Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebendes Buch. Die Ursachen
§. 16.
Es verdikket sich der in den Bläschen angehalt-
ne Saft in denselben.

Es ist die vornemste und allgemeine Wirkung der
Bläschen diese, daß sie den Saft, welchen sie im Zu-
stande seiner Flüßigkeit aufnahmen, nunmehr zäher ma-
chen, wenn nicht etwa die Natur dieses Saftes über-
haupt keine Zähigkeit verträgt, wie man an der wässri-
gen Flüßigkeit im Auge die Probe sieht. Selbst die
Harnblase gibt den Harn zwar nicht als eine zähe Ma-
terie von sich; indessen ist solche doch nicht mehr so wäss-
rig, oder wässriger, gefärbt und übelrichender als sie
erst war, da sie in der Blase ankam. Wegen der Galle
des Saamens und des Schleims wird keiner Zweifel
aufwerfen. Jn der Nase erzeugt sich überhaupt ein wäß-
riger und klarer Schleim, und er behält auch eben diese
Natur noch, wenn er in dem Schnupfen aus der Nase
läuft oder ausgeschnoben wird; denn zu der Zeit wird
die Nase von einer besondern Schärfe gereizt, welche
dem Schleime in der Nase keine Zeit lässet, sich so lange
darinnen zu verweilen, als zum Zähewerden erfordert
wird. An einem Menschen, dessen Gesichte von der
Kälte getroffen wird, flisset, da hier aller Verdacht ei-
ner Krankheit wegfällt, ein ganz dünnes und helles Was-
ser aus der Nase. Von einem wiederholten Niesen
wird ein solches Wasser ausgeworfen, dergleichen näm-
lich vorrätig ist, nachdem die erste Erschütterungen den
vorrätigen Schleim erschöpft haben. Eben so wird der-
jenige dikke Schleim, den die Luftröhre auszuwerfen
pflegt, auch vom kramfhaften Husten, ohne Krankheit,
und so gar von der Reizbarkeit des Rauches, oder wenn
irgend ein andres Körperchen in die Luftröhre gefallen ist,
geschwinde heraufgebracht, und da selbiger nicht Zeit be-
kommen, seine Natur zu verändern, so ist selbiger nichts

als
Siebendes Buch. Die Urſachen
§. 16.
Es verdikket ſich der in den Blaͤschen angehalt-
ne Saft in denſelben.

Es iſt die vornemſte und allgemeine Wirkung der
Blaͤschen dieſe, daß ſie den Saft, welchen ſie im Zu-
ſtande ſeiner Fluͤßigkeit aufnahmen, nunmehr zaͤher ma-
chen, wenn nicht etwa die Natur dieſes Saftes uͤber-
haupt keine Zaͤhigkeit vertraͤgt, wie man an der waͤſſri-
gen Fluͤßigkeit im Auge die Probe ſieht. Selbſt die
Harnblaſe gibt den Harn zwar nicht als eine zaͤhe Ma-
terie von ſich; indeſſen iſt ſolche doch nicht mehr ſo waͤſſ-
rig, oder waͤſſriger, gefaͤrbt und uͤbelrichender als ſie
erſt war, da ſie in der Blaſe ankam. Wegen der Galle
des Saamens und des Schleims wird keiner Zweifel
aufwerfen. Jn der Naſe erzeugt ſich uͤberhaupt ein waͤß-
riger und klarer Schleim, und er behaͤlt auch eben dieſe
Natur noch, wenn er in dem Schnupfen aus der Naſe
laͤuft oder ausgeſchnoben wird; denn zu der Zeit wird
die Naſe von einer beſondern Schaͤrfe gereizt, welche
dem Schleime in der Naſe keine Zeit laͤſſet, ſich ſo lange
darinnen zu verweilen, als zum Zaͤhewerden erfordert
wird. An einem Menſchen, deſſen Geſichte von der
Kaͤlte getroffen wird, fliſſet, da hier aller Verdacht ei-
ner Krankheit wegfaͤllt, ein ganz duͤnnes und helles Waſ-
ſer aus der Naſe. Von einem wiederholten Nieſen
wird ein ſolches Waſſer ausgeworfen, dergleichen naͤm-
lich vorraͤtig iſt, nachdem die erſte Erſchuͤtterungen den
vorraͤtigen Schleim erſchoͤpft haben. Eben ſo wird der-
jenige dikke Schleim, den die Luftroͤhre auszuwerfen
pflegt, auch vom kramfhaften Huſten, ohne Krankheit,
und ſo gar von der Reizbarkeit des Rauches, oder wenn
irgend ein andres Koͤrperchen in die Luftroͤhre gefallen iſt,
geſchwinde heraufgebracht, und da ſelbiger nicht Zeit be-
kommen, ſeine Natur zu veraͤndern, ſo iſt ſelbiger nichts

als
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0752" n="732"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Siebendes Buch. Die Ur&#x017F;achen</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 16.<lb/>
Es verdikket &#x017F;ich der in den Bla&#x0364;schen angehalt-<lb/>
ne Saft in den&#x017F;elben.</head><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t die vornem&#x017F;te und allgemeine Wirkung der<lb/>
Bla&#x0364;schen die&#x017F;e, daß &#x017F;ie den Saft, welchen &#x017F;ie im Zu-<lb/>
&#x017F;tande &#x017F;einer Flu&#x0364;ßigkeit aufnahmen, nunmehr za&#x0364;her ma-<lb/>
chen, wenn nicht etwa die Natur die&#x017F;es Saftes u&#x0364;ber-<lb/>
haupt keine Za&#x0364;higkeit vertra&#x0364;gt, wie man an der wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;ri-<lb/>
gen Flu&#x0364;ßigkeit im Auge die Probe &#x017F;ieht. Selb&#x017F;t die<lb/>
Harnbla&#x017F;e gibt den Harn zwar nicht als eine za&#x0364;he Ma-<lb/>
terie von &#x017F;ich; inde&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t &#x017F;olche doch nicht mehr &#x017F;o wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;-<lb/>
rig, oder wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;riger, gefa&#x0364;rbt und u&#x0364;belrichender als &#x017F;ie<lb/>
er&#x017F;t war, da &#x017F;ie in der Bla&#x017F;e ankam. Wegen der Galle<lb/>
des Saamens und des Schleims wird keiner Zweifel<lb/>
aufwerfen. Jn der Na&#x017F;e erzeugt &#x017F;ich u&#x0364;berhaupt ein wa&#x0364;ß-<lb/>
riger und klarer Schleim, und er beha&#x0364;lt auch eben die&#x017F;e<lb/>
Natur noch, wenn er in dem Schnupfen aus der Na&#x017F;e<lb/>
la&#x0364;uft oder ausge&#x017F;chnoben wird; denn zu der Zeit wird<lb/>
die Na&#x017F;e von einer be&#x017F;ondern Scha&#x0364;rfe gereizt, welche<lb/>
dem Schleime in der Na&#x017F;e keine Zeit la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, &#x017F;ich &#x017F;o lange<lb/>
darinnen zu verweilen, als zum Za&#x0364;hewerden erfordert<lb/>
wird. An einem Men&#x017F;chen, de&#x017F;&#x017F;en Ge&#x017F;ichte von der<lb/>
Ka&#x0364;lte getroffen wird, fli&#x017F;&#x017F;et, da hier aller Verdacht ei-<lb/>
ner Krankheit wegfa&#x0364;llt, ein ganz du&#x0364;nnes und helles Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er aus der Na&#x017F;e. Von einem wiederholten Nie&#x017F;en<lb/>
wird ein &#x017F;olches Wa&#x017F;&#x017F;er ausgeworfen, dergleichen na&#x0364;m-<lb/>
lich vorra&#x0364;tig i&#x017F;t, nachdem die er&#x017F;te Er&#x017F;chu&#x0364;tterungen den<lb/>
vorra&#x0364;tigen Schleim er&#x017F;cho&#x0364;pft haben. Eben &#x017F;o wird der-<lb/>
jenige dikke Schleim, den die Luftro&#x0364;hre auszuwerfen<lb/>
pflegt, auch vom kramfhaften Hu&#x017F;ten, ohne Krankheit,<lb/>
und &#x017F;o gar von der Reizbarkeit des Rauches, oder wenn<lb/>
irgend ein andres Ko&#x0364;rperchen in die Luftro&#x0364;hre gefallen i&#x017F;t,<lb/>
ge&#x017F;chwinde heraufgebracht, und da &#x017F;elbiger nicht Zeit be-<lb/>
kommen, &#x017F;eine Natur zu vera&#x0364;ndern, &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;elbiger nichts<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">als</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[732/0752] Siebendes Buch. Die Urſachen §. 16. Es verdikket ſich der in den Blaͤschen angehalt- ne Saft in denſelben. Es iſt die vornemſte und allgemeine Wirkung der Blaͤschen dieſe, daß ſie den Saft, welchen ſie im Zu- ſtande ſeiner Fluͤßigkeit aufnahmen, nunmehr zaͤher ma- chen, wenn nicht etwa die Natur dieſes Saftes uͤber- haupt keine Zaͤhigkeit vertraͤgt, wie man an der waͤſſri- gen Fluͤßigkeit im Auge die Probe ſieht. Selbſt die Harnblaſe gibt den Harn zwar nicht als eine zaͤhe Ma- terie von ſich; indeſſen iſt ſolche doch nicht mehr ſo waͤſſ- rig, oder waͤſſriger, gefaͤrbt und uͤbelrichender als ſie erſt war, da ſie in der Blaſe ankam. Wegen der Galle des Saamens und des Schleims wird keiner Zweifel aufwerfen. Jn der Naſe erzeugt ſich uͤberhaupt ein waͤß- riger und klarer Schleim, und er behaͤlt auch eben dieſe Natur noch, wenn er in dem Schnupfen aus der Naſe laͤuft oder ausgeſchnoben wird; denn zu der Zeit wird die Naſe von einer beſondern Schaͤrfe gereizt, welche dem Schleime in der Naſe keine Zeit laͤſſet, ſich ſo lange darinnen zu verweilen, als zum Zaͤhewerden erfordert wird. An einem Menſchen, deſſen Geſichte von der Kaͤlte getroffen wird, fliſſet, da hier aller Verdacht ei- ner Krankheit wegfaͤllt, ein ganz duͤnnes und helles Waſ- ſer aus der Naſe. Von einem wiederholten Nieſen wird ein ſolches Waſſer ausgeworfen, dergleichen naͤm- lich vorraͤtig iſt, nachdem die erſte Erſchuͤtterungen den vorraͤtigen Schleim erſchoͤpft haben. Eben ſo wird der- jenige dikke Schleim, den die Luftroͤhre auszuwerfen pflegt, auch vom kramfhaften Huſten, ohne Krankheit, und ſo gar von der Reizbarkeit des Rauches, oder wenn irgend ein andres Koͤrperchen in die Luftroͤhre gefallen iſt, geſchwinde heraufgebracht, und da ſelbiger nicht Zeit be- kommen, ſeine Natur zu veraͤndern, ſo iſt ſelbiger nichts als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/752
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 732. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/752>, abgerufen am 19.04.2024.