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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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in Ans. der einzeln. Bürger u. Unterthanen.
Lande reisen und fremden mit dem russischen Reiche in
Freundschaft stehenden und neutralen Potentaten dienen
können.
§. 16.
Religion der Unterthanen.

Was die eigentliche Verfassung eines Landes in
Religions- Kirchen- und andern geistlichen Sachen an-
langet, davon soll künftig bey den einzelnen Hoheits-
rechten ausführlicher gehandelt werden. Hier will ich
nur der Religion der Unterthanen in so ferne gedenken,
als ihre Verschiedenheit auf die Dultung, Aufnahme,
Abhaltung, Vertreibung oder Verstattung gewisser
Gerechtsame derer, die sich zu einer andern Religion
als die herrschende im Lande ist, bekennen, einigen
Einflus hat. Vermöge der Freiheit und Unabhängig-
keit der Nazionen beruht es allerdings, in Gemäsheit
der bey ihnen errichteten Staatsgrundgesetze, ganz auf
ihrer Wilkühr, ob sie andere Religionsverwandten un-
ter ihre Landesbewohner auf- und in Schutz nehmen,
dulten a], und an den bürgerlichen und andern Rech-
ten Theil nehmen lassen b], oder ihnen den Aufenthalt
abschlagen, ihre Religionsübung, iedoch ohne einigen
Glaubens- und Gewissenszwang, einschränken oder sie
gar ausschaffen will c]. Wenn ihnen iedoch, nach den
Grundgesetzen des Staats einmal gewisse Rechte zuge-
standen sind, und sie denen zuwider, in ihrer Religion
zu sehr gedrückt und gekränkt werden; so ist es weder
den Unterthanen zu verargen d], wenn sie bey andern
Nazionen ihres Glaubens Hülfe und Beistand suchen,
noch diesen übel auszulegen, wenn sie sich ihrer Glau-
bensgenossen durch gütliche Vorstellungen und andere
diensame Mittel annehmen, weil alle Verwandten

einer
in Anſ. der einzeln. Buͤrger u. Unterthanen.
Lande reiſen und fremden mit dem ruſſiſchen Reiche in
Freundſchaft ſtehenden und neutralen Potentaten dienen
koͤnnen.
§. 16.
Religion der Unterthanen.

Was die eigentliche Verfaſſung eines Landes in
Religions- Kirchen- und andern geiſtlichen Sachen an-
langet, davon ſoll kuͤnftig bey den einzelnen Hoheits-
rechten ausfuͤhrlicher gehandelt werden. Hier will ich
nur der Religion der Unterthanen in ſo ferne gedenken,
als ihre Verſchiedenheit auf die Dultung, Aufnahme,
Abhaltung, Vertreibung oder Verſtattung gewiſſer
Gerechtſame derer, die ſich zu einer andern Religion
als die herrſchende im Lande iſt, bekennen, einigen
Einflus hat. Vermoͤge der Freiheit und Unabhaͤngig-
keit der Nazionen beruht es allerdings, in Gemaͤsheit
der bey ihnen errichteten Staatsgrundgeſetze, ganz auf
ihrer Wilkuͤhr, ob ſie andere Religionsverwandten un-
ter ihre Landesbewohner auf- und in Schutz nehmen,
dulten a], und an den buͤrgerlichen und andern Rech-
ten Theil nehmen laſſen b], oder ihnen den Aufenthalt
abſchlagen, ihre Religionsuͤbung, iedoch ohne einigen
Glaubens- und Gewiſſenszwang, einſchraͤnken oder ſie
gar ausſchaffen will c]. Wenn ihnen iedoch, nach den
Grundgeſetzen des Staats einmal gewiſſe Rechte zuge-
ſtanden ſind, und ſie denen zuwider, in ihrer Religion
zu ſehr gedruͤckt und gekraͤnkt werden; ſo iſt es weder
den Unterthanen zu verargen d], wenn ſie bey andern
Nazionen ihres Glaubens Huͤlfe und Beiſtand ſuchen,
noch dieſen uͤbel auszulegen, wenn ſie ſich ihrer Glau-
bensgenoſſen durch guͤtliche Vorſtellungen und andere
dienſame Mittel annehmen, weil alle Verwandten

einer
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[331/0345] in Anſ. der einzeln. Buͤrger u. Unterthanen. b] Lande reiſen und fremden mit dem ruſſiſchen Reiche in Freundſchaft ſtehenden und neutralen Potentaten dienen koͤnnen. §. 16. Religion der Unterthanen. Was die eigentliche Verfaſſung eines Landes in Religions- Kirchen- und andern geiſtlichen Sachen an- langet, davon ſoll kuͤnftig bey den einzelnen Hoheits- rechten ausfuͤhrlicher gehandelt werden. Hier will ich nur der Religion der Unterthanen in ſo ferne gedenken, als ihre Verſchiedenheit auf die Dultung, Aufnahme, Abhaltung, Vertreibung oder Verſtattung gewiſſer Gerechtſame derer, die ſich zu einer andern Religion als die herrſchende im Lande iſt, bekennen, einigen Einflus hat. Vermoͤge der Freiheit und Unabhaͤngig- keit der Nazionen beruht es allerdings, in Gemaͤsheit der bey ihnen errichteten Staatsgrundgeſetze, ganz auf ihrer Wilkuͤhr, ob ſie andere Religionsverwandten un- ter ihre Landesbewohner auf- und in Schutz nehmen, dulten a], und an den buͤrgerlichen und andern Rech- ten Theil nehmen laſſen b], oder ihnen den Aufenthalt abſchlagen, ihre Religionsuͤbung, iedoch ohne einigen Glaubens- und Gewiſſenszwang, einſchraͤnken oder ſie gar ausſchaffen will c]. Wenn ihnen iedoch, nach den Grundgeſetzen des Staats einmal gewiſſe Rechte zuge- ſtanden ſind, und ſie denen zuwider, in ihrer Religion zu ſehr gedruͤckt und gekraͤnkt werden; ſo iſt es weder den Unterthanen zu verargen d], wenn ſie bey andern Nazionen ihres Glaubens Huͤlfe und Beiſtand ſuchen, noch dieſen uͤbel auszulegen, wenn ſie ſich ihrer Glau- bensgenoſſen durch guͤtliche Vorſtellungen und andere dienſame Mittel annehmen, weil alle Verwandten einer

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/345>, abgerufen am 29.03.2024.