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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von der Macht der Nazionen
Oesterreich blieb im Besitz des grösten Theils der spani-
schen Lande in Italien, Sicilien ausgenommen, welches
an Savoyen kam. In der Folge erwarb die spanische
Linie des Hauses Burbon in der Quadrupelallianz, dem
Wiener und Aachner Frieden etc. ansehnliche Lande, als
Neapel, Sicilien und Parma. Im Jahr 1752 errichte-
ten Spanien, Sardinien und Oesterreich des Gleichge-
wichts und der Ruhe in Italien wegen einen Tractat a],
und der König von Sicilien stelte, als er 1759 die Kron
Spanien erhielt, und ersteres Reich seinem dritten Prin-
zen abtrat, zugleich fest, daß diese beiden Königreiche
in Zukunft iederzeit von einander getrennt und von ver-
schiedenen Regenten beherscht werden solten. Itzt ist
seit langer Zeit von einer Gefahr in Ansehung dieses
Gleichgewichts nichts zu vernehmen gewesen b].

a] Mosers Beiträge in Friedensz. 1. Th. S. 79.
b] Ebendesselben Versuch 1. Th. S. 73. u. f.
§. 22.
Gleichgewicht im teutschen Reiche.

Teutschland komt in Rücksicht des Gleichgewichts
doppelt in Anschlag. Einmal trägt die constitutions-
mäsige Fortdauer dieser aus mehrern obgleich nicht völlig
souverainen Staaten zusammengesezten sonderbaren Mo-
narchie zu Erhaltung des algemeinen Gleichgewichts in
Europa nicht wenig bey; wie dies die übrigen Nazionen
bey verschiedenen Gelegenheiten erkant haben. Dann
aber hängt iene Fortdauer selbst von einem gewissen
Gleichgewichte der Macht unter den einzelnen Gliedern
dieses Staatskörpers gegeneinander und gegen dessen
Oberhaupt ab. Je enger die Verbindung ist, worinn
mehrere Staaten leben, und ie nothwendiger die Be-

ob-

Von der Macht der Nazionen
Oeſterreich blieb im Beſitz des groͤſten Theils der ſpani-
ſchen Lande in Italien, Sicilien ausgenommen, welches
an Savoyen kam. In der Folge erwarb die ſpaniſche
Linie des Hauſes Burbon in der Quadrupelallianz, dem
Wiener und Aachner Frieden ꝛc. anſehnliche Lande, als
Neapel, Sicilien und Parma. Im Jahr 1752 errichte-
ten Spanien, Sardinien und Oeſterreich des Gleichge-
wichts und der Ruhe in Italien wegen einen Tractat a],
und der Koͤnig von Sicilien ſtelte, als er 1759 die Kron
Spanien erhielt, und erſteres Reich ſeinem dritten Prin-
zen abtrat, zugleich feſt, daß dieſe beiden Koͤnigreiche
in Zukunft iederzeit von einander getrennt und von ver-
ſchiedenen Regenten beherſcht werden ſolten. Itzt iſt
ſeit langer Zeit von einer Gefahr in Anſehung dieſes
Gleichgewichts nichts zu vernehmen geweſen b].

a] Moſers Beitraͤge in Friedensz. 1. Th. S. 79.
b] Ebendeſſelben Verſuch 1. Th. S. 73. u. f.
§. 22.
Gleichgewicht im teutſchen Reiche.

Teutſchland komt in Ruͤckſicht des Gleichgewichts
doppelt in Anſchlag. Einmal traͤgt die conſtitutions-
maͤſige Fortdauer dieſer aus mehrern obgleich nicht voͤllig
ſouverainen Staaten zuſammengeſezten ſonderbaren Mo-
narchie zu Erhaltung des algemeinen Gleichgewichts in
Europa nicht wenig bey; wie dies die uͤbrigen Nazionen
bey verſchiedenen Gelegenheiten erkant haben. Dann
aber haͤngt iene Fortdauer ſelbſt von einem gewiſſen
Gleichgewichte der Macht unter den einzelnen Gliedern
dieſes Staatskoͤrpers gegeneinander und gegen deſſen
Oberhaupt ab. Je enger die Verbindung iſt, worinn
mehrere Staaten leben, und ie nothwendiger die Be-

ob-
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[376/0402] Von der Macht der Nazionen Oeſterreich blieb im Beſitz des groͤſten Theils der ſpani- ſchen Lande in Italien, Sicilien ausgenommen, welches an Savoyen kam. In der Folge erwarb die ſpaniſche Linie des Hauſes Burbon in der Quadrupelallianz, dem Wiener und Aachner Frieden ꝛc. anſehnliche Lande, als Neapel, Sicilien und Parma. Im Jahr 1752 errichte- ten Spanien, Sardinien und Oeſterreich des Gleichge- wichts und der Ruhe in Italien wegen einen Tractat a], und der Koͤnig von Sicilien ſtelte, als er 1759 die Kron Spanien erhielt, und erſteres Reich ſeinem dritten Prin- zen abtrat, zugleich feſt, daß dieſe beiden Koͤnigreiche in Zukunft iederzeit von einander getrennt und von ver- ſchiedenen Regenten beherſcht werden ſolten. Itzt iſt ſeit langer Zeit von einer Gefahr in Anſehung dieſes Gleichgewichts nichts zu vernehmen geweſen b]. a] Moſers Beitraͤge in Friedensz. 1. Th. S. 79. b] Ebendeſſelben Verſuch 1. Th. S. 73. u. f. §. 22. Gleichgewicht im teutſchen Reiche. Teutſchland komt in Ruͤckſicht des Gleichgewichts doppelt in Anſchlag. Einmal traͤgt die conſtitutions- maͤſige Fortdauer dieſer aus mehrern obgleich nicht voͤllig ſouverainen Staaten zuſammengeſezten ſonderbaren Mo- narchie zu Erhaltung des algemeinen Gleichgewichts in Europa nicht wenig bey; wie dies die uͤbrigen Nazionen bey verſchiedenen Gelegenheiten erkant haben. Dann aber haͤngt iene Fortdauer ſelbſt von einem gewiſſen Gleichgewichte der Macht unter den einzelnen Gliedern dieſes Staatskoͤrpers gegeneinander und gegen deſſen Oberhaupt ab. Je enger die Verbindung iſt, worinn mehrere Staaten leben, und ie nothwendiger die Be- ob-

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/402>, abgerufen am 18.04.2024.