſt ihre Souverainetaͤt, wie Moſer ſagt, freilich mehr
eine titulare als wuͤrkliche.
d] In einer etwas andern Bedeutung wird der Ausdruck Sou-
verain
genommen, wenn die Rede von dem Regenten
des Staats iſt: er bezeichnet alsdann einen ſolchen, der in
Ausuͤbung der Hoheitsrechte durch Reichsgrundgeſetze nicht
eingeſchraͤnkt iſt. Die lateiniſchen Schriftſteller bezeichnen
die Souverainetaͤt mit den Namen: Suprematus, poten-
tatus, libertas etc.
Die mit der Souverainetaͤt verwand-
ten Begriffe von Majeſtaͤt, Majeſtaͤts- und Hoheits-
rechte, Regalien
ꝛc. werden uͤbrigens ſchon aus dem
Staatsrechte bekant ſeyn, und weiter unten noch mit we-
nigen beruͤhrt werden.
*] Man ſehe uͤber dieſe Materie Grot. de J. B. et P. L. I.
C. III §. 6. 7. Puffend. J. N. et G. L. VII. c. VI.
und
Henr. Cocceji Autonomia juris gentium, vbi natum
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1719. 8.
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[75/0101] und den europaͤiſchen insbeſondere. c] ter libertatem, ſagt er Cap. XII. et in ſe poteſtatem, aliud praeterea vſu requiri videtur ad ſuprematum, nimirum potentia quae apud exteros quoque auctorita- tem conciliare poſſit. Suprematum ergo illi tribuo qui non tantum domi ſubditos manu militari regit, ſed qui etiam exercitum extra fines ducere, et armis, foederibus, legationibus ac caeteris juris gentium ſanctionibus aliquid momenti ad rerum Europae gene- ralium ſummam conferre poteſt [in praef]. Dieſe al- lerdings wilkuͤhrlich angenommene Meinung iſt indes ſo ganz verwerflich nicht. Man kan den kleinern Staaten die Rechte der Souverainetaͤt zwar nicht geradezu abſpre- chen; da es ihnen aber an der Moͤglichkeit fehlt, durch Handlungen, welche ein freies Volk am meiſten auszeich- nen, ihr Daſein andern Nazionen bemerklich zu machen, ſo iſt ihre Souverainetaͤt, wie Moſer ſagt, freilich mehr eine titulare als wuͤrkliche. d] In einer etwas andern Bedeutung wird der Ausdruck Sou- verain genommen, wenn die Rede von dem Regenten des Staats iſt: er bezeichnet alsdann einen ſolchen, der in Ausuͤbung der Hoheitsrechte durch Reichsgrundgeſetze nicht eingeſchraͤnkt iſt. Die lateiniſchen Schriftſteller bezeichnen die Souverainetaͤt mit den Namen: Suprematus, poten- tatus, libertas etc. Die mit der Souverainetaͤt verwand- ten Begriffe von Majeſtaͤt, Majeſtaͤts- und Hoheits- rechte, Regalien ꝛc. werden uͤbrigens ſchon aus dem Staatsrechte bekant ſeyn, und weiter unten noch mit we- nigen beruͤhrt werden. *] Man ſehe uͤber dieſe Materie Grot. de J. B. et P. L. I. C. III §. 6. 7. Puffend. J. N. et G. L. VII. c. VI. und Henr. Cocceji Autonomia juris gentium, vbi natum inde inter gentes diſcrimen civitatis mediatae liberae et non liberae etc. pleniſſime eruitur. Frcof. 1719. 8. §. 3.

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/101>, abgerufen am 24.04.2024.