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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796.

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So wird vom Anfange des Reviers bis an das
Ende fortgejagt, hier geschieht gewöhnlich der
stärkste Fang, wenn anders an dieser Stelle die
Umstände zum Verstecken bequem sind. Man
wendet um, und durchstreicht das Revier, wenn
noch nicht alles Wild gefangen ist, wieder rück-
wärts, bis zum Anfange. Hier schliesst sich dann
die diessmalige Jagd.

Jedes Wild, das sich durch List, Klugheit
und Schnelligkeit den Jägern zu entziehen wuss-
te und bey der Rückkunft derselben am Anfan-
ge des Reviers steht, ist frey und hat die Ehre des
Siegs
über den Jäger. Aber jedes Wild, das die
Gränzen des Reviers überschreitet, ist seiner
Freyheit verlustig, und muss Jäger werden.

Es giebt nicht leicht ein Spiel, das bey einer
solchen Einfachheit so unterhaltend, so un-
schuldig und für den Körper und Geist der Ju-
gend so nützlich wäre. Es gewährt starke Be-
wegung, übt den Körper im Laufen und Sprin-
gen, hält die Sinne in steter Wachsamkeit, und
belebt den Muth junger Leute. Man muss nur
bedenken, dass es für diese nicht Spiel, sondern
Ernst ist, dass ihr Herz oft vor Erwartung und
Angst pocht, wenn sich ein Jäger nähert, dass
dann immer ein Entschluss nöthig ist, der in ih-
rer Lage Muth erfordert.


So wird vom Anfange des Reviers bis an das
Ende fortgejagt, hier geſchieht gewöhnlich der
ſtärkſte Fang, wenn anders an dieſer Stelle die
Umſtände zum Verſtecken bequem ſind. Man
wendet um, und durchſtreicht das Revier, wenn
noch nicht alles Wild gefangen iſt, wieder rück-
wärts, bis zum Anfange. Hier ſchlieſst ſich dann
die dieſsmalige Jagd.

Jedes Wild, das ſich durch Liſt, Klugheit
und Schnelligkeit den Jägern zu entziehen wuſs-
te und bey der Rückkunft derſelben am Anfan-
ge des Reviers ſteht, iſt frey und hat die Ehre des
Siegs
über den Jäger. Aber jedes Wild, das die
Gränzen des Reviers überſchreitet, iſt ſeiner
Freyheit verluſtig, und muſs Jäger werden.

Es giebt nicht leicht ein Spiel, das bey einer
ſolchen Einfachheit ſo unterhaltend, ſo un-
ſchuldig und für den Körper und Geiſt der Ju-
gend ſo nützlich wäre. Es gewährt ſtarke Be-
wegung, übt den Körper im Laufen und Sprin-
gen, hält die Sinne in ſteter Wachſamkeit, und
belebt den Muth junger Leute. Man muſs nur
bedenken, daſs es für dieſe nicht Spiel, ſondern
Ernſt iſt, daſs ihr Herz oft vor Erwartung und
Angſt pocht, wenn ſich ein Jäger nähert, daſs
dann immer ein Entſchluſs nöthig iſt, der in ih-
rer Lage Muth erfordert.


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[142[242]/0274] So wird vom Anfange des Reviers bis an das Ende fortgejagt, hier geſchieht gewöhnlich der ſtärkſte Fang, wenn anders an dieſer Stelle die Umſtände zum Verſtecken bequem ſind. Man wendet um, und durchſtreicht das Revier, wenn noch nicht alles Wild gefangen iſt, wieder rück- wärts, bis zum Anfange. Hier ſchlieſst ſich dann die dieſsmalige Jagd. Jedes Wild, das ſich durch Liſt, Klugheit und Schnelligkeit den Jägern zu entziehen wuſs- te und bey der Rückkunft derſelben am Anfan- ge des Reviers ſteht, iſt frey und hat die Ehre des Siegs über den Jäger. Aber jedes Wild, das die Gränzen des Reviers überſchreitet, iſt ſeiner Freyheit verluſtig, und muſs Jäger werden. Es giebt nicht leicht ein Spiel, das bey einer ſolchen Einfachheit ſo unterhaltend, ſo un- ſchuldig und für den Körper und Geiſt der Ju- gend ſo nützlich wäre. Es gewährt ſtarke Be- wegung, übt den Körper im Laufen und Sprin- gen, hält die Sinne in ſteter Wachſamkeit, und belebt den Muth junger Leute. Man muſs nur bedenken, daſs es für dieſe nicht Spiel, ſondern Ernſt iſt, daſs ihr Herz oft vor Erwartung und Angſt pocht, wenn ſich ein Jäger nähert, daſs dann immer ein Entſchluſs nöthig iſt, der in ih- rer Lage Muth erfordert.

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Zitationshilfe: Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 142[242]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/274>, abgerufen am 29.03.2024.