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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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der Regenten gegen einander n. d. Völkerrecht.
achte, gegen die andere aber empfindlicher sey. Oeuvres
posth. du Roi de Prusse Tom. III.
*] I. Fr. Melissander diss. de majestate principum in-
violabili. Ien.
1703.
§. 3.
Beleidigungen.

Die Souverains der Nazionen müssen sich aller
persönlichen Beleidigungen gegen einander in Handlun-
gen und Schriften enthalten a], widrigenfals der andere
allerdings berechtigt ist, Genugthuung zu fodern b],
und sich solche, im Verweigerungsfall, selbst mit Ge-
walt der Waffen, zu nehmen c]. Sie dürfen auch
nicht zugeben, daß ihre Unterthanen z. B. durch belei-
digende Schriften d], Zeitungen e], Kupferstiche etc.
sich dergleichen erlauben, sondern sind verbunden, wenn
sie deren Bestrafung auch nicht freiwillig vornehmen,
doch wenigstens auf Ansuchen des beleidigten Theils,
diesem, zwar, wie obgedacht, nicht durch Auslieferung
des Verbrechers, aber doch sonst auf eine hinlängliche
Art Genugthuung zu verschaffen f]. Indes fehlt es
freilich nicht an Beispielen, daß ein Hof die Beleidi-
ger wohl gar in Schutz genommen, oder wenigstens
die Bestrafung derselben, unter mancherley Vorwand
abgelehnt hat g]. Ein incognito reisender Souverain
kann, wenn ihm, seiner Verborgenheit wegen, etwa
einige Beleidigungen wiederfahren seyn solten, nicht
allemal die strengste einem Regenten gebührende Ahn-
dung verlangen, weil hier mehr seine angenommene
Privatperson in Betrachtung komt. Ueberhaupt ist
die Unterlassung eines nicht auf verbindliche Grundsätze
beruhenden Ceremoniels, nicht sowohl für Beleidigung
als für Unhöflichkeit zu achten h].

a] In
der Regenten gegen einander n. d. Voͤlkerrecht.
achte, gegen die andere aber empfindlicher ſey. Oeuvres
poſth. du Roi de Pruſſe Tom. III.
*] I. Fr. Meliſſander diſſ. de majeſtate principum in-
violabili. Ien.
1703.
§. 3.
Beleidigungen.

Die Souverains der Nazionen muͤſſen ſich aller
perſoͤnlichen Beleidigungen gegen einander in Handlun-
gen und Schriften enthalten a], widrigenfals der andere
allerdings berechtigt iſt, Genugthuung zu fodern b],
und ſich ſolche, im Verweigerungsfall, ſelbſt mit Ge-
walt der Waffen, zu nehmen c]. Sie duͤrfen auch
nicht zugeben, daß ihre Unterthanen z. B. durch belei-
digende Schriften d], Zeitungen e], Kupferſtiche ꝛc.
ſich dergleichen erlauben, ſondern ſind verbunden, wenn
ſie deren Beſtrafung auch nicht freiwillig vornehmen,
doch wenigſtens auf Anſuchen des beleidigten Theils,
dieſem, zwar, wie obgedacht, nicht durch Auslieferung
des Verbrechers, aber doch ſonſt auf eine hinlaͤngliche
Art Genugthuung zu verſchaffen f]. Indes fehlt es
freilich nicht an Beiſpielen, daß ein Hof die Beleidi-
ger wohl gar in Schutz genommen, oder wenigſtens
die Beſtrafung derſelben, unter mancherley Vorwand
abgelehnt hat g]. Ein incognito reiſender Souverain
kann, wenn ihm, ſeiner Verborgenheit wegen, etwa
einige Beleidigungen wiederfahren ſeyn ſolten, nicht
allemal die ſtrengſte einem Regenten gebuͤhrende Ahn-
dung verlangen, weil hier mehr ſeine angenommene
Privatperſon in Betrachtung komt. Ueberhaupt iſt
die Unterlaſſung eines nicht auf verbindliche Grundſaͤtze
beruhenden Ceremoniels, nicht ſowohl fuͤr Beleidigung
als fuͤr Unhoͤflichkeit zu achten h].

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[475/0489] der Regenten gegen einander n. d. Voͤlkerrecht. b] achte, gegen die andere aber empfindlicher ſey. Oeuvres poſth. du Roi de Pruſſe Tom. III. *] I. Fr. Meliſſander diſſ. de majeſtate principum in- violabili. Ien. 1703. §. 3. Beleidigungen. Die Souverains der Nazionen muͤſſen ſich aller perſoͤnlichen Beleidigungen gegen einander in Handlun- gen und Schriften enthalten a], widrigenfals der andere allerdings berechtigt iſt, Genugthuung zu fodern b], und ſich ſolche, im Verweigerungsfall, ſelbſt mit Ge- walt der Waffen, zu nehmen c]. Sie duͤrfen auch nicht zugeben, daß ihre Unterthanen z. B. durch belei- digende Schriften d], Zeitungen e], Kupferſtiche ꝛc. ſich dergleichen erlauben, ſondern ſind verbunden, wenn ſie deren Beſtrafung auch nicht freiwillig vornehmen, doch wenigſtens auf Anſuchen des beleidigten Theils, dieſem, zwar, wie obgedacht, nicht durch Auslieferung des Verbrechers, aber doch ſonſt auf eine hinlaͤngliche Art Genugthuung zu verſchaffen f]. Indes fehlt es freilich nicht an Beiſpielen, daß ein Hof die Beleidi- ger wohl gar in Schutz genommen, oder wenigſtens die Beſtrafung derſelben, unter mancherley Vorwand abgelehnt hat g]. Ein incognito reiſender Souverain kann, wenn ihm, ſeiner Verborgenheit wegen, etwa einige Beleidigungen wiederfahren ſeyn ſolten, nicht allemal die ſtrengſte einem Regenten gebuͤhrende Ahn- dung verlangen, weil hier mehr ſeine angenommene Privatperſon in Betrachtung komt. Ueberhaupt iſt die Unterlaſſung eines nicht auf verbindliche Grundſaͤtze beruhenden Ceremoniels, nicht ſowohl fuͤr Beleidigung als fuͤr Unhoͤflichkeit zu achten h]. a] In

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/489>, abgerufen am 29.03.2024.