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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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und andern Ehrenzeichen der Regenten.
wie verschiedene Beispiele von einem und dem andern
lehren a]. Am meisten nahmen sich die Päpste dabey
heraus, die keine andere Erhebung für gültig ansehn
wolten, als welche von ihnen geschehen war. Aus
diesem Grunde erregten sie auch bekantlich gegen die
preussische Königswürde, welche Friedrich I. ohne ihr
Zuthun eigenmächtig angenommen hatte, ehemals hef-
tige Streitigkeiten b], iedoch haben sie in neuern Zei-
ten nachgegeben c]. Ueberhaupt aber räumt man heut-
zutage keinem von beiden ein Recht weiter ein, andern
Nazionen dergleichen Gesetze vorzuschreiben d], ausser
daß der Kaiser, unter andern Standeserhebungen, wie
obgedacht, zuweilen noch den Titel: Königliche Ho-
heit
zu erteilen pflegt.

a] Papst Sylvester II. erhob Ungarn von neuem zum Kö-
nigreich, Alexander III. ertheilte Alphons I. von Por-
tugal, gegen einen Zins, 1179. den Königstitel
[Schmaus Corpus I. G. Tom. I. p. 3.]. In Sici-
lien wurde Roger II. vom Gegenpapst Anaclet II. zum
König erklärt. Heinrich VIII. in Irrland, der ohne
den Papst diesen Titel annahm, erhielt auch noch von
diesem solche Würde. Kaiser Karl der Kahle erhob
Burgund zum Königreich. Ungarn gelangte durch Kaiser
Heinrich II. 906. und durch den Papst zu verschiedenen
Zeiten dazu, Sardinien verdankte diese Würde Kaiser
Friedrich I. s. Vattel droit des gens L. II. c. 3.
§. 45. Real Science du Gouvern. Tom. V. c. 4.
Sect.
6. Mosers Staatsrecht 4. Th. S. 108. ff.
6. Th. S. 35. ff. de Martens precis L. IV. c. 2.
§. 103. not. c. et d.
b] Der Papst äusserte 1701. in einem Consistorium, und
beschwerte sich über den Kaiser, daß er zur preussischen
Königswürde die Hände geboten sans considerer qu'il
n'appartenoit qu'au St. Siege de faire des rois.
Lamberty Memoires Tom. I. p.
353.

und andern Ehrenzeichen der Regenten.
wie verſchiedene Beiſpiele von einem und dem andern
lehren a]. Am meiſten nahmen ſich die Paͤpſte dabey
heraus, die keine andere Erhebung fuͤr guͤltig anſehn
wolten, als welche von ihnen geſchehen war. Aus
dieſem Grunde erregten ſie auch bekantlich gegen die
preuſſiſche Koͤnigswuͤrde, welche Friedrich I. ohne ihr
Zuthun eigenmaͤchtig angenommen hatte, ehemals hef-
tige Streitigkeiten b], iedoch haben ſie in neuern Zei-
ten nachgegeben c]. Ueberhaupt aber raͤumt man heut-
zutage keinem von beiden ein Recht weiter ein, andern
Nazionen dergleichen Geſetze vorzuſchreiben d], auſſer
daß der Kaiſer, unter andern Standeserhebungen, wie
obgedacht, zuweilen noch den Titel: Koͤnigliche Ho-
heit
zu erteilen pflegt.

a] Papſt Sylveſter II. erhob Ungarn von neuem zum Koͤ-
nigreich, Alexander III. ertheilte Alphons I. von Por-
tugal, gegen einen Zins, 1179. den Koͤnigstitel
[Schmaus Corpus I. G. Tom. I. p. 3.]. In Sici-
lien wurde Roger II. vom Gegenpapſt Anaclet II. zum
Koͤnig erklaͤrt. Heinrich VIII. in Irrland, der ohne
den Papſt dieſen Titel annahm, erhielt auch noch von
dieſem ſolche Wuͤrde. Kaiſer Karl der Kahle erhob
Burgund zum Koͤnigreich. Ungarn gelangte durch Kaiſer
Heinrich II. 906. und durch den Papſt zu verſchiedenen
Zeiten dazu, Sardinien verdankte dieſe Wuͤrde Kaiſer
Friedrich I. ſ. Vattel droit des gens L. II. c. 3.
§. 45. Real Science du Gouvern. Tom. V. c. 4.
Sect.
6. Moſers Staatsrecht 4. Th. S. 108. ff.
6. Th. S. 35. ff. de Martens précis L. IV. c. 2.
§. 103. not. c. et d.
b] Der Papſt aͤuſſerte 1701. in einem Conſiſtorium, und
beſchwerte ſich uͤber den Kaiſer, daß er zur preuſſiſchen
Koͤnigswuͤrde die Haͤnde geboten ſans conſiderer qu’il
n’appartenoit qu’au St. Siège de faire des rois.
Lamberty Memoires Tom. I. p.
353.
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[445/0459] und andern Ehrenzeichen der Regenten. wie verſchiedene Beiſpiele von einem und dem andern lehren a]. Am meiſten nahmen ſich die Paͤpſte dabey heraus, die keine andere Erhebung fuͤr guͤltig anſehn wolten, als welche von ihnen geſchehen war. Aus dieſem Grunde erregten ſie auch bekantlich gegen die preuſſiſche Koͤnigswuͤrde, welche Friedrich I. ohne ihr Zuthun eigenmaͤchtig angenommen hatte, ehemals hef- tige Streitigkeiten b], iedoch haben ſie in neuern Zei- ten nachgegeben c]. Ueberhaupt aber raͤumt man heut- zutage keinem von beiden ein Recht weiter ein, andern Nazionen dergleichen Geſetze vorzuſchreiben d], auſſer daß der Kaiſer, unter andern Standeserhebungen, wie obgedacht, zuweilen noch den Titel: Koͤnigliche Ho- heit zu erteilen pflegt. a] Papſt Sylveſter II. erhob Ungarn von neuem zum Koͤ- nigreich, Alexander III. ertheilte Alphons I. von Por- tugal, gegen einen Zins, 1179. den Koͤnigstitel [Schmaus Corpus I. G. Tom. I. p. 3.]. In Sici- lien wurde Roger II. vom Gegenpapſt Anaclet II. zum Koͤnig erklaͤrt. Heinrich VIII. in Irrland, der ohne den Papſt dieſen Titel annahm, erhielt auch noch von dieſem ſolche Wuͤrde. Kaiſer Karl der Kahle erhob Burgund zum Koͤnigreich. Ungarn gelangte durch Kaiſer Heinrich II. 906. und durch den Papſt zu verſchiedenen Zeiten dazu, Sardinien verdankte dieſe Wuͤrde Kaiſer Friedrich I. ſ. Vattel droit des gens L. II. c. 3. §. 45. Real Science du Gouvern. Tom. V. c. 4. Sect. 6. Moſers Staatsrecht 4. Th. S. 108. ff. 6. Th. S. 35. ff. de Martens précis L. IV. c. 2. §. 103. not. c. et d. b] Der Papſt aͤuſſerte 1701. in einem Conſiſtorium, und beſchwerte ſich uͤber den Kaiſer, daß er zur preuſſiſchen Koͤnigswuͤrde die Haͤnde geboten ſans conſiderer qu’il n’appartenoit qu’au St. Siège de faire des rois. Lamberty Memoires Tom. I. p. 353. ſ. Io.

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/459>, abgerufen am 23.04.2024.