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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.
alsdenn zusammenfallen und leer werden müssen. Es
war dieses der quälende Versuch (experimentum crucis),
wie ihn Franz Bacon zu nennen pflegte.

Es hat ihn Harvey und mehrere Zergliederer der
damaligen Zeit angestellet, und diese Versuche will ich
zusammen anjezzo anführen, damit man überzeugt wer-
de, daß in den mehresten, ja in allen Blutadern eben
das erfolge, worauf sich der Umlauf des Blutes eigent-
lich gründet. Es sahe demnach Harvey an der Hol-
ader einer Schlange (d), nachdem er sie unterbunden,
oder einen der Unterbindung gleichkommenden Druk an-
gebracht hatte, daß diese Blutader gegen das Herz zu
blaß ward, niedersank und sich sogleich wieder mit Blut
anfüllete, sobald man mit der Schnur oder dem Drukke
wieder nachließ. Einen Versuch von gleichem Erfolge
machte Joh. Waläus (e) an eben der Ader, die er über
der Leber unterband, und an der obern Holader Joh.
Pecquet (f) und Rogerius Drake (g).

Bei des Waläus (h) Versuche fällt die Drossel-
blutader, die man an einer lebendigen Gans unterbun-
den, gegen das Herz zusammen, und es fliesset aus der-
selben, wenn man sie näher nach dem Kopfe zu, über
dem Bande öfnet, häufiges Blut heraus; wenn sie aber
unter dem Bande, gegen das Herz zu, zerschnitten wird,
so komt gar kein Blut heraus, welches auch bei den Dam-
hirschen (i) und andren Thieren (k), ja auch, wie es die
Scharfrichter bemerket haben, an den erhängten Men-

schen
(d) [Spaltenumbruch] Am angef. Ort, c. X. S. 94.
(e) Epist I. 387. Er stellte seine
Versuche in Beiseyn berühmter
Männer, nämlich des F. Sylvius
de le Boe, Rogerius Drake, und
anderer an. Siehe Epist. II. S.
408.
(f) [Spaltenumbruch] Am angef. Ort, S. 27.
(g) Dissert. de circulat. nat.
n. XI.
(h) Epist. I. S. 395.
(i) Exercit. S. 249.
(k) walaevs Epist. II. S. 410.

Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.
alsdenn zuſammenfallen und leer werden muͤſſen. Es
war dieſes der quaͤlende Verſuch (experimentum crucis),
wie ihn Franz Bacon zu nennen pflegte.

Es hat ihn Harvey und mehrere Zergliederer der
damaligen Zeit angeſtellet, und dieſe Verſuche will ich
zuſammen anjezzo anfuͤhren, damit man uͤberzeugt wer-
de, daß in den mehreſten, ja in allen Blutadern eben
das erfolge, worauf ſich der Umlauf des Blutes eigent-
lich gruͤndet. Es ſahe demnach Harvey an der Hol-
ader einer Schlange (d), nachdem er ſie unterbunden,
oder einen der Unterbindung gleichkommenden Druk an-
gebracht hatte, daß dieſe Blutader gegen das Herz zu
blaß ward, niederſank und ſich ſogleich wieder mit Blut
anfuͤllete, ſobald man mit der Schnur oder dem Drukke
wieder nachließ. Einen Verſuch von gleichem Erfolge
machte Joh. Walaͤus (e) an eben der Ader, die er uͤber
der Leber unterband, und an der obern Holader Joh.
Pecquet (f) und Rogerius Drake (g).

Bei des Walaͤus (h) Verſuche faͤllt die Droſſel-
blutader, die man an einer lebendigen Gans unterbun-
den, gegen das Herz zuſammen, und es flieſſet aus der-
ſelben, wenn man ſie naͤher nach dem Kopfe zu, uͤber
dem Bande oͤfnet, haͤufiges Blut heraus; wenn ſie aber
unter dem Bande, gegen das Herz zu, zerſchnitten wird,
ſo komt gar kein Blut heraus, welches auch bei den Dam-
hirſchen (i) und andren Thieren (k), ja auch, wie es die
Scharfrichter bemerket haben, an den erhaͤngten Men-

ſchen
(d) [Spaltenumbruch] Am angef. Ort, c. X. S. 94.
(e) Epiſt I. 387. Er ſtellte ſeine
Verſuche in Beiſeyn beruͤhmter
Maͤnner, naͤmlich des F. Sylvius
de le Boe, Rogerius Drake, und
anderer an. Siehe Epiſt. II. S.
408.
(f) [Spaltenumbruch] Am angef. Ort, S. 27.
(g) Diſſert. de circulat. nat.
n. XI.
(h) Epiſt. I. S. 395.
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[402/0458] Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes. alsdenn zuſammenfallen und leer werden muͤſſen. Es war dieſes der quaͤlende Verſuch (experimentum crucis), wie ihn Franz Bacon zu nennen pflegte. Es hat ihn Harvey und mehrere Zergliederer der damaligen Zeit angeſtellet, und dieſe Verſuche will ich zuſammen anjezzo anfuͤhren, damit man uͤberzeugt wer- de, daß in den mehreſten, ja in allen Blutadern eben das erfolge, worauf ſich der Umlauf des Blutes eigent- lich gruͤndet. Es ſahe demnach Harvey an der Hol- ader einer Schlange (d), nachdem er ſie unterbunden, oder einen der Unterbindung gleichkommenden Druk an- gebracht hatte, daß dieſe Blutader gegen das Herz zu blaß ward, niederſank und ſich ſogleich wieder mit Blut anfuͤllete, ſobald man mit der Schnur oder dem Drukke wieder nachließ. Einen Verſuch von gleichem Erfolge machte Joh. Walaͤus (e) an eben der Ader, die er uͤber der Leber unterband, und an der obern Holader Joh. Pecquet (f) und Rogerius Drake (g). Bei des Walaͤus (h) Verſuche faͤllt die Droſſel- blutader, die man an einer lebendigen Gans unterbun- den, gegen das Herz zuſammen, und es flieſſet aus der- ſelben, wenn man ſie naͤher nach dem Kopfe zu, uͤber dem Bande oͤfnet, haͤufiges Blut heraus; wenn ſie aber unter dem Bande, gegen das Herz zu, zerſchnitten wird, ſo komt gar kein Blut heraus, welches auch bei den Dam- hirſchen (i) und andren Thieren (k), ja auch, wie es die Scharfrichter bemerket haben, an den erhaͤngten Men- ſchen (d) Am angef. Ort, c. X. S. 94. (e) Epiſt I. 387. Er ſtellte ſeine Verſuche in Beiſeyn beruͤhmter Maͤnner, naͤmlich des F. Sylvius de le Boe, Rogerius Drake, und anderer an. Siehe Epiſt. II. S. 408. (f) Am angef. Ort, S. 27. (g) Diſſert. de circulat. nat. n. XI. (h) Epiſt. I. S. 395. (i) Exercit. S. 249. (k) walaevs Epiſt. II. S. 410.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/458>, abgerufen am 20.04.2024.