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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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Viertes Buch. Das Herz.
weniger bekannte, an denen Nerven, die zur Empfindung
und der willkührlichen Bewegung erfordert werden, vor-
handen, nämlich am Nervengeflechte der Augen, wel-
ches von dem dritten Paare (b) und dem ersten Fortsazze
des fünften Paares zusammengewebt ist, an dem zwo-
ten Aste des fünften Paares (c), und an dem Spalt des
Keil-Kieferbeins (rima sphaenomaxillaris), endlich an
den Aesten, die vom dritten Aste des fünften Paares her-
kommen, und an der Drüse des Kinnbakkens (d).

Ohnerachtet man nun hingegen in der That sehr vie-
le Geflechte an denen zum Leben bestimmten Nerven an-
trift, so gibt es doch auch verschiedene an denen Nerven,
die der Seele zu Diensten stehen. Die bekanntesten und
grössesten darunter sind die Geflechte an denen Nerven
des hintern Schenkels, des Schienbeins, und der Arme;
und sodann die weniger bekannte, aber doch selzam in ein-
ander verwikkelte Geflechte des Schlundkopfsnerven, und
derer harten vom siebenden Paare erzeugten Nerven, wel-
che sich mit allen Fortsäzzen des fünften Paares verei-
nigen.

Andere haben diese beständig daurende Lebensbewe-
gungen im Herzen wieder von andern Ursachen hergelei-
tet. Es glaubte der ehemals sehr berühmte Zerleger,
Johann Swammerdam (e), es wäre dieses hierzu
schon hinlänglich, daß bei denen Lebensmuskeln keine Ge-
genmuskeln (antagonistae), wie man sie zu nennen pflegt,
vorhanden wären: und auf solche Art, vermeinte er,
könne es geschehen, daß dergleichen Muskeln von weni-
gern Lebensgeistern in Bewegung gebracht würden, als
die zu denen thierischen Verrichtungen erforderlichen Mus-
keln, denen andere entgegengesezte Muskeln widerstün-

den.
(b) [Spaltenumbruch] Siehe die Zeichnung davon
im Icone baseos cranii, Fasc. I.
Icon. I.
und Fasc. VII. t. t.
(c) Der vortrefliche Mekel am
angef. Ort T. I. n. 74.
(d) [Spaltenumbruch] Eben der vortrefliche Mann
in denen Memoires de l'Acad. des
scienc. de Berlin,
1750.
(e) De respirat. S. 65.

Viertes Buch. Das Herz.
weniger bekannte, an denen Nerven, die zur Empfindung
und der willkuͤhrlichen Bewegung erfordert werden, vor-
handen, naͤmlich am Nervengeflechte der Augen, wel-
ches von dem dritten Paare (b) und dem erſten Fortſazze
des fuͤnften Paares zuſammengewebt iſt, an dem zwo-
ten Aſte des fuͤnften Paares (c), und an dem Spalt des
Keil-Kieferbeins (rima ſphaenomaxillaris), endlich an
den Aeſten, die vom dritten Aſte des fuͤnften Paares her-
kommen, und an der Druͤſe des Kinnbakkens (d).

Ohnerachtet man nun hingegen in der That ſehr vie-
le Geflechte an denen zum Leben beſtimmten Nerven an-
trift, ſo gibt es doch auch verſchiedene an denen Nerven,
die der Seele zu Dienſten ſtehen. Die bekannteſten und
groͤſſeſten darunter ſind die Geflechte an denen Nerven
des hintern Schenkels, des Schienbeins, und der Arme;
und ſodann die weniger bekannte, aber doch ſelzam in ein-
ander verwikkelte Geflechte des Schlundkopfsnerven, und
derer harten vom ſiebenden Paare erzeugten Nerven, wel-
che ſich mit allen Fortſaͤzzen des fuͤnften Paares verei-
nigen.

Andere haben dieſe beſtaͤndig daurende Lebensbewe-
gungen im Herzen wieder von andern Urſachen hergelei-
tet. Es glaubte der ehemals ſehr beruͤhmte Zerleger,
Johann Swammerdam (e), es waͤre dieſes hierzu
ſchon hinlaͤnglich, daß bei denen Lebensmuskeln keine Ge-
genmuskeln (antagoniſtae), wie man ſie zu nennen pflegt,
vorhanden waͤren: und auf ſolche Art, vermeinte er,
koͤnne es geſchehen, daß dergleichen Muskeln von weni-
gern Lebensgeiſtern in Bewegung gebracht wuͤrden, als
die zu denen thieriſchen Verrichtungen erforderlichen Mus-
keln, denen andere entgegengeſezte Muskeln widerſtuͤn-

den.
(b) [Spaltenumbruch] Siehe die Zeichnung davon
im Icone baſeos cranii, Faſc. I.
Icon. I.
und Faſc. VII. t. t.
(c) Der vortrefliche Mekel am
angef. Ort T. I. n. 74.
(d) [Spaltenumbruch] Eben der vortrefliche Mann
in denen Memoires de l’Acad. des
ſcienc. de Berlin,
1750.
(e) De reſpirat. S. 65.
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[916/0972] Viertes Buch. Das Herz. weniger bekannte, an denen Nerven, die zur Empfindung und der willkuͤhrlichen Bewegung erfordert werden, vor- handen, naͤmlich am Nervengeflechte der Augen, wel- ches von dem dritten Paare (b) und dem erſten Fortſazze des fuͤnften Paares zuſammengewebt iſt, an dem zwo- ten Aſte des fuͤnften Paares (c), und an dem Spalt des Keil-Kieferbeins (rima ſphaenomaxillaris), endlich an den Aeſten, die vom dritten Aſte des fuͤnften Paares her- kommen, und an der Druͤſe des Kinnbakkens (d). Ohnerachtet man nun hingegen in der That ſehr vie- le Geflechte an denen zum Leben beſtimmten Nerven an- trift, ſo gibt es doch auch verſchiedene an denen Nerven, die der Seele zu Dienſten ſtehen. Die bekannteſten und groͤſſeſten darunter ſind die Geflechte an denen Nerven des hintern Schenkels, des Schienbeins, und der Arme; und ſodann die weniger bekannte, aber doch ſelzam in ein- ander verwikkelte Geflechte des Schlundkopfsnerven, und derer harten vom ſiebenden Paare erzeugten Nerven, wel- che ſich mit allen Fortſaͤzzen des fuͤnften Paares verei- nigen. Andere haben dieſe beſtaͤndig daurende Lebensbewe- gungen im Herzen wieder von andern Urſachen hergelei- tet. Es glaubte der ehemals ſehr beruͤhmte Zerleger, Johann Swammerdam (e), es waͤre dieſes hierzu ſchon hinlaͤnglich, daß bei denen Lebensmuskeln keine Ge- genmuskeln (antagoniſtae), wie man ſie zu nennen pflegt, vorhanden waͤren: und auf ſolche Art, vermeinte er, koͤnne es geſchehen, daß dergleichen Muskeln von weni- gern Lebensgeiſtern in Bewegung gebracht wuͤrden, als die zu denen thieriſchen Verrichtungen erforderlichen Mus- keln, denen andere entgegengeſezte Muskeln widerſtuͤn- den. (b) Siehe die Zeichnung davon im Icone baſeos cranii, Faſc. I. Icon. I. und Faſc. VII. t. t. (c) Der vortrefliche Mekel am angef. Ort T. I. n. 74. (d) Eben der vortrefliche Mann in denen Memoires de l’Acad. des ſcienc. de Berlin, 1750. (e) De reſpirat. S. 65.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 916. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/972>, abgerufen am 28.03.2024.