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[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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alten Wäldern stammen. Werfen Sie bei Zeiten Ihre angebeteten Reliquien, des alten Fritzen Zopf und Krückstock, ins Feuer! Beeilen Sie sich mit Ihrem neuesten Leviathan, dem gegen die Restauration der Staatswissenschaften kein herbes Wort entfahren darf! Sie sind übler dran, als man zu denken pflegt. Unstreitig besitzen Sie den Muth, als ein Märtyrer Ihrer Ueberzeugung unterzugehen. Aber wozu das? Ueberlassen Sie den Codicem Fridericianum seinem Schicksale! Sie haben die Alten studirt; citiren Sie den Horaz weniger und befolgen ihn mehr! Als Alles verloren, warf auch er seinen Schild weg, und huldigte dem Helden der beiden zusammenstoßenden Jahrhunderte, in denen er lebte. Bei Ihrer in Deutschland nur dämmernden Bekanntschaft wird man das Quiproquo dieser Metamorphose nicht merken. Fragen Sie nur meine Freundin, meine liebste Brief- und Herzempfängerin, ob man so nicht besser sein Fortkommen hat.

Nicht wahr, Du Gute, man muß, wie Polonius sagt, in seine Tollheit eine Art Methode bringen? Man lobe oder tadle mich, ich werde immer rufen, daß es hier alle Könige, dort alle Journalisten hören, ich sei verkannt, und im Grunde ein Anderer, als ich scheine. Ich verzichte auf

alten Wäldern stammen. Werfen Sie bei Zeiten Ihre angebeteten Reliquien, des alten Fritzen Zopf und Krückstock, ins Feuer! Beeilen Sie sich mit Ihrem neuesten Leviathan, dem gegen die Restauration der Staatswissenschaften kein herbes Wort entfahren darf! Sie sind übler dran, als man zu denken pflegt. Unstreitig besitzen Sie den Muth, als ein Märtyrer Ihrer Ueberzeugung unterzugehen. Aber wozu das? Ueberlassen Sie den Codicem Fridericianum seinem Schicksale! Sie haben die Alten studirt; citiren Sie den Horaz weniger und befolgen ihn mehr! Als Alles verloren, warf auch er seinen Schild weg, und huldigte dem Helden der beiden zusammenstoßenden Jahrhunderte, in denen er lebte. Bei Ihrer in Deutschland nur dämmernden Bekanntschaft wird man das Quiproquo dieser Metamorphose nicht merken. Fragen Sie nur meine Freundin, meine liebste Brief- und Herzempfängerin, ob man so nicht besser sein Fortkommen hat.

Nicht wahr, Du Gute, man muß, wie Polonius sagt, in seine Tollheit eine Art Methode bringen? Man lobe oder tadle mich, ich werde immer rufen, daß es hier alle Könige, dort alle Journalisten hören, ich sei verkannt, und im Grunde ein Anderer, als ich scheine. Ich verzichte auf

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[62/0075] alten Wäldern stammen. Werfen Sie bei Zeiten Ihre angebeteten Reliquien, des alten Fritzen Zopf und Krückstock, ins Feuer! Beeilen Sie sich mit Ihrem neuesten Leviathan, dem gegen die Restauration der Staatswissenschaften kein herbes Wort entfahren darf! Sie sind übler dran, als man zu denken pflegt. Unstreitig besitzen Sie den Muth, als ein Märtyrer Ihrer Ueberzeugung unterzugehen. Aber wozu das? Ueberlassen Sie den Codicem Fridericianum seinem Schicksale! Sie haben die Alten studirt; citiren Sie den Horaz weniger und befolgen ihn mehr! Als Alles verloren, warf auch er seinen Schild weg, und huldigte dem Helden der beiden zusammenstoßenden Jahrhunderte, in denen er lebte. Bei Ihrer in Deutschland nur dämmernden Bekanntschaft wird man das Quiproquo dieser Metamorphose nicht merken. Fragen Sie nur meine Freundin, meine liebste Brief- und Herzempfängerin, ob man so nicht besser sein Fortkommen hat. Nicht wahr, Du Gute, man muß, wie Polonius sagt, in seine Tollheit eine Art Methode bringen? Man lobe oder tadle mich, ich werde immer rufen, daß es hier alle Könige, dort alle Journalisten hören, ich sei verkannt, und im Grunde ein Anderer, als ich scheine. Ich verzichte auf

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Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax des Gutzkow Editionsprojekts. (2013-07-01T14:33:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus dem Gutzkow Editionsprojekt entsprechen muss.
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  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/75>, abgerufen am 28.03.2024.