Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
Von dem Eigenthum und Gebiete der Völker
lien 4. Th. S. 100. u. f. M. vergl. Mosers Versuch
5. Th. S. 481.
§. 19.
Eigenthum über die durch Lande abgeson-
derte Theile des Meeres
.

Ob nun gleich die Freiheit der offenen See, oder
der grossen äussern Weltmeere, von Eigenthum und
Herschaft von ieher fast durchgängig anerkant worden,
so haben doch auch immer verschiedene Nazionen sich
der in Lande eingeschlossenen Abtheilungen des Meeres,
oder der, nach Verschiedenheit der Länder, mit beson-
dern Namen belegten Particular-Meere anzumaassen
gesucht, und es hat ihnen wenigstens nicht an Schrift-
stellern zu Behauptung ihrer Rechte gefehlt. Wenn
sämtliche Lande, welche einen solchen Theil des Meeres
umgeben, einem Volke gehören, oder wenn, wo meh-
rere daran stossen, sich erweisen liesse, daß ein Volk
zuerst denselben in Besitz genommen, und der Eingang
so beschaffen wäre, daß andere davon füglich abgehal-
ten werden könten, wie z. B. das mittländische Meer
ehemals unter der Römer Herschaft, so kan man die-
sem Volke das Recht nicht absprechen, sich einen sol-
chen Theil des Meeres zuzneignen: es würde auch leicht
im Stande seyn, theils vom Lande aus, theils mittelst
einer Flotte sich bey dem Besitze zu erhalten und andere
von dessen Gebrauch auszuschliessen. Den übrigen ge-
schieht dadurch kein Unrecht, weil ihnen noch Meer ge-
nug zur Benutzung übrig bleibt. Ich will die vor-
züglichsten Particularmeere kürzlich durchgehn, und zei-
gen, in wie ferne ein oder das andere europäische Volk
sich eines Eigenthums darüber angemaast habe, und
dann bemerken, welche dermalen gemeiniglich für frey
oder beherscht gehalten werden.

*] Gro-
Von dem Eigenthum und Gebiete der Voͤlker
lien 4. Th. S. 100. u. f. M. vergl. Moſers Verſuch
5. Th. S. 481.
§. 19.
Eigenthum uͤber die durch Lande abgeſon-
derte Theile des Meeres
.

Ob nun gleich die Freiheit der offenen See, oder
der groſſen aͤuſſern Weltmeere, von Eigenthum und
Herſchaft von ieher faſt durchgaͤngig anerkant worden,
ſo haben doch auch immer verſchiedene Nazionen ſich
der in Lande eingeſchloſſenen Abtheilungen des Meeres,
oder der, nach Verſchiedenheit der Laͤnder, mit beſon-
dern Namen belegten Particular-Meere anzumaaſſen
geſucht, und es hat ihnen wenigſtens nicht an Schrift-
ſtellern zu Behauptung ihrer Rechte gefehlt. Wenn
ſaͤmtliche Lande, welche einen ſolchen Theil des Meeres
umgeben, einem Volke gehoͤren, oder wenn, wo meh-
rere daran ſtoſſen, ſich erweiſen lieſſe, daß ein Volk
zuerſt denſelben in Beſitz genommen, und der Eingang
ſo beſchaffen waͤre, daß andere davon fuͤglich abgehal-
ten werden koͤnten, wie z. B. das mittlaͤndiſche Meer
ehemals unter der Roͤmer Herſchaft, ſo kan man die-
ſem Volke das Recht nicht abſprechen, ſich einen ſol-
chen Theil des Meeres zuzneignen: es wuͤrde auch leicht
im Stande ſeyn, theils vom Lande aus, theils mittelſt
einer Flotte ſich bey dem Beſitze zu erhalten und andere
von deſſen Gebrauch auszuſchlieſſen. Den uͤbrigen ge-
ſchieht dadurch kein Unrecht, weil ihnen noch Meer ge-
nug zur Benutzung uͤbrig bleibt. Ich will die vor-
zuͤglichſten Particularmeere kuͤrzlich durchgehn, und zei-
gen, in wie ferne ein oder das andere europaͤiſche Volk
ſich eines Eigenthums daruͤber angemaaſt habe, und
dann bemerken, welche dermalen gemeiniglich fuͤr frey
oder beherſcht gehalten werden.

*] Gro-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <note place="end" n="f]"><pb facs="#f0052" n="38"/><fw place="top" type="header">Von dem Eigenthum und Gebiete der Vo&#x0364;lker</fw><lb/>
lien 4. Th. S. 100. u. f. M. vergl. <hi rendition="#fr">Mo&#x017F;ers</hi> Ver&#x017F;uch<lb/>
5. Th. S. 481.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 19.<lb/><hi rendition="#g">Eigenthum u&#x0364;ber die durch Lande abge&#x017F;on-<lb/>
derte Theile des Meeres</hi>.</head><lb/>
              <p>Ob nun gleich die Freiheit der offenen See, oder<lb/>
der gro&#x017F;&#x017F;en a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern Weltmeere, von Eigenthum und<lb/>
Her&#x017F;chaft von ieher fa&#x017F;t durchga&#x0364;ngig anerkant worden,<lb/>
&#x017F;o haben doch auch immer ver&#x017F;chiedene Nazionen &#x017F;ich<lb/>
der in Lande einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Abtheilungen des Meeres,<lb/>
oder der, nach Ver&#x017F;chiedenheit der La&#x0364;nder, mit be&#x017F;on-<lb/>
dern Namen belegten Particular-Meere anzumaa&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ge&#x017F;ucht, und es hat ihnen wenig&#x017F;tens nicht an Schrift-<lb/>
&#x017F;tellern zu Behauptung ihrer Rechte gefehlt. Wenn<lb/>
&#x017F;a&#x0364;mtliche Lande, welche einen &#x017F;olchen Theil des Meeres<lb/>
umgeben, einem Volke geho&#x0364;ren, oder wenn, wo meh-<lb/>
rere daran &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ich erwei&#x017F;en lie&#x017F;&#x017F;e, daß ein Volk<lb/>
zuer&#x017F;t den&#x017F;elben in Be&#x017F;itz genommen, und der Eingang<lb/>
&#x017F;o be&#x017F;chaffen wa&#x0364;re, daß andere davon fu&#x0364;glich abgehal-<lb/>
ten werden ko&#x0364;nten, wie z. B. das mittla&#x0364;ndi&#x017F;che Meer<lb/>
ehemals unter der Ro&#x0364;mer Her&#x017F;chaft, &#x017F;o kan man die-<lb/>
&#x017F;em Volke das Recht nicht ab&#x017F;prechen, &#x017F;ich einen &#x017F;ol-<lb/>
chen Theil des Meeres zuzneignen: es wu&#x0364;rde auch leicht<lb/>
im Stande &#x017F;eyn, theils vom Lande aus, theils mittel&#x017F;t<lb/>
einer Flotte &#x017F;ich bey dem Be&#x017F;itze zu erhalten und andere<lb/>
von de&#x017F;&#x017F;en Gebrauch auszu&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en. Den u&#x0364;brigen ge-<lb/>
&#x017F;chieht dadurch kein Unrecht, weil ihnen noch Meer ge-<lb/>
nug zur Benutzung u&#x0364;brig bleibt. Ich will die vor-<lb/>
zu&#x0364;glich&#x017F;ten Particularmeere ku&#x0364;rzlich durchgehn, und zei-<lb/>
gen, in wie ferne ein oder das andere europa&#x0364;i&#x017F;che Volk<lb/>
&#x017F;ich eines Eigenthums daru&#x0364;ber angemaa&#x017F;t habe, und<lb/>
dann bemerken, welche dermalen gemeiniglich fu&#x0364;r frey<lb/>
oder beher&#x017F;cht gehalten werden.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">*] <hi rendition="#aq">Gro-</hi></fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0052] Von dem Eigenthum und Gebiete der Voͤlker f] lien 4. Th. S. 100. u. f. M. vergl. Moſers Verſuch 5. Th. S. 481. §. 19. Eigenthum uͤber die durch Lande abgeſon- derte Theile des Meeres. Ob nun gleich die Freiheit der offenen See, oder der groſſen aͤuſſern Weltmeere, von Eigenthum und Herſchaft von ieher faſt durchgaͤngig anerkant worden, ſo haben doch auch immer verſchiedene Nazionen ſich der in Lande eingeſchloſſenen Abtheilungen des Meeres, oder der, nach Verſchiedenheit der Laͤnder, mit beſon- dern Namen belegten Particular-Meere anzumaaſſen geſucht, und es hat ihnen wenigſtens nicht an Schrift- ſtellern zu Behauptung ihrer Rechte gefehlt. Wenn ſaͤmtliche Lande, welche einen ſolchen Theil des Meeres umgeben, einem Volke gehoͤren, oder wenn, wo meh- rere daran ſtoſſen, ſich erweiſen lieſſe, daß ein Volk zuerſt denſelben in Beſitz genommen, und der Eingang ſo beſchaffen waͤre, daß andere davon fuͤglich abgehal- ten werden koͤnten, wie z. B. das mittlaͤndiſche Meer ehemals unter der Roͤmer Herſchaft, ſo kan man die- ſem Volke das Recht nicht abſprechen, ſich einen ſol- chen Theil des Meeres zuzneignen: es wuͤrde auch leicht im Stande ſeyn, theils vom Lande aus, theils mittelſt einer Flotte ſich bey dem Beſitze zu erhalten und andere von deſſen Gebrauch auszuſchlieſſen. Den uͤbrigen ge- ſchieht dadurch kein Unrecht, weil ihnen noch Meer ge- nug zur Benutzung uͤbrig bleibt. Ich will die vor- zuͤglichſten Particularmeere kuͤrzlich durchgehn, und zei- gen, in wie ferne ein oder das andere europaͤiſche Volk ſich eines Eigenthums daruͤber angemaaſt habe, und dann bemerken, welche dermalen gemeiniglich fuͤr frey oder beherſcht gehalten werden. *] Gro-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/52
Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/52>, abgerufen am 28.03.2024.