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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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und dem eingeführten Range der Nazionen.

Den Vorfall zwischen den portugiesischen und pol-
nischen Gesandten habe ich schon oben erzählt.

Gegen Schweden hat Polen nicht viel ausrichten
können, indem ienes das höhere Alter seines Reichs und
der Souverainetät, die größere Macht und die Erbei-
genschaft gegen die gar sehr eingeschränkte Regierungs-
form in Polen und die Wahleigenschaft dieses Reichs,
vermöge welcher auch Personen aus dem niedrigsten
Stande zur Krone gelangen könten, zu erheben gesucht.

Auch Hungarn setzt den polnischen Anmaßungen ein
höheres Alter des Reichs und der christlichen Religion,
die Mehrheit der Reiche, woraus es besteht, und die
daher entspringende Macht entgegen.

In Ansehung Böhmens hingegen schien Polen den
Vorzug zu behaupten. Es hatte das Alterthum der
Würde, eine volkomne Unabhängigkeit und ein größeres
Ansehn überhaupt vor sich.

*] Crusius, III. c. 6. p. 466. Stosch, S. 617. Zwanzig,
1. Th. Tit. 12. 13. Stiev, S. 126. Roußet, c. XV.
und XVI. S. 74. 75.
§. 30.
Preussen.

Preussen ist zwar ein neues Königreich, -- denn daß
schon im vierzehnten Jahrhundert einige Beherscher Preus-
sens den königlichen Titel geführt haben sollen, komt
hierbey nicht in Betrachtung -- und solte daher, nach
einiger Meinung, den ältern nachgehn; allein die preus-
sischen Monarchen suchen die Gleichheit zu behaupten.
Denn als 1742 die grosbritannischen und preussischen
Minister im Haag den Generalstaaten ein Memoire we-
gen Garantirung des zwischen Oesterreich und Preussen
eben geschlossenen Breßlauer Friedens übergeben wolten,

ver-
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und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen.

Den Vorfall zwiſchen den portugieſiſchen und pol-
niſchen Geſandten habe ich ſchon oben erzaͤhlt.

Gegen Schweden hat Polen nicht viel ausrichten
koͤnnen, indem ienes das hoͤhere Alter ſeines Reichs und
der Souverainetaͤt, die groͤßere Macht und die Erbei-
genſchaft gegen die gar ſehr eingeſchraͤnkte Regierungs-
form in Polen und die Wahleigenſchaft dieſes Reichs,
vermoͤge welcher auch Perſonen aus dem niedrigſten
Stande zur Krone gelangen koͤnten, zu erheben geſucht.

Auch Hungarn ſetzt den polniſchen Anmaßungen ein
hoͤheres Alter des Reichs und der chriſtlichen Religion,
die Mehrheit der Reiche, woraus es beſteht, und die
daher entſpringende Macht entgegen.

In Anſehung Boͤhmens hingegen ſchien Polen den
Vorzug zu behaupten. Es hatte das Alterthum der
Wuͤrde, eine volkomne Unabhaͤngigkeit und ein groͤßeres
Anſehn uͤberhaupt vor ſich.

*] Cruſius, III. c. 6. p. 466. Stoſch, S. 617. Zwanzig,
1. Th. Tit. 12. 13. Stiev, S. 126. Roußet, c. XV.
und XVI. S. 74. 75.
§. 30.
Preuſſen.

Preuſſen iſt zwar ein neues Koͤnigreich, — denn daß
ſchon im vierzehnten Jahrhundert einige Beherſcher Preuſ-
ſens den koͤniglichen Titel gefuͤhrt haben ſollen, komt
hierbey nicht in Betrachtung — und ſolte daher, nach
einiger Meinung, den aͤltern nachgehn; allein die preuſ-
ſiſchen Monarchen ſuchen die Gleichheit zu behaupten.
Denn als 1742 die grosbritanniſchen und preuſſiſchen
Miniſter im Haag den Generalſtaaten ein Memoire we-
gen Garantirung des zwiſchen Oeſterreich und Preuſſen
eben geſchloſſenen Breßlauer Friedens uͤbergeben wolten,

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[243/0269] und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen. Den Vorfall zwiſchen den portugieſiſchen und pol- niſchen Geſandten habe ich ſchon oben erzaͤhlt. Gegen Schweden hat Polen nicht viel ausrichten koͤnnen, indem ienes das hoͤhere Alter ſeines Reichs und der Souverainetaͤt, die groͤßere Macht und die Erbei- genſchaft gegen die gar ſehr eingeſchraͤnkte Regierungs- form in Polen und die Wahleigenſchaft dieſes Reichs, vermoͤge welcher auch Perſonen aus dem niedrigſten Stande zur Krone gelangen koͤnten, zu erheben geſucht. Auch Hungarn ſetzt den polniſchen Anmaßungen ein hoͤheres Alter des Reichs und der chriſtlichen Religion, die Mehrheit der Reiche, woraus es beſteht, und die daher entſpringende Macht entgegen. In Anſehung Boͤhmens hingegen ſchien Polen den Vorzug zu behaupten. Es hatte das Alterthum der Wuͤrde, eine volkomne Unabhaͤngigkeit und ein groͤßeres Anſehn uͤberhaupt vor ſich. *] Cruſius, III. c. 6. p. 466. Stoſch, S. 617. Zwanzig, 1. Th. Tit. 12. 13. Stiev, S. 126. Roußet, c. XV. und XVI. S. 74. 75. §. 30. Preuſſen. Preuſſen iſt zwar ein neues Koͤnigreich, — denn daß ſchon im vierzehnten Jahrhundert einige Beherſcher Preuſ- ſens den koͤniglichen Titel gefuͤhrt haben ſollen, komt hierbey nicht in Betrachtung — und ſolte daher, nach einiger Meinung, den aͤltern nachgehn; allein die preuſ- ſiſchen Monarchen ſuchen die Gleichheit zu behaupten. Denn als 1742 die grosbritanniſchen und preuſſiſchen Miniſter im Haag den Generalſtaaten ein Memoire we- gen Garantirung des zwiſchen Oeſterreich und Preuſſen eben geſchloſſenen Breßlauer Friedens uͤbergeben wolten, ver- Q 2

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/269>, abgerufen am 19.04.2024.