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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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Von d. Fests. einer gewissen Regierungsform.
b] de Martens l. c. Die nähere Erläuterung über die
Regierungsformen der europäischen Staaten sehe man in
den Schriften von der Statistik. Vergl. Versuch über
den Ursprung und die Bildung der europäischen Regie-
rungsformen; in den philos. und histor. Abhandlungen
der Königl. Geselschaft der Wissenschaften in Edinburgh,
aus dem Engl. Götting 1789. S. 1 -- 122.
*] Die geringern Souverainetäten als Monaco, Bouillon,
Gersau etc. kommen hier kaum in Betrachtung, so wie
die Staaten, deren Unabhängigkeit streitig ist; zumal
die letztern grossenteils von andern Souverains mit be-
sessen werden.
§. 3.
Staatsgrundgesetze.

Vermöge der Freiheit und Unabhängigkeit hat iedes
Volk das Recht, lediglich nach eigner Wilkühr sich
eine Regierungsform zu wählen, welche es für die
beste, oder seinen Verhältnissen am zuträglichsten hält.
Dies pflegt durch gewisse Verträge zwischen dem Volke
und denen, welchen die Ausübung der höchsten Gewalt
anvertraut wird, zu geschehen. Man nennt solche
Grundverträge oder Grundgesetze des Staats
[pacta fundamentalia, leges fundamentales] und sie
geben die vorzüglichste Norm, nach welcher der Re-
gent die Regierung des Staats einzurichten verbunden
ist, und wornach die beiderseitigen Verhältnisse und
die Grenzen der Macht des Regenten zu beurteilen sind.
Das Wohl des Staats erfodert für deren Aufrechthal-
tung die vorzüglichste Sorgfalt zu tragen und solche
gegen innere und äussere Verletzungen zu verwahren a].
Indes fehlt es auch hier an Beispielen nicht, daß der-
gleichen Grundgesetze mit Concurrenz fremder Nazionen
errichtet worden b].

a] Vattel
A a 2
Von d. Feſtſ. einer gewiſſen Regierungsform.
b] de Martens l. c. Die naͤhere Erlaͤuterung uͤber die
Regierungsformen der europaͤiſchen Staaten ſehe man in
den Schriften von der Statiſtik. Vergl. Verſuch uͤber
den Urſprung und die Bildung der europaͤiſchen Regie-
rungsformen; in den philoſ. und hiſtor. Abhandlungen
der Koͤnigl. Geſelſchaft der Wiſſenſchaften in Edinburgh,
aus dem Engl. Goͤtting 1789. S. 1 — 122.
*] Die geringern Souverainetaͤten als Monaco, Bouillon,
Gerſau ꝛc. kommen hier kaum in Betrachtung, ſo wie
die Staaten, deren Unabhaͤngigkeit ſtreitig iſt; zumal
die letztern groſſenteils von andern Souverains mit be-
ſeſſen werden.
§. 3.
Staatsgrundgeſetze.

Vermoͤge der Freiheit und Unabhaͤngigkeit hat iedes
Volk das Recht, lediglich nach eigner Wilkuͤhr ſich
eine Regierungsform zu waͤhlen, welche es fuͤr die
beſte, oder ſeinen Verhaͤltniſſen am zutraͤglichſten haͤlt.
Dies pflegt durch gewiſſe Vertraͤge zwiſchen dem Volke
und denen, welchen die Ausuͤbung der hoͤchſten Gewalt
anvertraut wird, zu geſchehen. Man nennt ſolche
Grundvertraͤge oder Grundgeſetze des Staats
[pacta fundamentalia, leges fundamentales] und ſie
geben die vorzuͤglichſte Norm, nach welcher der Re-
gent die Regierung des Staats einzurichten verbunden
iſt, und wornach die beiderſeitigen Verhaͤltniſſe und
die Grenzen der Macht des Regenten zu beurteilen ſind.
Das Wohl des Staats erfodert fuͤr deren Aufrechthal-
tung die vorzuͤglichſte Sorgfalt zu tragen und ſolche
gegen innere und aͤuſſere Verletzungen zu verwahren a].
Indes fehlt es auch hier an Beiſpielen nicht, daß der-
gleichen Grundgeſetze mit Concurrenz fremder Nazionen
errichtet worden b].

a] Vattel
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[371/0385] Von d. Feſtſ. einer gewiſſen Regierungsform. b] de Martens l. c. Die naͤhere Erlaͤuterung uͤber die Regierungsformen der europaͤiſchen Staaten ſehe man in den Schriften von der Statiſtik. Vergl. Verſuch uͤber den Urſprung und die Bildung der europaͤiſchen Regie- rungsformen; in den philoſ. und hiſtor. Abhandlungen der Koͤnigl. Geſelſchaft der Wiſſenſchaften in Edinburgh, aus dem Engl. Goͤtting 1789. S. 1 — 122. *] Die geringern Souverainetaͤten als Monaco, Bouillon, Gerſau ꝛc. kommen hier kaum in Betrachtung, ſo wie die Staaten, deren Unabhaͤngigkeit ſtreitig iſt; zumal die letztern groſſenteils von andern Souverains mit be- ſeſſen werden. §. 3. Staatsgrundgeſetze. Vermoͤge der Freiheit und Unabhaͤngigkeit hat iedes Volk das Recht, lediglich nach eigner Wilkuͤhr ſich eine Regierungsform zu waͤhlen, welche es fuͤr die beſte, oder ſeinen Verhaͤltniſſen am zutraͤglichſten haͤlt. Dies pflegt durch gewiſſe Vertraͤge zwiſchen dem Volke und denen, welchen die Ausuͤbung der hoͤchſten Gewalt anvertraut wird, zu geſchehen. Man nennt ſolche Grundvertraͤge oder Grundgeſetze des Staats [pacta fundamentalia, leges fundamentales] und ſie geben die vorzuͤglichſte Norm, nach welcher der Re- gent die Regierung des Staats einzurichten verbunden iſt, und wornach die beiderſeitigen Verhaͤltniſſe und die Grenzen der Macht des Regenten zu beurteilen ſind. Das Wohl des Staats erfodert fuͤr deren Aufrechthal- tung die vorzuͤglichſte Sorgfalt zu tragen und ſolche gegen innere und aͤuſſere Verletzungen zu verwahren a]. Indes fehlt es auch hier an Beiſpielen nicht, daß der- gleichen Grundgeſetze mit Concurrenz fremder Nazionen errichtet worden b]. a] Vattel A a 2

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/385>, abgerufen am 24.04.2024.