Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
f) Winterspiele.

Der menschliche Körper lässt sich gegen Hitze
und Kälte bis zu einem hohen Grade abhärten.
Ich setze diess als ausgemacht voraus, und ent-
halte mich aller Beyspiele, um des Raums zu
schonen. Der Nutzen einer solchen Abhärtung
liegt deutlich genug vor Augen, und es ist zu
verwundern, dass im Ganzen noch so wenig
Rücksicht darauf genommen wird. "Was soll
man mit einem Knaben anfangen, der, wenn es
heiss ist, schmelzen will, und bey jedem Froste
zittert und bebt?" So spricht schon ein grie-
chisches Weib, Theano zu ihrer Freundin Eubu-
la, über weichliche Kinderzucht. In die Erzie-
hung gehört weder Barometer, noch Thermo-
meter, und streng genommen, schlechterdings
keine Klage über das Wetter, über Kälte oder
Hitze; beyde erträgt man am besten, wenn man
ihren Grad nicht kennt, und die Jugend fragt
weder nach dieser, noch nach jener, wenn sie
früh dazu gewöhnt wird. Diess lässt sich auf kei-
ne angenehmere Art bewirken, als durch Spiele;
das damit verknüpfte Vergnügen macht die Ju-
gend der unangenehmen Eindrücke, der Käl-
te und Rauhigkeit des Climas vergessen, und

f) Winterſpiele.

Der menſchliche Körper läſst ſich gegen Hitze
und Kälte bis zu einem hohen Grade abhärten.
Ich ſetze dieſs als ausgemacht voraus, und ent-
halte mich aller Beyſpiele, um des Raums zu
ſchonen. Der Nutzen einer ſolchen Abhärtung
liegt deutlich genug vor Augen, und es iſt zu
verwundern, daſs im Ganzen noch ſo wenig
Rückſicht darauf genommen wird. „Was ſoll
man mit einem Knaben anfangen, der, wenn es
heiſs iſt, ſchmelzen will, und bey jedem Froſte
zittert und bebt?“ So ſpricht ſchon ein grie-
chiſches Weib, Theano zu ihrer Freundin Eubu-
la, über weichliche Kinderzucht. In die Erzie-
hung gehört weder Barometer, noch Thermo-
meter, und ſtreng genommen, ſchlechterdings
keine Klage über das Wetter, über Kälte oder
Hitze; beyde erträgt man am beſten, wenn man
ihren Grad nicht kennt, und die Jugend fragt
weder nach dieſer, noch nach jener, wenn ſie
früh dazu gewöhnt wird. Dieſs läſst ſich auf kei-
ne angenehmere Art bewirken, als durch Spiele;
das damit verknüpfte Vergnügen macht die Ju-
gend der unangenehmen Eindrücke, der Käl-
te und Rauhigkeit des Climas vergeſſen, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0244" n="212"/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#i">f</hi>) <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Winter&#x017F;piele</hi></hi>.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>er men&#x017F;chliche Körper lä&#x017F;st &#x017F;ich gegen Hitze<lb/>
und Kälte bis zu einem hohen Grade abhärten.<lb/>
Ich &#x017F;etze die&#x017F;s als ausgemacht voraus, und ent-<lb/>
halte mich aller Bey&#x017F;piele, um des Raums zu<lb/>
&#x017F;chonen. Der Nutzen einer &#x017F;olchen Abhärtung<lb/>
liegt deutlich genug vor Augen, und es i&#x017F;t zu<lb/>
verwundern, da&#x017F;s im Ganzen noch &#x017F;o wenig<lb/>
Rück&#x017F;icht darauf genommen wird. &#x201E;Was &#x017F;oll<lb/>
man mit einem Knaben anfangen, der, wenn es<lb/>
hei&#x017F;s i&#x017F;t, &#x017F;chmelzen will, und bey jedem Fro&#x017F;te<lb/>
zittert und bebt?&#x201C; So &#x017F;pricht &#x017F;chon ein grie-<lb/>
chi&#x017F;ches Weib, Theano zu ihrer Freundin Eubu-<lb/>
la, über weichliche Kinderzucht. In die Erzie-<lb/>
hung gehört weder Barometer, noch Thermo-<lb/>
meter, und &#x017F;treng genommen, &#x017F;chlechterdings<lb/>
keine Klage über das Wetter, über Kälte oder<lb/>
Hitze; beyde erträgt man am be&#x017F;ten, wenn man<lb/>
ihren Grad nicht kennt, und die Jugend fragt<lb/>
weder nach die&#x017F;er, noch nach jener, wenn &#x017F;ie<lb/>
früh dazu <hi rendition="#i">gewöhnt</hi> wird. Die&#x017F;s lä&#x017F;st &#x017F;ich auf kei-<lb/>
ne angenehmere Art bewirken, als durch Spiele;<lb/>
das damit verknüpfte Vergnügen macht die Ju-<lb/>
gend der unangenehmen Eindrücke, der Käl-<lb/>
te <choice><sic>uud</sic><corr>und</corr></choice> Rauhigkeit des Climas verge&#x017F;&#x017F;en, und<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0244] f) Winterſpiele. Der menſchliche Körper läſst ſich gegen Hitze und Kälte bis zu einem hohen Grade abhärten. Ich ſetze dieſs als ausgemacht voraus, und ent- halte mich aller Beyſpiele, um des Raums zu ſchonen. Der Nutzen einer ſolchen Abhärtung liegt deutlich genug vor Augen, und es iſt zu verwundern, daſs im Ganzen noch ſo wenig Rückſicht darauf genommen wird. „Was ſoll man mit einem Knaben anfangen, der, wenn es heiſs iſt, ſchmelzen will, und bey jedem Froſte zittert und bebt?“ So ſpricht ſchon ein grie- chiſches Weib, Theano zu ihrer Freundin Eubu- la, über weichliche Kinderzucht. In die Erzie- hung gehört weder Barometer, noch Thermo- meter, und ſtreng genommen, ſchlechterdings keine Klage über das Wetter, über Kälte oder Hitze; beyde erträgt man am beſten, wenn man ihren Grad nicht kennt, und die Jugend fragt weder nach dieſer, noch nach jener, wenn ſie früh dazu gewöhnt wird. Dieſs läſst ſich auf kei- ne angenehmere Art bewirken, als durch Spiele; das damit verknüpfte Vergnügen macht die Ju- gend der unangenehmen Eindrücke, der Käl- te und Rauhigkeit des Climas vergeſſen, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/244
Zitationshilfe: Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/244>, abgerufen am 28.03.2024.