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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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und dem ursprünglichen Erwerbe.
ganzem Umfange sich befindet, so gehören ihm ohne
Zweifel auch die vom Lande eingeschlossenen Gewässer,
grosse und kleine, fliessende oder stehende Landseen,
Ströme, Flüsse, Bäche, Teiche etc. mit ihrem Bette,
Ufern und Wasser, samt deren Benutzung ausschließ-
lich, dergestalt, daß keine andere Nazion berechtigt ist,
ohne Erlaubnis sich irgend etwas davon anzumaassen.
Sie machen einen Theil des Gebiets aus, und ein
Volk ist leicht im Stande, sich im Besitz derselben zu
erhalten, damit sie nicht wieder in natürlichen Zustand
zurückfallen.

*] Vattel L. I. c. 22. §. 274.
Franz Ludw. von Cancrin Abhandlungen von dem Was-
serrechte, sowol dem natürlichen, als positiven, vor-
nämlich aber dem teutschen, m. K. Halle 1789. 4.
besonders 1. Abh. 2. K. §. 88. u. f. S. 68. u. f.
Man trift daselbst S. 23. u. f. auch ein weitläuftiges
Verzeichnis der Schriftsteller vom Wasserrechte an.
§. 14.
Eigenthum der zwischen zwey Staaten
laufenden Flüsse
.

Ein Volk, welches ein noch unbewohntes Land in
Besitz nimt, kan allerdings auch den an der äussersten
Ausdehnung seines Gebiets etwa vorbeilaufenden Fluß
ganz sich zueignen, wenn jenseits nicht schon ein ander
Volk Rechte darauf erworben hat. Im Fall aber zwey
Nazionen von beiden Seiten zugleich das Land in Be-
sitz nehmen, oder es wenigstens von einem solchen zwey
Staaten trennenden Gewässer nicht zu erweisen ist, daß
der eine zuerst den ganzen Fluß sich zugeeignet habe, so
gehört jedem, weil sie beide gleiche Rechte darauf ha-
ben, das Eigenthum desselben bis in die Mitte; wenn
sie durch Verträge, das beste Auskunftsmittel in diesem

Stücke,
B 2

und dem urſpruͤnglichen Erwerbe.
ganzem Umfange ſich befindet, ſo gehoͤren ihm ohne
Zweifel auch die vom Lande eingeſchloſſenen Gewaͤſſer,
groſſe und kleine, flieſſende oder ſtehende Landſeen,
Stroͤme, Fluͤſſe, Baͤche, Teiche ꝛc. mit ihrem Bette,
Ufern und Waſſer, ſamt deren Benutzung ausſchließ-
lich, dergeſtalt, daß keine andere Nazion berechtigt iſt,
ohne Erlaubnis ſich irgend etwas davon anzumaaſſen.
Sie machen einen Theil des Gebiets aus, und ein
Volk iſt leicht im Stande, ſich im Beſitz derſelben zu
erhalten, damit ſie nicht wieder in natuͤrlichen Zuſtand
zuruͤckfallen.

*] Vattel L. I. c. 22. §. 274.
Franz Ludw. von Cancrin Abhandlungen von dem Waſ-
ſerrechte, ſowol dem natuͤrlichen, als poſitiven, vor-
naͤmlich aber dem teutſchen, m. K. Halle 1789. 4.
beſonders 1. Abh. 2. K. §. 88. u. f. S. 68. u. f.
Man trift daſelbſt S. 23. u. f. auch ein weitlaͤuftiges
Verzeichnis der Schriftſteller vom Waſſerrechte an.
§. 14.
Eigenthum der zwiſchen zwey Staaten
laufenden Fluͤſſe
.

Ein Volk, welches ein noch unbewohntes Land in
Beſitz nimt, kan allerdings auch den an der aͤuſſerſten
Ausdehnung ſeines Gebiets etwa vorbeilaufenden Fluß
ganz ſich zueignen, wenn jenſeits nicht ſchon ein ander
Volk Rechte darauf erworben hat. Im Fall aber zwey
Nazionen von beiden Seiten zugleich das Land in Be-
ſitz nehmen, oder es wenigſtens von einem ſolchen zwey
Staaten trennenden Gewaͤſſer nicht zu erweiſen iſt, daß
der eine zuerſt den ganzen Fluß ſich zugeeignet habe, ſo
gehoͤrt jedem, weil ſie beide gleiche Rechte darauf ha-
ben, das Eigenthum deſſelben bis in die Mitte; wenn
ſie durch Vertraͤge, das beſte Auskunftsmittel in dieſem

Stuͤcke,
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[19/0033] und dem urſpruͤnglichen Erwerbe. ganzem Umfange ſich befindet, ſo gehoͤren ihm ohne Zweifel auch die vom Lande eingeſchloſſenen Gewaͤſſer, groſſe und kleine, flieſſende oder ſtehende Landſeen, Stroͤme, Fluͤſſe, Baͤche, Teiche ꝛc. mit ihrem Bette, Ufern und Waſſer, ſamt deren Benutzung ausſchließ- lich, dergeſtalt, daß keine andere Nazion berechtigt iſt, ohne Erlaubnis ſich irgend etwas davon anzumaaſſen. Sie machen einen Theil des Gebiets aus, und ein Volk iſt leicht im Stande, ſich im Beſitz derſelben zu erhalten, damit ſie nicht wieder in natuͤrlichen Zuſtand zuruͤckfallen. *] Vattel L. I. c. 22. §. 274. Franz Ludw. von Cancrin Abhandlungen von dem Waſ- ſerrechte, ſowol dem natuͤrlichen, als poſitiven, vor- naͤmlich aber dem teutſchen, m. K. Halle 1789. 4. beſonders 1. Abh. 2. K. §. 88. u. f. S. 68. u. f. Man trift daſelbſt S. 23. u. f. auch ein weitlaͤuftiges Verzeichnis der Schriftſteller vom Waſſerrechte an. §. 14. Eigenthum der zwiſchen zwey Staaten laufenden Fluͤſſe. Ein Volk, welches ein noch unbewohntes Land in Beſitz nimt, kan allerdings auch den an der aͤuſſerſten Ausdehnung ſeines Gebiets etwa vorbeilaufenden Fluß ganz ſich zueignen, wenn jenſeits nicht ſchon ein ander Volk Rechte darauf erworben hat. Im Fall aber zwey Nazionen von beiden Seiten zugleich das Land in Be- ſitz nehmen, oder es wenigſtens von einem ſolchen zwey Staaten trennenden Gewaͤſſer nicht zu erweiſen iſt, daß der eine zuerſt den ganzen Fluß ſich zugeeignet habe, ſo gehoͤrt jedem, weil ſie beide gleiche Rechte darauf ha- ben, das Eigenthum deſſelben bis in die Mitte; wenn ſie durch Vertraͤge, das beſte Auskunftsmittel in dieſem Stuͤcke, B 2

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/33>, abgerufen am 25.04.2024.