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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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Von dem Eigenthum und Gebiete der Völker
der Staatsvereine, ganze Völker auf diese Art an sich
bringen, wird ihr Eigenthum, das sie, mit Aus-
schlus aller übrigen, nach ihrem Gefallen zu gebrauchen
berechtigt sind.

*] Io. Henr. Berger Diss. de exordio proprietatis s. ori-
gine dominii, Witeb.
1709.
Chr. Thomasius, Diss. de dominio ejusque natura.
Hal.
1730.
§. 2.
Dessen Erwerb.

Alle Dinge waren ursprünglich ohne einen bestimm-
ten Eigenthümer, [res nullius] obschon alle Menschen
das Recht hatten, sich derselben ohne Unterschied zu
ihrer Erhaltung und Vervolkommung zu bedienen.
Es war iedem selbst überlassen, so viel als er hierzu
nöthig fand, an sich zu nehmen. Wer eine Sache
zuerst zu seinem Gebrauch ergrif, dem gehörte dieselbe,
so lange er sich ihrer bediente, eigenthümlich. Niemand
war befugt, ihn an dieser Ergreifung zu hindern, weil
keiner ein mehreres Recht auf die Sache hatte. Es
war den andern frey, von den noch übrigen Güthern
sich ebenfalls das Nöthige zu bemächtigen. Dies war
die erste ursprüngliche Erwerbungsart [acquisitio origi-
naria.
] Niemanden stand auch an der einmal zu
eigen gemachten Sache nun ein Recht weiter zu, sie
müste denn von dem ersten Eigenthümer aufgegeben,
und wieder herrnlos geworden seyn, oder dieser seine
Rechte einem andern förmlich überlassen haben [acqui-
sitio derivativa.
] Jedem gebührte der wilkührliche und
ausschließliche Gebrauch, nicht nur der sich eigenthüm-
lich angemaasten Hauptsache, sondern auch aller dersel-
ben anhangenden Nutzungen und künftigen Zuwüchse
[accessiones.]

*] Aus

Von dem Eigenthum und Gebiete der Voͤlker
der Staatsvereine, ganze Voͤlker auf dieſe Art an ſich
bringen, wird ihr Eigenthum, das ſie, mit Aus-
ſchlus aller uͤbrigen, nach ihrem Gefallen zu gebrauchen
berechtigt ſind.

*] Io. Henr. Berger Diſſ. de exordio proprietatis ſ. ori-
gine dominii, Witeb.
1709.
Chr. Thomaſius, Diſſ. de dominio ejusque natura.
Hal.
1730.
§. 2.
Deſſen Erwerb.

Alle Dinge waren urſpruͤnglich ohne einen beſtimm-
ten Eigenthuͤmer, [res nullius] obſchon alle Menſchen
das Recht hatten, ſich derſelben ohne Unterſchied zu
ihrer Erhaltung und Vervolkommung zu bedienen.
Es war iedem ſelbſt uͤberlaſſen, ſo viel als er hierzu
noͤthig fand, an ſich zu nehmen. Wer eine Sache
zuerſt zu ſeinem Gebrauch ergrif, dem gehoͤrte dieſelbe,
ſo lange er ſich ihrer bediente, eigenthuͤmlich. Niemand
war befugt, ihn an dieſer Ergreifung zu hindern, weil
keiner ein mehreres Recht auf die Sache hatte. Es
war den andern frey, von den noch uͤbrigen Guͤthern
ſich ebenfalls das Noͤthige zu bemaͤchtigen. Dies war
die erſte urſpruͤngliche Erwerbungsart [acquiſitio origi-
naria.
] Niemanden ſtand auch an der einmal zu
eigen gemachten Sache nun ein Recht weiter zu, ſie
muͤſte denn von dem erſten Eigenthuͤmer aufgegeben,
und wieder herrnlos geworden ſeyn, oder dieſer ſeine
Rechte einem andern foͤrmlich uͤberlaſſen haben [acqui-
ſitio derivativa.
] Jedem gebuͤhrte der wilkuͤhrliche und
ausſchließliche Gebrauch, nicht nur der ſich eigenthuͤm-
lich angemaaſten Hauptſache, ſondern auch aller derſel-
ben anhangenden Nutzungen und kuͤnftigen Zuwuͤchſe
[acceſſiones.]

*] Aus
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[2/0016] Von dem Eigenthum und Gebiete der Voͤlker der Staatsvereine, ganze Voͤlker auf dieſe Art an ſich bringen, wird ihr Eigenthum, das ſie, mit Aus- ſchlus aller uͤbrigen, nach ihrem Gefallen zu gebrauchen berechtigt ſind. *] Io. Henr. Berger Diſſ. de exordio proprietatis ſ. ori- gine dominii, Witeb. 1709. Chr. Thomaſius, Diſſ. de dominio ejusque natura. Hal. 1730. §. 2. Deſſen Erwerb. Alle Dinge waren urſpruͤnglich ohne einen beſtimm- ten Eigenthuͤmer, [res nullius] obſchon alle Menſchen das Recht hatten, ſich derſelben ohne Unterſchied zu ihrer Erhaltung und Vervolkommung zu bedienen. Es war iedem ſelbſt uͤberlaſſen, ſo viel als er hierzu noͤthig fand, an ſich zu nehmen. Wer eine Sache zuerſt zu ſeinem Gebrauch ergrif, dem gehoͤrte dieſelbe, ſo lange er ſich ihrer bediente, eigenthuͤmlich. Niemand war befugt, ihn an dieſer Ergreifung zu hindern, weil keiner ein mehreres Recht auf die Sache hatte. Es war den andern frey, von den noch uͤbrigen Guͤthern ſich ebenfalls das Noͤthige zu bemaͤchtigen. Dies war die erſte urſpruͤngliche Erwerbungsart [acquiſitio origi- naria.] Niemanden ſtand auch an der einmal zu eigen gemachten Sache nun ein Recht weiter zu, ſie muͤſte denn von dem erſten Eigenthuͤmer aufgegeben, und wieder herrnlos geworden ſeyn, oder dieſer ſeine Rechte einem andern foͤrmlich uͤberlaſſen haben [acqui- ſitio derivativa.] Jedem gebuͤhrte der wilkuͤhrliche und ausſchließliche Gebrauch, nicht nur der ſich eigenthuͤm- lich angemaaſten Hauptſache, ſondern auch aller derſel- ben anhangenden Nutzungen und kuͤnftigen Zuwuͤchſe [acceſſiones.] *] Aus

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/16>, abgerufen am 25.04.2024.