Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Von den souverainen Staaten überhaupt,
bemüht waren, und Friedrich II. dasselbe lehnbar mach-
te; so sind diese Gerechtsame doch seitdem völlig in Ab-
gang gekommen, und Hungarn die Rechte eines unab-
hängigen Staats zugestanden worden. Nach mehrern
Regenten aus verschiedenen Häusern gelangt das Haus
Oesterreich 1526 zum Besitz dieses Königreichs.

§. 28.
Rußland.

In den ältesten Zeiten bewohnten verschiedene Völker
diese Lande, besonders Slaven, welche im neunten Jahr-
hundert in Novgorod den Grund zu einem neuen Staat
legten. Innerliche Uneinigkeiten dieses anfänglichen
Freistaats veranlaßten die Wahl mehrerer Regenten,
unter welchen Kurick der Stifter eines ziemlich weit-
läuftigen Reichs ward: Dasselbe zerfiel nachher wieder
in kleine Fürstenthümer, deren Oberhäupter Kneesen,
d. i. Grafen und Herrn hiessen, und im dreizehnten
Jahrhundert gröstenteils den Tatarn lehn- und zinnsbar
werden musten. Ivan I. Wasiljewitsch brachte wäh-
rend seiner Regierung von 1462 bis 1505 diese kleinen
Staaten wieder zusammen, machte der tatarischen Her-
schaft 1477 ein Ende, und begründete dadurch das heu-
tige Rußland nach seinem Hauptumfange. Iwan II.
Wasiljewitsch nimt den Titel Zaar, d. i. König oder
Herzog an, den Peter I., bey Gelegenheit des Nystädter
Friedens, mit der Kaiserwürde vertauscht.

*] Chr. Schoettgenii diß. VII. de originibus Russicis.
Dresd. et Lips.
1729 - 31. 4.
§. 29.

Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt,
bemuͤht waren, und Friedrich II. daſſelbe lehnbar mach-
te; ſo ſind dieſe Gerechtſame doch ſeitdem voͤllig in Ab-
gang gekommen, und Hungarn die Rechte eines unab-
haͤngigen Staats zugeſtanden worden. Nach mehrern
Regenten aus verſchiedenen Haͤuſern gelangt das Haus
Oeſterreich 1526 zum Beſitz dieſes Koͤnigreichs.

§. 28.
Rußland.

In den aͤlteſten Zeiten bewohnten verſchiedene Voͤlker
dieſe Lande, beſonders Slaven, welche im neunten Jahr-
hundert in Novgorod den Grund zu einem neuen Staat
legten. Innerliche Uneinigkeiten dieſes anfaͤnglichen
Freiſtaats veranlaßten die Wahl mehrerer Regenten,
unter welchen Kurick der Stifter eines ziemlich weit-
laͤuftigen Reichs ward: Daſſelbe zerfiel nachher wieder
in kleine Fuͤrſtenthuͤmer, deren Oberhaͤupter Kneeſen,
d. i. Grafen und Herrn hieſſen, und im dreizehnten
Jahrhundert groͤſtenteils den Tatarn lehn- und zinnsbar
werden muſten. Ivan I. Waſiljewitſch brachte waͤh-
rend ſeiner Regierung von 1462 bis 1505 dieſe kleinen
Staaten wieder zuſammen, machte der tatariſchen Her-
ſchaft 1477 ein Ende, und begruͤndete dadurch das heu-
tige Rußland nach ſeinem Hauptumfange. Iwan II.
Waſiljewitſch nimt den Titel Zaar, d. i. Koͤnig oder
Herzog an, den Peter I., bey Gelegenheit des Nyſtaͤdter
Friedens, mit der Kaiſerwuͤrde vertauſcht.

*] Chr. Schoettgenii diß. VII. de originibus Ruſſicis.
Dresd. et Lipſ.
1729 ‒ 31. 4.
§. 29.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0134" n="108"/><fw place="top" type="header">Von den &#x017F;ouverainen Staaten u&#x0364;berhaupt,</fw><lb/>
bemu&#x0364;ht waren, und Friedrich <hi rendition="#aq">II.</hi> da&#x017F;&#x017F;elbe lehnbar mach-<lb/>
te; &#x017F;o &#x017F;ind die&#x017F;e Gerecht&#x017F;ame doch &#x017F;eitdem vo&#x0364;llig in Ab-<lb/>
gang gekommen, und Hungarn die Rechte eines unab-<lb/>
ha&#x0364;ngigen Staats zuge&#x017F;tanden worden. Nach mehrern<lb/>
Regenten aus ver&#x017F;chiedenen Ha&#x0364;u&#x017F;ern gelangt das Haus<lb/>
Oe&#x017F;terreich 1526 zum Be&#x017F;itz die&#x017F;es Ko&#x0364;nigreichs.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 28.<lb/><hi rendition="#g">Rußland</hi>.</head><lb/>
            <p>In den a&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten bewohnten ver&#x017F;chiedene Vo&#x0364;lker<lb/>
die&#x017F;e Lande, be&#x017F;onders Slaven, welche im neunten Jahr-<lb/>
hundert in Novgorod den Grund zu einem neuen Staat<lb/>
legten. Innerliche Uneinigkeiten die&#x017F;es anfa&#x0364;nglichen<lb/>
Frei&#x017F;taats veranlaßten die Wahl mehrerer Regenten,<lb/>
unter welchen <hi rendition="#fr">Kurick</hi> der Stifter eines ziemlich weit-<lb/>
la&#x0364;uftigen Reichs ward: Da&#x017F;&#x017F;elbe zerfiel nachher wieder<lb/>
in kleine Fu&#x0364;r&#x017F;tenthu&#x0364;mer, deren Oberha&#x0364;upter Knee&#x017F;en,<lb/>
d. i. Grafen und Herrn hie&#x017F;&#x017F;en, und im dreizehnten<lb/>
Jahrhundert gro&#x0364;&#x017F;tenteils den Tatarn lehn- und zinnsbar<lb/>
werden mu&#x017F;ten. <hi rendition="#fr">Ivan</hi> <hi rendition="#aq">I.</hi> <hi rendition="#fr">Wa&#x017F;iljewit&#x017F;ch</hi> brachte wa&#x0364;h-<lb/>
rend &#x017F;einer Regierung von 1462 bis 1505 die&#x017F;e kleinen<lb/>
Staaten wieder zu&#x017F;ammen, machte der tatari&#x017F;chen Her-<lb/>
&#x017F;chaft 1477 ein Ende, und begru&#x0364;ndete dadurch das heu-<lb/>
tige Rußland nach &#x017F;einem Hauptumfange. <hi rendition="#fr">Iwan</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi><lb/><hi rendition="#fr">Wa&#x017F;iljewit&#x017F;ch</hi> nimt den Titel <hi rendition="#fr">Zaar</hi>, d. i. Ko&#x0364;nig oder<lb/>
Herzog an, den Peter <hi rendition="#aq">I.</hi>, bey Gelegenheit des Ny&#x017F;ta&#x0364;dter<lb/>
Friedens, mit der Kai&#x017F;erwu&#x0364;rde vertau&#x017F;cht.</p><lb/>
            <note place="end" n="*]"><hi rendition="#aq">Chr. <hi rendition="#i">Schoettgenii</hi> diß. VII. de originibus Ru&#x017F;&#x017F;icis.<lb/>
Dresd. et Lip&#x017F;.</hi> 1729 &#x2012; 31. 4.</note>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 29.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0134] Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt, bemuͤht waren, und Friedrich II. daſſelbe lehnbar mach- te; ſo ſind dieſe Gerechtſame doch ſeitdem voͤllig in Ab- gang gekommen, und Hungarn die Rechte eines unab- haͤngigen Staats zugeſtanden worden. Nach mehrern Regenten aus verſchiedenen Haͤuſern gelangt das Haus Oeſterreich 1526 zum Beſitz dieſes Koͤnigreichs. §. 28. Rußland. In den aͤlteſten Zeiten bewohnten verſchiedene Voͤlker dieſe Lande, beſonders Slaven, welche im neunten Jahr- hundert in Novgorod den Grund zu einem neuen Staat legten. Innerliche Uneinigkeiten dieſes anfaͤnglichen Freiſtaats veranlaßten die Wahl mehrerer Regenten, unter welchen Kurick der Stifter eines ziemlich weit- laͤuftigen Reichs ward: Daſſelbe zerfiel nachher wieder in kleine Fuͤrſtenthuͤmer, deren Oberhaͤupter Kneeſen, d. i. Grafen und Herrn hieſſen, und im dreizehnten Jahrhundert groͤſtenteils den Tatarn lehn- und zinnsbar werden muſten. Ivan I. Waſiljewitſch brachte waͤh- rend ſeiner Regierung von 1462 bis 1505 dieſe kleinen Staaten wieder zuſammen, machte der tatariſchen Her- ſchaft 1477 ein Ende, und begruͤndete dadurch das heu- tige Rußland nach ſeinem Hauptumfange. Iwan II. Waſiljewitſch nimt den Titel Zaar, d. i. Koͤnig oder Herzog an, den Peter I., bey Gelegenheit des Nyſtaͤdter Friedens, mit der Kaiſerwuͤrde vertauſcht. *] Chr. Schoettgenii diß. VII. de originibus Ruſſicis. Dresd. et Lipſ. 1729 ‒ 31. 4. §. 29.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/134
Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/134>, abgerufen am 29.03.2024.