Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Von der ursprünglichen Gleichheit
wohl einerley Rechte zugestanden würden, so könnte eine
dergleichen Böhmen allein angehende Verfügung mit dem
Verlangen des Kaisers nicht bestehn, daß die Kurfürsten in
unzertrennter Ordnung einander folgen solten, welches aber
nicht möglich wäre, wenn die fremden Könige zwar nicht
dem Könige von Böhmen aber den übrigen Kurfürsten vor-
gehn dürften. Mir scheint in diesem Kapitel allerdings
dem Könige in Böhmen ein gewisser Vorzug, aber nur
nicht ihm allein der Rang vor den Königen zugestanden
zu seyn. Den ziemlich klaren Worten nach glaube ich ist
sämtlichen Kurfürsten der Vorrang vor allen Königen und
Fürsten nur in quibuscunqe actibus ad Curiam ipsam
spectantibus
[die unmittelbar zum Reichshofe gehören]
dem Könige in Böhmen aber auch noch vorzugsweise in
omnibus singulis locis
[bey andern Vorfallenheiten, die
gelegentlich in celebracione Curiarum huiusmodi sich
ereignen können] et actibus antedictis [und wie schon ge-
dacht, bey den Solennitäten, die unmittelbar zum Reichs-
hofe gehören.] Ich zweifle, ob sich gegen diese ungekün-
stelte Auslegung erhebliche Einwendungen machen lassen.
b] Mosers auswärt. Staatsr. 3. B. 4. K. §. 7. S. 216.
c] Ebendas. S. 217.
d] Ebendas. S. 236.
e] Schmauß Corp. Jur. Publ. Acad. 2. Th. S. 1080.
f] Moser am ang. O. S. 236. Man vergl. Speners teut-
sches Staatsrecht 7. Th. 5. B. 1. K. §. 2. Not. n. S. 16.
g] Wie in ältern Zeiten ein Erzbischof von Magdeburg, ein
Herzog von Bayern, sich zuweilen den Kurfürsten vor-
drängen wolten. s. Spener am angef. O. S. 20. u. f.
h] Jedoch schreibt man es dieser Rangdifferenz zu, daß 1695
der Erzherzog von Oesterreich, bey Anwesenheit des Kur-
fürsten von Sachsen zu Wien, die Zusammenkunft am drit-
ten Orte vermieden habe. Zwanzig 1. Th. Tit. 51. Auch
Von der urſpruͤnglichen Gleichheit
wohl einerley Rechte zugeſtanden wuͤrden, ſo koͤnnte eine
dergleichen Boͤhmen allein angehende Verfuͤgung mit dem
Verlangen des Kaiſers nicht beſtehn, daß die Kurfuͤrſten in
unzertrennter Ordnung einander folgen ſolten, welches aber
nicht moͤglich waͤre, wenn die fremden Koͤnige zwar nicht
dem Koͤnige von Boͤhmen aber den uͤbrigen Kurfuͤrſten vor-
gehn duͤrften. Mir ſcheint in dieſem Kapitel allerdings
dem Koͤnige in Boͤhmen ein gewiſſer Vorzug, aber nur
nicht ihm allein der Rang vor den Koͤnigen zugeſtanden
zu ſeyn. Den ziemlich klaren Worten nach glaube ich iſt
ſaͤmtlichen Kurfuͤrſten der Vorrang vor allen Koͤnigen und
Fuͤrſten nur in quibuscunqe actibus ad Curiam ipſam
ſpectantibus
[die unmittelbar zum Reichshofe gehoͤren]
dem Koͤnige in Boͤhmen aber auch noch vorzugsweiſe in
omnibus ſingulis locis
[bey andern Vorfallenheiten, die
gelegentlich in celebracione Curiarum huiusmodi ſich
ereignen koͤnnen] et actibus antedictis [und wie ſchon ge-
dacht, bey den Solennitaͤten, die unmittelbar zum Reichs-
hofe gehoͤren.] Ich zweifle, ob ſich gegen dieſe ungekuͤn-
ſtelte Auslegung erhebliche Einwendungen machen laſſen.
b] Moſers auswaͤrt. Staatsr. 3. B. 4. K. §. 7. S. 216.
c] Ebendaſ. S. 217.
d] Ebendaſ. S. 236.
e] Schmauß Corp. Jur. Publ. Acad. 2. Th. S. 1080.
f] Moſer am ang. O. S. 236. Man vergl. Speners teut-
ſches Staatsrecht 7. Th. 5. B. 1. K. §. 2. Not. n. S. 16.
g] Wie in aͤltern Zeiten ein Erzbiſchof von Magdeburg, ein
Herzog von Bayern, ſich zuweilen den Kurfuͤrſten vor-
draͤngen wolten. ſ. Spener am angef. O. S. 20. u. f.
h] Jedoch ſchreibt man es dieſer Rangdifferenz zu, daß 1695
der Erzherzog von Oeſterreich, bey Anweſenheit des Kur-
fuͤrſten von Sachſen zu Wien, die Zuſammenkunft am drit-
ten Orte vermieden habe. Zwanzig 1. Th. Tit. 51. Auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <note place="end" n="a]"><pb facs="#f0286" n="260"/><fw place="top" type="header">Von der ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen Gleichheit</fw><lb/>
wohl einerley Rechte zuge&#x017F;tanden wu&#x0364;rden, &#x017F;o ko&#x0364;nnte eine<lb/>
dergleichen Bo&#x0364;hmen allein angehende Verfu&#x0364;gung mit dem<lb/>
Verlangen des Kai&#x017F;ers nicht be&#x017F;tehn, daß die Kurfu&#x0364;r&#x017F;ten in<lb/>
unzertrennter Ordnung einander folgen &#x017F;olten, welches aber<lb/>
nicht mo&#x0364;glich wa&#x0364;re, wenn die fremden Ko&#x0364;nige zwar nicht<lb/>
dem Ko&#x0364;nige von Bo&#x0364;hmen aber den u&#x0364;brigen Kurfu&#x0364;r&#x017F;ten vor-<lb/>
gehn du&#x0364;rften. Mir &#x017F;cheint in die&#x017F;em Kapitel allerdings<lb/>
dem Ko&#x0364;nige in Bo&#x0364;hmen ein gewi&#x017F;&#x017F;er Vorzug, aber nur<lb/>
nicht ihm allein der Rang vor den Ko&#x0364;nigen zuge&#x017F;tanden<lb/>
zu &#x017F;eyn. Den ziemlich klaren Worten nach glaube ich i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;a&#x0364;mtlichen Kurfu&#x0364;r&#x017F;ten der Vorrang vor allen Ko&#x0364;nigen und<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten nur <hi rendition="#aq">in quibuscunqe actibus <hi rendition="#i">ad Curiam ip&#x017F;am<lb/>
&#x017F;pectantibus</hi></hi> [die unmittelbar zum Reichshofe geho&#x0364;ren]<lb/>
dem Ko&#x0364;nige in Bo&#x0364;hmen aber auch noch vorzugswei&#x017F;e <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">in<lb/>
omnibus &#x017F;ingulis locis</hi></hi> [bey andern Vorfallenheiten, die<lb/>
gelegentlich <hi rendition="#aq">in celebracione Curiarum huiusmodi</hi> &#x017F;ich<lb/>
ereignen ko&#x0364;nnen] <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">et</hi> actibus antedictis</hi> [und wie &#x017F;chon ge-<lb/>
dacht, bey den Solennita&#x0364;ten, die unmittelbar zum Reichs-<lb/>
hofe geho&#x0364;ren.] Ich zweifle, ob &#x017F;ich gegen die&#x017F;e ungeku&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;telte Auslegung erhebliche Einwendungen machen la&#x017F;&#x017F;en.</note><lb/>
            <note place="end" n="b]">Mo&#x017F;ers auswa&#x0364;rt. Staatsr. 3. B. 4. K. §. 7. S. 216.</note><lb/>
            <note place="end" n="c]">Ebenda&#x017F;. S. 217.</note><lb/>
            <note place="end" n="d]">Ebenda&#x017F;. S. 236.</note><lb/>
            <note place="end" n="e]">Schmauß <hi rendition="#aq">Corp. Jur. Publ. Acad.</hi> 2. Th. S. 1080.</note><lb/>
            <note place="end" n="f]">Mo&#x017F;er am ang. O. S. 236. Man vergl. <hi rendition="#fr">Speners</hi> teut-<lb/>
&#x017F;ches Staatsrecht 7. Th. 5. B. 1. K. §. 2. <hi rendition="#aq">Not. n.</hi> S. 16.</note><lb/>
            <note place="end" n="g]">Wie in a&#x0364;ltern Zeiten ein Erzbi&#x017F;chof von Magdeburg, ein<lb/>
Herzog von Bayern, &#x017F;ich zuweilen den Kurfu&#x0364;r&#x017F;ten vor-<lb/>
dra&#x0364;ngen wolten. &#x017F;. <hi rendition="#fr">Spener</hi> am angef. O. S. 20. u. f.</note><lb/>
            <note place="end" n="h]">Jedoch &#x017F;chreibt man es die&#x017F;er Rangdifferenz zu, daß 1695<lb/>
der Erzherzog von Oe&#x017F;terreich, bey Anwe&#x017F;enheit des Kur-<lb/>
fu&#x0364;r&#x017F;ten von Sach&#x017F;en zu Wien, die Zu&#x017F;ammenkunft am drit-<lb/>
ten Orte vermieden habe. Zwanzig 1. Th. Tit. 51. Auch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;oll</fw><lb/></note>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0286] Von der urſpruͤnglichen Gleichheit a] wohl einerley Rechte zugeſtanden wuͤrden, ſo koͤnnte eine dergleichen Boͤhmen allein angehende Verfuͤgung mit dem Verlangen des Kaiſers nicht beſtehn, daß die Kurfuͤrſten in unzertrennter Ordnung einander folgen ſolten, welches aber nicht moͤglich waͤre, wenn die fremden Koͤnige zwar nicht dem Koͤnige von Boͤhmen aber den uͤbrigen Kurfuͤrſten vor- gehn duͤrften. Mir ſcheint in dieſem Kapitel allerdings dem Koͤnige in Boͤhmen ein gewiſſer Vorzug, aber nur nicht ihm allein der Rang vor den Koͤnigen zugeſtanden zu ſeyn. Den ziemlich klaren Worten nach glaube ich iſt ſaͤmtlichen Kurfuͤrſten der Vorrang vor allen Koͤnigen und Fuͤrſten nur in quibuscunqe actibus ad Curiam ipſam ſpectantibus [die unmittelbar zum Reichshofe gehoͤren] dem Koͤnige in Boͤhmen aber auch noch vorzugsweiſe in omnibus ſingulis locis [bey andern Vorfallenheiten, die gelegentlich in celebracione Curiarum huiusmodi ſich ereignen koͤnnen] et actibus antedictis [und wie ſchon ge- dacht, bey den Solennitaͤten, die unmittelbar zum Reichs- hofe gehoͤren.] Ich zweifle, ob ſich gegen dieſe ungekuͤn- ſtelte Auslegung erhebliche Einwendungen machen laſſen. b] Moſers auswaͤrt. Staatsr. 3. B. 4. K. §. 7. S. 216. c] Ebendaſ. S. 217. d] Ebendaſ. S. 236. e] Schmauß Corp. Jur. Publ. Acad. 2. Th. S. 1080. f] Moſer am ang. O. S. 236. Man vergl. Speners teut- ſches Staatsrecht 7. Th. 5. B. 1. K. §. 2. Not. n. S. 16. g] Wie in aͤltern Zeiten ein Erzbiſchof von Magdeburg, ein Herzog von Bayern, ſich zuweilen den Kurfuͤrſten vor- draͤngen wolten. ſ. Spener am angef. O. S. 20. u. f. h] Jedoch ſchreibt man es dieſer Rangdifferenz zu, daß 1695 der Erzherzog von Oeſterreich, bey Anweſenheit des Kur- fuͤrſten von Sachſen zu Wien, die Zuſammenkunft am drit- ten Orte vermieden habe. Zwanzig 1. Th. Tit. 51. Auch ſoll

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/286
Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/286>, abgerufen am 24.04.2024.