siker als Dichter waren; aber Göthe arbeitete in Pappe, wenn ich nicht irre. Schiller war Compagnie-Chirurgus. Nun sehen Sie, das ist prosaisch genug; sagen Sie mir von allen neuen Autoren einen, der ein gutes Urtheil über Musik hätte? Es ist Mangel einer ge¬ wissen Saite in der Seele, daß es ganz un¬ möglich ist, die Namen Menzel, Börne, Heine u. s. w. mit irgend einer musikalischen Ver¬ richtung zusammenzubringen."
"Die Lärmtrommel!" hieß es irgendwo. Man beklatschte den Einfall und nannte ihn witzig. Aber Recht hatte der Justizrath; auch Cäsar, wenn er sagte: "Was kann empfehlens¬ werther für die Richtung sein, welche unsre ersten Geister nehmen? Alle frühere Literatur bildete sich im Interesse irgend einer vereinzel¬ ten Kunst oder Tendenz: die Lessing-Göthische Zeit im Interesse der Antike: die Romantik im Interesse der Malerei: die Phantastik im
3 *
ſiker als Dichter waren; aber Göthe arbeitete in Pappe, wenn ich nicht irre. Schiller war Compagnie-Chirurgus. Nun ſehen Sie, das iſt proſaiſch genug; ſagen Sie mir von allen neuen Autoren einen, der ein gutes Urtheil über Muſik hätte? Es iſt Mangel einer ge¬ wiſſen Saite in der Seele, daß es ganz un¬ möglich iſt, die Namen Menzel, Börne, Heine u. ſ. w. mit irgend einer muſikaliſchen Ver¬ richtung zuſammenzubringen.“
„Die Lärmtrommel!“ hieß es irgendwo. Man beklatſchte den Einfall und nannte ihn witzig. Aber Recht hatte der Juſtizrath; auch Cäſar, wenn er ſagte: „Was kann empfehlens¬ werther für die Richtung ſein, welche unſre erſten Geiſter nehmen? Alle frühere Literatur bildete ſich im Intereſſe irgend einer vereinzel¬ ten Kunſt oder Tendenz: die Leſſing-Göthiſche Zeit im Intereſſe der Antike: die Romantik im Intereſſe der Malerei: die Phantaſtik im
3 *
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0044"n="35"/>ſiker als Dichter waren; aber Göthe arbeitete<lb/>
in Pappe, wenn ich nicht irre. Schiller war<lb/>
Compagnie-Chirurgus. Nun ſehen Sie, das<lb/>
iſt proſaiſch genug; ſagen Sie mir von allen<lb/>
neuen Autoren einen, der ein gutes Urtheil<lb/>
über Muſik hätte? Es iſt Mangel einer ge¬<lb/>
wiſſen Saite in der Seele, daß es ganz un¬<lb/>
möglich iſt, die Namen Menzel, Börne, Heine<lb/>
u. ſ. w. mit irgend einer muſikaliſchen Ver¬<lb/>
richtung zuſammenzubringen.“</p><lb/><p>„Die Lärmtrommel!“ hieß es irgendwo.<lb/>
Man beklatſchte den Einfall und nannte ihn<lb/>
witzig. Aber Recht hatte der Juſtizrath; auch<lb/>
Cäſar, wenn er ſagte: „Was kann empfehlens¬<lb/>
werther für die Richtung ſein, welche unſre<lb/>
erſten Geiſter nehmen? Alle frühere Literatur<lb/>
bildete ſich im Intereſſe irgend einer vereinzel¬<lb/>
ten Kunſt oder Tendenz: die Leſſing-Göthiſche<lb/>
Zeit im Intereſſe der Antike: die Romantik<lb/>
im Intereſſe der Malerei: die Phantaſtik im<lb/><fwplace="bottom"type="sig">3 *<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[35/0044]
ſiker als Dichter waren; aber Göthe arbeitete
in Pappe, wenn ich nicht irre. Schiller war
Compagnie-Chirurgus. Nun ſehen Sie, das
iſt proſaiſch genug; ſagen Sie mir von allen
neuen Autoren einen, der ein gutes Urtheil
über Muſik hätte? Es iſt Mangel einer ge¬
wiſſen Saite in der Seele, daß es ganz un¬
möglich iſt, die Namen Menzel, Börne, Heine
u. ſ. w. mit irgend einer muſikaliſchen Ver¬
richtung zuſammenzubringen.“
„Die Lärmtrommel!“ hieß es irgendwo.
Man beklatſchte den Einfall und nannte ihn
witzig. Aber Recht hatte der Juſtizrath; auch
Cäſar, wenn er ſagte: „Was kann empfehlens¬
werther für die Richtung ſein, welche unſre
erſten Geiſter nehmen? Alle frühere Literatur
bildete ſich im Intereſſe irgend einer vereinzel¬
ten Kunſt oder Tendenz: die Leſſing-Göthiſche
Zeit im Intereſſe der Antike: die Romantik
im Intereſſe der Malerei: die Phantaſtik im
3 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/44>, abgerufen am 24.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.