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[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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den seinen gemacht, darum soll er nun in keinem deutschen Bundesstaat eingeführt werden. Man will das Erwachen jeder Leidenschaft vermeiden, vielleicht setzt man auch voraus, daß zwar die Blindheit der Menschen diesen wunderbaren Fingerzeig des Gottes in der Natur wie alles Tiefe und Ahnungsreiche nicht finden wird, doch fürchtet man, daß die Vögel auf den Zweigen von den Farben verlockt und an schönere Hoffnungen und Träume erinnert, von der gehässigen Sache singen könnten. Man weiß es, daß die Deutschen auf diesem Wege der Dichtung immer zur Wahrheit kommen. Das will vermieden sein, daher diese Maßregel.

Die Bibel lehrt, daß der letzte König kein Mensch ist, die Thatsache, daß zum Haß, zur Rache immer zwei Personen gehören, beweist, daß der letzte Mensch kein König sein kann. Daraus lernt man einerseits, daß die Monarchie nicht ewig sein wird, andrerseits, daß die Völker nur ein Gedächtniß für empfangene Wohlthaten, die Herrscher nur eines für erlittene Beleidigungen haben. Von Alexander an, der Theben zerstörte, weil er dort den besten Theil seiner Jugend zubringen mußte, bis auf Karl X. haben Könige nicht vergessen und verzeihen können. Darum wird auch Rußland nie aufhören, Polen, dieses in der

den seinen gemacht, darum soll er nun in keinem deutschen Bundesstaat eingeführt werden. Man will das Erwachen jeder Leidenschaft vermeiden, vielleicht setzt man auch voraus, daß zwar die Blindheit der Menschen diesen wunderbaren Fingerzeig des Gottes in der Natur wie alles Tiefe und Ahnungsreiche nicht finden wird, doch fürchtet man, daß die Vögel auf den Zweigen von den Farben verlockt und an schönere Hoffnungen und Träume erinnert, von der gehässigen Sache singen könnten. Man weiß es, daß die Deutschen auf diesem Wege der Dichtung immer zur Wahrheit kommen. Das will vermieden sein, daher diese Maßregel.

Die Bibel lehrt, daß der letzte König kein Mensch ist, die Thatsache, daß zum Haß, zur Rache immer zwei Personen gehören, beweist, daß der letzte Mensch kein König sein kann. Daraus lernt man einerseits, daß die Monarchie nicht ewig sein wird, andrerseits, daß die Völker nur ein Gedächtniß für empfangene Wohlthaten, die Herrscher nur eines für erlittene Beleidigungen haben. Von Alexander an, der Theben zerstörte, weil er dort den besten Theil seiner Jugend zubringen mußte, bis auf Karl X. haben Könige nicht vergessen und verzeihen können. Darum wird auch Rußland nie aufhören, Polen, dieses in der

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[13/0026] den seinen gemacht, darum soll er nun in keinem deutschen Bundesstaat eingeführt werden. Man will das Erwachen jeder Leidenschaft vermeiden, vielleicht setzt man auch voraus, daß zwar die Blindheit der Menschen diesen wunderbaren Fingerzeig des Gottes in der Natur wie alles Tiefe und Ahnungsreiche nicht finden wird, doch fürchtet man, daß die Vögel auf den Zweigen von den Farben verlockt und an schönere Hoffnungen und Träume erinnert, von der gehässigen Sache singen könnten. Man weiß es, daß die Deutschen auf diesem Wege der Dichtung immer zur Wahrheit kommen. Das will vermieden sein, daher diese Maßregel. Die Bibel lehrt, daß der letzte König kein Mensch ist, die Thatsache, daß zum Haß, zur Rache immer zwei Personen gehören, beweist, daß der letzte Mensch kein König sein kann. Daraus lernt man einerseits, daß die Monarchie nicht ewig sein wird, andrerseits, daß die Völker nur ein Gedächtniß für empfangene Wohlthaten, die Herrscher nur eines für erlittene Beleidigungen haben. Von Alexander an, der Theben zerstörte, weil er dort den besten Theil seiner Jugend zubringen mußte, bis auf Karl X. haben Könige nicht vergessen und verzeihen können. Darum wird auch Rußland nie aufhören, Polen, dieses in der

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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/26>, abgerufen am 29.03.2024.