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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
Sect. XI.
de
Prudentia status circa bellum & pacem.
§. 1-3.
Von dem Krie-
ge überhaupt.

MAn muß nicht dencken, als wenn ein homo togatus von Kriegs-
Sachen nicht sagen könnte, die daran zweiffeln, können nur
betrachten, was Cicero, der consul in Rom gewesen, zu einer
solchen Zeit, da die Republique am stärcksten floriret, gesaget: Nihil
sunt arma foris, nisi sit consilium domi.
Gleichwie die Ministres zu Hau-
se alles müssen instruiren, also müssen auch grosse Generals einen über
sich haben, und ist gut, wenn man sie melirt, erst einen Ministre, hernach
einen Soldaten, u. s. w. Wie wollte man die Soldaten im Zaum hal-
ten, wenn sie allein zu sprechen hätten. Es würde gehen, wie in Enge-
land, da die Soldaten über das Parlament seyn wollten, der Monck,
welcher selbst ein Soldat gewesen, saget doch, daß es nicht gut sey, de-
nen Soldaten so viel einzuräumen. Die Holländer lassen unter den
General-Staaten keinen General und Admiral sitzen, aber in dem Con-
seille d'Etat
sind welche, welches die execution veranstaltet, denn von der
execution kan man sich nicht excludiren, vid. Basnage in seiner Historie
von Holland. Der Autor hat die Eintheilung gut gemacht, welche er
aus dem Lipsio genommen; Dieser aber hat diese Sache admirable ver-
standen. Es kommen dreyerley membra vor, nemlich quae facienda an-
te bellum, in bello, post bellum.
Es ist besser, wenn man des Krieges
entübriget seyn kan: Denn der Krieg mag beschaffen seyn, wie er will,
so ist er ein malum. Derjenige ist einfältig, der ohne Krieg was erhal-
ten kan, und fänget doch Krieg an, die Schweitzer haben dieses dem küh-
nen Hertzog von Burgund, Carolo, vorgeworffen, welcher, wegen ei-
ner geringen Ursach, mit den Schweitzern brechen wollen. Nemlich,
es hatten einige Schweitzer einen Wagen, der den Burgundischen Un-
terthanen gehöret, geplündert, welcher aber mit nichts, als mit Schaaf-
Fellen beladen gewesen. Die Schweitzer wollten deßwegen reparation
thun, auch die jungen Bürschlein, so es gethan, dem Carolo Audaci aus-
lieffern, er wollte aber doch Krieg haben, das war was abgeschmacktes.
Mit denen Nachbaren können freylich leicht difficultäten entstehen, daß
man Krieg führen muß, semper tamen pax est praeferenda. Wenn die

Pohlen
Cap. V. De prudentia
Sect. XI.
de
Prudentia ſtatus circa bellum & pacem.
§. 1-3.
Von dem Krie-
ge uͤberhaupt.

MAn muß nicht dencken, als wenn ein homo togatus von Kriegs-
Sachen nicht ſagen koͤnnte, die daran zweiffeln, koͤnnen nur
betrachten, was Cicero, der conſul in Rom geweſen, zu einer
ſolchen Zeit, da die Republique am ſtaͤrckſten floriret, geſaget: Nihil
ſunt arma foris, niſi ſit conſilium domi.
Gleichwie die Miniſtres zu Hau-
ſe alles muͤſſen inſtruiren, alſo muͤſſen auch groſſe Generals einen uͤber
ſich haben, und iſt gut, wenn man ſie melirt, erſt einen Miniſtre, hernach
einen Soldaten, u. ſ. w. Wie wollte man die Soldaten im Zaum hal-
ten, wenn ſie allein zu ſprechen haͤtten. Es wuͤrde gehen, wie in Enge-
land, da die Soldaten uͤber das Parlament ſeyn wollten, der Monck,
welcher ſelbſt ein Soldat geweſen, ſaget doch, daß es nicht gut ſey, de-
nen Soldaten ſo viel einzuraͤumen. Die Hollaͤnder laſſen unter den
General-Staaten keinen General und Admiral ſitzen, aber in dem Con-
ſeille d’Etat
ſind welche, welches die execution veranſtaltet, denn von der
execution kan man ſich nicht excludiren, vid. Basnage in ſeiner Hiſtorie
von Holland. Der Autor hat die Eintheilung gut gemacht, welche er
aus dem Lipſio genommen; Dieſer aber hat dieſe Sache admirable ver-
ſtanden. Es kommen dreyerley membra vor, nemlich quæ facienda an-
te bellum, in bello, poſt bellum.
Es iſt beſſer, wenn man des Krieges
entuͤbriget ſeyn kan: Denn der Krieg mag beſchaffen ſeyn, wie er will,
ſo iſt er ein malum. Derjenige iſt einfaͤltig, der ohne Krieg was erhal-
ten kan, und faͤnget doch Krieg an, die Schweitzer haben dieſes dem kuͤh-
nen Hertzog von Burgund, Carolo, vorgeworffen, welcher, wegen ei-
ner geringen Urſach, mit den Schweitzern brechen wollen. Nemlich,
es hatten einige Schweitzer einen Wagen, der den Burgundiſchen Un-
terthanen gehoͤret, gepluͤndert, welcher aber mit nichts, als mit Schaaf-
Fellen beladen geweſen. Die Schweitzer wollten deßwegen reparation
thun, auch die jungen Buͤrſchlein, ſo es gethan, dem Carolo Audaci aus-
lieffern, er wollte aber doch Krieg haben, das war was abgeſchmacktes.
Mit denen Nachbaren koͤnnen freylich leicht difficultaͤten entſtehen, daß
man Krieg fuͤhren muß, ſemper tamen pax eſt præferenda. Wenn die

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[392/0412] Cap. V. De prudentia Sect. XI. de Prudentia ſtatus circa bellum & pacem. §. 1-3. MAn muß nicht dencken, als wenn ein homo togatus von Kriegs- Sachen nicht ſagen koͤnnte, die daran zweiffeln, koͤnnen nur betrachten, was Cicero, der conſul in Rom geweſen, zu einer ſolchen Zeit, da die Republique am ſtaͤrckſten floriret, geſaget: Nihil ſunt arma foris, niſi ſit conſilium domi. Gleichwie die Miniſtres zu Hau- ſe alles muͤſſen inſtruiren, alſo muͤſſen auch groſſe Generals einen uͤber ſich haben, und iſt gut, wenn man ſie melirt, erſt einen Miniſtre, hernach einen Soldaten, u. ſ. w. Wie wollte man die Soldaten im Zaum hal- ten, wenn ſie allein zu ſprechen haͤtten. Es wuͤrde gehen, wie in Enge- land, da die Soldaten uͤber das Parlament ſeyn wollten, der Monck, welcher ſelbſt ein Soldat geweſen, ſaget doch, daß es nicht gut ſey, de- nen Soldaten ſo viel einzuraͤumen. Die Hollaͤnder laſſen unter den General-Staaten keinen General und Admiral ſitzen, aber in dem Con- ſeille d’Etat ſind welche, welches die execution veranſtaltet, denn von der execution kan man ſich nicht excludiren, vid. Basnage in ſeiner Hiſtorie von Holland. Der Autor hat die Eintheilung gut gemacht, welche er aus dem Lipſio genommen; Dieſer aber hat dieſe Sache admirable ver- ſtanden. Es kommen dreyerley membra vor, nemlich quæ facienda an- te bellum, in bello, poſt bellum. Es iſt beſſer, wenn man des Krieges entuͤbriget ſeyn kan: Denn der Krieg mag beſchaffen ſeyn, wie er will, ſo iſt er ein malum. Derjenige iſt einfaͤltig, der ohne Krieg was erhal- ten kan, und faͤnget doch Krieg an, die Schweitzer haben dieſes dem kuͤh- nen Hertzog von Burgund, Carolo, vorgeworffen, welcher, wegen ei- ner geringen Urſach, mit den Schweitzern brechen wollen. Nemlich, es hatten einige Schweitzer einen Wagen, der den Burgundiſchen Un- terthanen gehoͤret, gepluͤndert, welcher aber mit nichts, als mit Schaaf- Fellen beladen geweſen. Die Schweitzer wollten deßwegen reparation thun, auch die jungen Buͤrſchlein, ſo es gethan, dem Carolo Audaci aus- lieffern, er wollte aber doch Krieg haben, das war was abgeſchmacktes. Mit denen Nachbaren koͤnnen freylich leicht difficultaͤten entſtehen, daß man Krieg fuͤhren muß, ſemper tamen pax eſt præferenda. Wenn die Pohlen

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/412>, abgerufen am 25.04.2024.