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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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Flieswassergefässe.
war, als Zwischenräume an den Muskeln vorkamen.
Dieses Geschlecht von Gefässen werden aber andre viel
lieber unter die Schleimkanäle zälen. An den Aalen
sollen längst dem Gedärme weisse Gänge neben den Schlag-
und Blutadern fortlaufen (t), da dieser Fisch ausserdem
silberfarbne und besonders glänzende Gefässe führet, wel-
che indessen weder Klappen haben, noch mit den Flies-
wassergefässen Aehnlichkeit genung zeigen. Endlich hat
man auch an dem Seidenwurm (u), aus dem Jnsektenge-
schlechte, Flieswassergefässe angemerkt, welche das zähe
leimartige Flieswasser, woraus nachgehends die Seiden-
fäden gebildet werden, in sich enthalten. Aber auch hier
wird diese Benennung in allzuweitläuftigen Verstande
genommen. Daher hat es seine Richtigkeit, daß die
vierfüßigen Thiere und die warmes Blut führen, auch
gleiche Lungen mit den vierfüßigen haben, eigentlich mit
Flieswassergefässen versehen sind; von den Vögeln ge-
winnet es allmählich ein gleiches Ansehen; in Ansehung
der kalten Fische aber stehet man noch in einiger Ungewis-
heit. Das Alterthum hat von dieser Art Gefässen eini-
ge schwache Spuren hinterlassen. Man lieset etwas
von dem weissen und schleimartigen Drüsenblute, in ei-
nem untergeschobnen Werkchen, welches sich unter Hip-
pokrates
Schriften befindet (x): und es wird an einem
andren Orte darinnen gesagt, daß die Drüsen, wenn
man sie drükke, eine ölige Feuchtigkeit von sich liessen (y).
Diese Ausdrükke ziehet der gelehrte Phil. Jac. Hart-
mann
auf die gegenwärtige Materie. Es führet aber
auch Aristoteles Fasern an, die zwischen Schlag- und
Blutadern eine Mittelnatur hätten, und in deren eini-
gen ein Eiter (z) vorkomme, welche Ausdrükke in der
That auf die Flieswassergefässe, oder andre von noch

zärterer
(t) [Spaltenumbruch] franci Satyr. 8. 1748.
(u) Eph. N. C. Dec. II. an. II.
obs.
28.
(x) [Spaltenumbruch] [fremdsprachliches Material - 2 Wörter fehlen] c. I. n. 13.
(y) Ebendas. n. 4.
(z) Histor. anim. L. III. c. 6.
T 4

Flieswaſſergefaͤſſe.
war, als Zwiſchenraͤume an den Muskeln vorkamen.
Dieſes Geſchlecht von Gefaͤſſen werden aber andre viel
lieber unter die Schleimkanaͤle zaͤlen. An den Aalen
ſollen laͤngſt dem Gedaͤrme weiſſe Gaͤnge neben den Schlag-
und Blutadern fortlaufen (t), da dieſer Fiſch auſſerdem
ſilberfarbne und beſonders glaͤnzende Gefaͤſſe fuͤhret, wel-
che indeſſen weder Klappen haben, noch mit den Flies-
waſſergefaͤſſen Aehnlichkeit genung zeigen. Endlich hat
man auch an dem Seidenwurm (u), aus dem Jnſektenge-
ſchlechte, Flieswaſſergefaͤſſe angemerkt, welche das zaͤhe
leimartige Flieswaſſer, woraus nachgehends die Seiden-
faͤden gebildet werden, in ſich enthalten. Aber auch hier
wird dieſe Benennung in allzuweitlaͤuftigen Verſtande
genommen. Daher hat es ſeine Richtigkeit, daß die
vierfuͤßigen Thiere und die warmes Blut fuͤhren, auch
gleiche Lungen mit den vierfuͤßigen haben, eigentlich mit
Flieswaſſergefaͤſſen verſehen ſind; von den Voͤgeln ge-
winnet es allmaͤhlich ein gleiches Anſehen; in Anſehung
der kalten Fiſche aber ſtehet man noch in einiger Ungewis-
heit. Das Alterthum hat von dieſer Art Gefaͤſſen eini-
ge ſchwache Spuren hinterlaſſen. Man lieſet etwas
von dem weiſſen und ſchleimartigen Druͤſenblute, in ei-
nem untergeſchobnen Werkchen, welches ſich unter Hip-
pokrates
Schriften befindet (x): und es wird an einem
andren Orte darinnen geſagt, daß die Druͤſen, wenn
man ſie druͤkke, eine oͤlige Feuchtigkeit von ſich lieſſen (y).
Dieſe Ausdruͤkke ziehet der gelehrte Phil. Jac. Hart-
mann
auf die gegenwaͤrtige Materie. Es fuͤhret aber
auch Ariſtoteles Faſern an, die zwiſchen Schlag- und
Blutadern eine Mittelnatur haͤtten, und in deren eini-
gen ein Eiter (z) vorkomme, welche Ausdruͤkke in der
That auf die Flieswaſſergefaͤſſe, oder andre von noch

zaͤrterer
(t) [Spaltenumbruch] franci Satyr. 8. 1748.
(u) Eph. N. C. Dec. II. an. II.
obſ.
28.
(x) [Spaltenumbruch] [fremdsprachliches Material – 2 Wörter fehlen] c. I. n. 13.
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[295/0351] Flieswaſſergefaͤſſe. war, als Zwiſchenraͤume an den Muskeln vorkamen. Dieſes Geſchlecht von Gefaͤſſen werden aber andre viel lieber unter die Schleimkanaͤle zaͤlen. An den Aalen ſollen laͤngſt dem Gedaͤrme weiſſe Gaͤnge neben den Schlag- und Blutadern fortlaufen (t), da dieſer Fiſch auſſerdem ſilberfarbne und beſonders glaͤnzende Gefaͤſſe fuͤhret, wel- che indeſſen weder Klappen haben, noch mit den Flies- waſſergefaͤſſen Aehnlichkeit genung zeigen. Endlich hat man auch an dem Seidenwurm (u), aus dem Jnſektenge- ſchlechte, Flieswaſſergefaͤſſe angemerkt, welche das zaͤhe leimartige Flieswaſſer, woraus nachgehends die Seiden- faͤden gebildet werden, in ſich enthalten. Aber auch hier wird dieſe Benennung in allzuweitlaͤuftigen Verſtande genommen. Daher hat es ſeine Richtigkeit, daß die vierfuͤßigen Thiere und die warmes Blut fuͤhren, auch gleiche Lungen mit den vierfuͤßigen haben, eigentlich mit Flieswaſſergefaͤſſen verſehen ſind; von den Voͤgeln ge- winnet es allmaͤhlich ein gleiches Anſehen; in Anſehung der kalten Fiſche aber ſtehet man noch in einiger Ungewis- heit. Das Alterthum hat von dieſer Art Gefaͤſſen eini- ge ſchwache Spuren hinterlaſſen. Man lieſet etwas von dem weiſſen und ſchleimartigen Druͤſenblute, in ei- nem untergeſchobnen Werkchen, welches ſich unter Hip- pokrates Schriften befindet (x): und es wird an einem andren Orte darinnen geſagt, daß die Druͤſen, wenn man ſie druͤkke, eine oͤlige Feuchtigkeit von ſich lieſſen (y). Dieſe Ausdruͤkke ziehet der gelehrte Phil. Jac. Hart- mann auf die gegenwaͤrtige Materie. Es fuͤhret aber auch Ariſtoteles Faſern an, die zwiſchen Schlag- und Blutadern eine Mittelnatur haͤtten, und in deren eini- gen ein Eiter (z) vorkomme, welche Ausdruͤkke in der That auf die Flieswaſſergefaͤſſe, oder andre von noch zaͤrterer (t) franci Satyr. 8. 1748. (u) Eph. N. C. Dec. II. an. II. obſ. 28. (x) __ c. I. n. 13. (y) Ebendaſ. n. 4. (z) Hiſtor. anim. L. III. c. 6. T 4

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/351>, abgerufen am 29.03.2024.