Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Macht der Nazionen.
Verfassung, gegen die ungerechten und gewaltsamen
Schritte, die dabey unvermeidlich wären, zu vielen
Widerstand finden. Gesetzt aber auch, daß er das Ziel
seiner Wünsche erreichte, so würde dieses ungeheuere
Gebäude, seiner eignen Größe wegen, von selbst bald
wieder zerfallen, da es nothwendig beständigen innern
Gefahren und Erschütterungen ausgesetzt seyn müste.
Von ieher suchten aber auch die Nazionen, theils aus
Neid, theils um ihrer eignen Erhaltung und Sicherheit
willen b] zu verhindern, daß ein Staat zu einer Macht
anwachse, die ihnen sämtlich den Untergang zu drohn im
Stande wäre c]. Sie befolgten hierin den sehr ver-
nünftigen Grundsatz, welcher in neuern Zeiten das
System des Gleichgewichts erzeugt, Benennung und
mehrere Ausbildung erhalten hat.

a] s. des Freiherrn von Bielefeld, Lehrbegriff der Staats-
kunst 2. Th. 4. Hauptst. §. 19. und Ad. Rechenberg
diss an monarchia uniuersalis in Europa sit expectan.
da?
in seiner diss. hist. n. XII.
b] Cette balance politique nait naturellement de la jalou-
sie reciproque, iuste et raisonnable des societes et des
nations, v. Herzberg
am nachher angeführten Orte.
c] Beispiele aus den ältern Zeiten findet man in Tesmari
not.
und Cocceji Comment. ad Grot. J. B. et P. L. II.
c. I.
§. 17.
*] Es giebt eine Menge besonderer Schriftsteller über das
Gleichgewicht. Die vorzüglichsten sind:
Io. Iac. Lehmanni trutina vulgo bilanx Europae nor-
ma belli pacisque hactenus a summis imperantibus
habita etc. Ienae
1716 8.
Ge. Lud. Erasm. de Huldenberg diss. de aequilibrii
alioque legali juris gentium arbitrio in gentium

Von der Macht der Nazionen.
Verfaſſung, gegen die ungerechten und gewaltſamen
Schritte, die dabey unvermeidlich waͤren, zu vielen
Widerſtand finden. Geſetzt aber auch, daß er das Ziel
ſeiner Wuͤnſche erreichte, ſo wuͤrde dieſes ungeheuere
Gebaͤude, ſeiner eignen Groͤße wegen, von ſelbſt bald
wieder zerfallen, da es nothwendig beſtaͤndigen innern
Gefahren und Erſchuͤtterungen ausgeſetzt ſeyn muͤſte.
Von ieher ſuchten aber auch die Nazionen, theils aus
Neid, theils um ihrer eignen Erhaltung und Sicherheit
willen b] zu verhindern, daß ein Staat zu einer Macht
anwachſe, die ihnen ſaͤmtlich den Untergang zu drohn im
Stande waͤre c]. Sie befolgten hierin den ſehr ver-
nuͤnftigen Grundſatz, welcher in neuern Zeiten das
Syſtem des Gleichgewichts erzeugt, Benennung und
mehrere Ausbildung erhalten hat.

a] ſ. des Freiherrn von Bielefeld, Lehrbegriff der Staats-
kunſt 2. Th. 4. Hauptſt. §. 19. und Ad. Rechenberg
diſſ an monarchia uniuerſalis in Europa ſit expectan.
da?
in ſeiner diſſ. hiſt. n. XII.
b] Cette balance politique nait naturellement de la jalou-
ſie reciproque, iuſte et raiſonnable des ſocietés et des
nations, v. Herzberg
am nachher angefuͤhrten Orte.
c] Beiſpiele aus den aͤltern Zeiten findet man in Teſmari
not.
und Cocceji Comment. ad Grot. J. B. et P. L. II.
c. I.
§. 17.
*] Es giebt eine Menge beſonderer Schriftſteller uͤber das
Gleichgewicht. Die vorzuͤglichſten ſind:
Io. Iac. Lehmanni trutina vulgo bilanx Europae nor-
ma belli pacisque hactenus a ſummis imperantibus
habita etc. Ienae
1716 8.
Ge. Lud. Erasm. de Huldenberg diſſ. de aequilibrii
alioque legali juris gentium arbitrio in gentium

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0352" n="326"/><fw place="top" type="header">Von der Macht der Nazionen.</fw><lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;ung, gegen die ungerechten und gewalt&#x017F;amen<lb/>
Schritte, die dabey unvermeidlich wa&#x0364;ren, zu vielen<lb/>
Wider&#x017F;tand finden. Ge&#x017F;etzt aber auch, daß er das Ziel<lb/>
&#x017F;einer Wu&#x0364;n&#x017F;che erreichte, &#x017F;o wu&#x0364;rde die&#x017F;es ungeheuere<lb/>
Geba&#x0364;ude, &#x017F;einer eignen Gro&#x0364;ße wegen, von &#x017F;elb&#x017F;t bald<lb/>
wieder zerfallen, da es nothwendig be&#x017F;ta&#x0364;ndigen innern<lb/>
Gefahren und Er&#x017F;chu&#x0364;tterungen ausge&#x017F;etzt &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;te.<lb/>
Von ieher &#x017F;uchten aber auch die Nazionen, theils aus<lb/>
Neid, theils um ihrer eignen Erhaltung und Sicherheit<lb/>
willen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">b</hi></hi>] zu verhindern, daß ein Staat zu einer Macht<lb/>
anwach&#x017F;e, die ihnen &#x017F;a&#x0364;mtlich den Untergang zu drohn im<lb/>
Stande wa&#x0364;re <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">c</hi></hi>]. Sie befolgten hierin den &#x017F;ehr ver-<lb/>
nu&#x0364;nftigen Grund&#x017F;atz, welcher in neuern Zeiten das<lb/>
Sy&#x017F;tem des Gleichgewichts erzeugt, Benennung und<lb/>
mehrere Ausbildung erhalten hat.</p><lb/>
            <note place="end" n="a]">&#x017F;. des Freiherrn von <hi rendition="#fr">Bielefeld</hi>, Lehrbegriff der Staats-<lb/>
kun&#x017F;t 2. Th. 4. Haupt&#x017F;t. §. 19. und <hi rendition="#aq">Ad. <hi rendition="#i">Rechenberg</hi><lb/>
di&#x017F;&#x017F; an monarchia uniuer&#x017F;alis in Europa &#x017F;it expectan.<lb/>
da?</hi> in &#x017F;einer <hi rendition="#aq">di&#x017F;&#x017F;. hi&#x017F;t. n. XII.</hi></note><lb/>
            <note place="end" n="b]"><hi rendition="#aq">Cette balance politique nait naturellement de la jalou-<lb/>
&#x017F;ie reciproque, iu&#x017F;te et rai&#x017F;onnable des &#x017F;ocietés et des<lb/>
nations, v. Herzberg</hi> am nachher angefu&#x0364;hrten Orte.</note><lb/>
            <note place="end" n="c]">Bei&#x017F;piele aus den a&#x0364;ltern Zeiten findet man in <hi rendition="#aq">Te&#x017F;mari<lb/>
not.</hi> und <hi rendition="#aq">Cocceji Comment. ad Grot. J. B. et P. L. II.<lb/>
c. I.</hi> §. 17.</note><lb/>
            <note place="end" n="*]">Es giebt eine Menge be&#x017F;onderer Schrift&#x017F;teller u&#x0364;ber das<lb/>
Gleichgewicht. Die vorzu&#x0364;glich&#x017F;ten &#x017F;ind:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">Io. Iac. <hi rendition="#i">Lehmanni</hi> trutina vulgo bilanx Europae nor-<lb/>
ma belli pacisque hactenus a &#x017F;ummis imperantibus<lb/>
habita etc. Ienae</hi> 1716 8.<lb/><hi rendition="#aq">Ge. Lud. Erasm. de <hi rendition="#i">Huldenberg</hi> di&#x017F;&#x017F;. de aequilibrii<lb/>
alioque legali juris gentium arbitrio in gentium</hi></hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">con-</hi></fw><lb/></note>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[326/0352] Von der Macht der Nazionen. Verfaſſung, gegen die ungerechten und gewaltſamen Schritte, die dabey unvermeidlich waͤren, zu vielen Widerſtand finden. Geſetzt aber auch, daß er das Ziel ſeiner Wuͤnſche erreichte, ſo wuͤrde dieſes ungeheuere Gebaͤude, ſeiner eignen Groͤße wegen, von ſelbſt bald wieder zerfallen, da es nothwendig beſtaͤndigen innern Gefahren und Erſchuͤtterungen ausgeſetzt ſeyn muͤſte. Von ieher ſuchten aber auch die Nazionen, theils aus Neid, theils um ihrer eignen Erhaltung und Sicherheit willen b] zu verhindern, daß ein Staat zu einer Macht anwachſe, die ihnen ſaͤmtlich den Untergang zu drohn im Stande waͤre c]. Sie befolgten hierin den ſehr ver- nuͤnftigen Grundſatz, welcher in neuern Zeiten das Syſtem des Gleichgewichts erzeugt, Benennung und mehrere Ausbildung erhalten hat. a] ſ. des Freiherrn von Bielefeld, Lehrbegriff der Staats- kunſt 2. Th. 4. Hauptſt. §. 19. und Ad. Rechenberg diſſ an monarchia uniuerſalis in Europa ſit expectan. da? in ſeiner diſſ. hiſt. n. XII. b] Cette balance politique nait naturellement de la jalou- ſie reciproque, iuſte et raiſonnable des ſocietés et des nations, v. Herzberg am nachher angefuͤhrten Orte. c] Beiſpiele aus den aͤltern Zeiten findet man in Teſmari not. und Cocceji Comment. ad Grot. J. B. et P. L. II. c. I. §. 17. *] Es giebt eine Menge beſonderer Schriftſteller uͤber das Gleichgewicht. Die vorzuͤglichſten ſind: Io. Iac. Lehmanni trutina vulgo bilanx Europae nor- ma belli pacisque hactenus a ſummis imperantibus habita etc. Ienae 1716 8. Ge. Lud. Erasm. de Huldenberg diſſ. de aequilibrii alioque legali juris gentium arbitrio in gentium con-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/352
Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/352>, abgerufen am 19.04.2024.