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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Handlungen nach ihrem Gefallen einzurichten.

Die leider nur zu öftere Uebertretung dieses natürli-
chen Gesetzes und die häufigen Klagen darüber b] haben
deshalb verschiedene besondere Verträge unter den euro-
päischen Nazionen veranlaßt, worinn sie einander ver-
sprochen, sich in die Regierungshändel gewisser Staaten
nicht zu mischen.

Frankreich z. B. will nach dem pyrenäischen Frie-
den von 1659, Art. 60. sich der Einmischung in die por-
tugiesischen Händel enthalten.

Der römische Kaiser soll, vermöge des Lübecker
Friedens mit Dänemark 1629, Art. 2. 3. eben so wenig
an der Regierung in Dänemark, als diese Krone an der
Regierung des Kaisers im Reiche etwas zu verbessern
suchen, oder erstere sich in die teutschen Sachen überhaupt
weiter, als wegen Holstein mischen.

Rußland versprach, in die innern Angelegenheiten
des Königreichs Schweden, insonderheit was die von
den Ständen des Reichs einhellig beliebte Regierungs-
form und Successionsart betrift, sich weder directe noch
indirecte zu mischen. Neustädter Friede 1721 Art. 7.

Ein gleiches sicherte eben diese Macht in Ansehung
der polnischen Staatssachen zu, im Frieden mit der
Pforte zu Constantinopel 1712, Art. 1. und zu Adria-
nopel 1713, Art. 1.

Zuweilen verbinden auch wohl die Stände eines
Reichs ihren Regenten, nicht zuzugeben, daß auswär-
tige Nazionen sich in die Staatsgeschäfte mischen, wie
z. B. die teutschen Reichsstände den Kaiser, welcher
Art. 28. §. 1. der Wahlcapitulation verspricht: Wir
sollen und wollen [zu Verhütung allerhand Simultäten
und daraus entstehender gefährlichen Weiterung] nicht
gestatten, daß die auswärtigen Gewälte oder deren
Gesandte sich heim- oder öffentlich in die Reichssachen
mischen.

Auch
Handlungen nach ihrem Gefallen einzurichten.

Die leider nur zu oͤftere Uebertretung dieſes natuͤrli-
chen Geſetzes und die haͤufigen Klagen daruͤber b] haben
deshalb verſchiedene beſondere Vertraͤge unter den euro-
paͤiſchen Nazionen veranlaßt, worinn ſie einander ver-
ſprochen, ſich in die Regierungshaͤndel gewiſſer Staaten
nicht zu miſchen.

Frankreich z. B. will nach dem pyrenaͤiſchen Frie-
den von 1659, Art. 60. ſich der Einmiſchung in die por-
tugieſiſchen Haͤndel enthalten.

Der roͤmiſche Kaiſer ſoll, vermoͤge des Luͤbecker
Friedens mit Daͤnemark 1629, Art. 2. 3. eben ſo wenig
an der Regierung in Daͤnemark, als dieſe Krone an der
Regierung des Kaiſers im Reiche etwas zu verbeſſern
ſuchen, oder erſtere ſich in die teutſchen Sachen uͤberhaupt
weiter, als wegen Holſtein miſchen.

Rußland verſprach, in die innern Angelegenheiten
des Koͤnigreichs Schweden, inſonderheit was die von
den Staͤnden des Reichs einhellig beliebte Regierungs-
form und Succeſſionsart betrift, ſich weder directe noch
indirecte zu miſchen. Neuſtaͤdter Friede 1721 Art. 7.

Ein gleiches ſicherte eben dieſe Macht in Anſehung
der polniſchen Staatsſachen zu, im Frieden mit der
Pforte zu Conſtantinopel 1712, Art. 1. und zu Adria-
nopel 1713, Art. 1.

Zuweilen verbinden auch wohl die Staͤnde eines
Reichs ihren Regenten, nicht zuzugeben, daß auswaͤr-
tige Nazionen ſich in die Staatsgeſchaͤfte miſchen, wie
z. B. die teutſchen Reichsſtaͤnde den Kaiſer, welcher
Art. 28. §. 1. der Wahlcapitulation verſpricht: Wir
ſollen und wollen [zu Verhuͤtung allerhand Simultaͤten
und daraus entſtehender gefaͤhrlichen Weiterung] nicht
geſtatten, daß die auswaͤrtigen Gewaͤlte oder deren
Geſandte ſich heim- oder oͤffentlich in die Reichsſachen
miſchen.

Auch
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[285/0311] Handlungen nach ihrem Gefallen einzurichten. Die leider nur zu oͤftere Uebertretung dieſes natuͤrli- chen Geſetzes und die haͤufigen Klagen daruͤber b] haben deshalb verſchiedene beſondere Vertraͤge unter den euro- paͤiſchen Nazionen veranlaßt, worinn ſie einander ver- ſprochen, ſich in die Regierungshaͤndel gewiſſer Staaten nicht zu miſchen. Frankreich z. B. will nach dem pyrenaͤiſchen Frie- den von 1659, Art. 60. ſich der Einmiſchung in die por- tugieſiſchen Haͤndel enthalten. Der roͤmiſche Kaiſer ſoll, vermoͤge des Luͤbecker Friedens mit Daͤnemark 1629, Art. 2. 3. eben ſo wenig an der Regierung in Daͤnemark, als dieſe Krone an der Regierung des Kaiſers im Reiche etwas zu verbeſſern ſuchen, oder erſtere ſich in die teutſchen Sachen uͤberhaupt weiter, als wegen Holſtein miſchen. Rußland verſprach, in die innern Angelegenheiten des Koͤnigreichs Schweden, inſonderheit was die von den Staͤnden des Reichs einhellig beliebte Regierungs- form und Succeſſionsart betrift, ſich weder directe noch indirecte zu miſchen. Neuſtaͤdter Friede 1721 Art. 7. Ein gleiches ſicherte eben dieſe Macht in Anſehung der polniſchen Staatsſachen zu, im Frieden mit der Pforte zu Conſtantinopel 1712, Art. 1. und zu Adria- nopel 1713, Art. 1. Zuweilen verbinden auch wohl die Staͤnde eines Reichs ihren Regenten, nicht zuzugeben, daß auswaͤr- tige Nazionen ſich in die Staatsgeſchaͤfte miſchen, wie z. B. die teutſchen Reichsſtaͤnde den Kaiſer, welcher Art. 28. §. 1. der Wahlcapitulation verſpricht: Wir ſollen und wollen [zu Verhuͤtung allerhand Simultaͤten und daraus entſtehender gefaͤhrlichen Weiterung] nicht geſtatten, daß die auswaͤrtigen Gewaͤlte oder deren Geſandte ſich heim- oder oͤffentlich in die Reichsſachen miſchen. Auch

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/311>, abgerufen am 28.03.2024.