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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

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IIII Abschn. dessen Erscheinnngen.
hervorgebrachten Ausdehnung der Lunge her habe (e).
Nun haben wir diese Luft weggeräumt, denn wir haben
gezeigt, daß ihre Federkraft zerstört worden, mit der sie
allein die Lunge erweitern kann. Eine neue Luft können
wir nicht gestatten, weil die Lunge voll ist. Folglich mus
das geschehen, welches, wie wir gezeigt haben, von einem
fortgesezzten Einatmen geschicht, es mus nämlich das
Blut durch die Lunge nicht laufen können, es mus sich
in den Gefäßen der Lunge anhäusen, in dem rechten Herz-
ohre, den nächsten Blutadern sammlen, und die Aengst-
lichkeit, von der die Ursache gesucht wird, entstehen.

Daher pflegen wir, weil der Naturtrieb nicht be-
trügt, keine Mühe anzuwenden, uns von dieser Beklem-
mung, durch ein neues Einatmen loszumachen, denn da-
durch würden wir die Brust nur noch mehr erweitern,
sondern wir stossen blos durch das Ausatmen, die ver-
zehrte Luft aus, und so folgt auf dieses Ausatmen, mit
dem Einatmen zugleich, eine neue und gesunde Luft.

§. 17.
Die Ursache, warum nothwendiger Weise das
Ausatmen, auf das Einatmen folgen mus.

Nun gerathen wir an eine bedenkliche Frage, war-
um nämlich, nach dem Einatmen, das Ausatmen so
nothwendig sei, und was vor wirkende Ursachen diesen
neuen Zustand der Lunge hervorbringen?

Es haben einige berühmte Männer die Sache mecha-
nisch zu erklären gesucht. Jndem nämlich die inwendi-
gen Ribbenmuskeln ihr Spiel verrichten, so würden
davon die äussern gezogen, sie empfänden davon eine
Beschwerlichkeit, wenn also dieses Spannen nachliesse,

so
(e) §. IV.
C c 4

IIII Abſchn. deſſen Erſcheinnngen.
hervorgebrachten Ausdehnung der Lunge her habe (e).
Nun haben wir dieſe Luft weggeraͤumt, denn wir haben
gezeigt, daß ihre Federkraft zerſtoͤrt worden, mit der ſie
allein die Lunge erweitern kann. Eine neue Luft koͤnnen
wir nicht geſtatten, weil die Lunge voll iſt. Folglich mus
das geſchehen, welches, wie wir gezeigt haben, von einem
fortgeſezzten Einatmen geſchicht, es mus naͤmlich das
Blut durch die Lunge nicht laufen koͤnnen, es mus ſich
in den Gefaͤßen der Lunge anhaͤuſen, in dem rechten Herz-
ohre, den naͤchſten Blutadern ſammlen, und die Aengſt-
lichkeit, von der die Urſache geſucht wird, entſtehen.

Daher pflegen wir, weil der Naturtrieb nicht be-
truͤgt, keine Muͤhe anzuwenden, uns von dieſer Beklem-
mung, durch ein neues Einatmen loszumachen, denn da-
durch wuͤrden wir die Bruſt nur noch mehr erweitern,
ſondern wir ſtoſſen blos durch das Ausatmen, die ver-
zehrte Luft aus, und ſo folgt auf dieſes Ausatmen, mit
dem Einatmen zugleich, eine neue und geſunde Luft.

§. 17.
Die Urſache, warum nothwendiger Weiſe das
Ausatmen, auf das Einatmen folgen mus.

Nun gerathen wir an eine bedenkliche Frage, war-
um naͤmlich, nach dem Einatmen, das Ausatmen ſo
nothwendig ſei, und was vor wirkende Urſachen dieſen
neuen Zuſtand der Lunge hervorbringen?

Es haben einige beruͤhmte Maͤnner die Sache mecha-
niſch zu erklaͤren geſucht. Jndem naͤmlich die inwendi-
gen Ribbenmuskeln ihr Spiel verrichten, ſo wuͤrden
davon die aͤuſſern gezogen, ſie empfaͤnden davon eine
Beſchwerlichkeit, wenn alſo dieſes Spannen nachlieſſe,

ſo
(e) §. IV.
C c 4
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[407/0413] IIII Abſchn. deſſen Erſcheinnngen. hervorgebrachten Ausdehnung der Lunge her habe (e). Nun haben wir dieſe Luft weggeraͤumt, denn wir haben gezeigt, daß ihre Federkraft zerſtoͤrt worden, mit der ſie allein die Lunge erweitern kann. Eine neue Luft koͤnnen wir nicht geſtatten, weil die Lunge voll iſt. Folglich mus das geſchehen, welches, wie wir gezeigt haben, von einem fortgeſezzten Einatmen geſchicht, es mus naͤmlich das Blut durch die Lunge nicht laufen koͤnnen, es mus ſich in den Gefaͤßen der Lunge anhaͤuſen, in dem rechten Herz- ohre, den naͤchſten Blutadern ſammlen, und die Aengſt- lichkeit, von der die Urſache geſucht wird, entſtehen. Daher pflegen wir, weil der Naturtrieb nicht be- truͤgt, keine Muͤhe anzuwenden, uns von dieſer Beklem- mung, durch ein neues Einatmen loszumachen, denn da- durch wuͤrden wir die Bruſt nur noch mehr erweitern, ſondern wir ſtoſſen blos durch das Ausatmen, die ver- zehrte Luft aus, und ſo folgt auf dieſes Ausatmen, mit dem Einatmen zugleich, eine neue und geſunde Luft. §. 17. Die Urſache, warum nothwendiger Weiſe das Ausatmen, auf das Einatmen folgen mus. Nun gerathen wir an eine bedenkliche Frage, war- um naͤmlich, nach dem Einatmen, das Ausatmen ſo nothwendig ſei, und was vor wirkende Urſachen dieſen neuen Zuſtand der Lunge hervorbringen? Es haben einige beruͤhmte Maͤnner die Sache mecha- niſch zu erklaͤren geſucht. Jndem naͤmlich die inwendi- gen Ribbenmuskeln ihr Spiel verrichten, ſo wuͤrden davon die aͤuſſern gezogen, ſie empfaͤnden davon eine Beſchwerlichkeit, wenn alſo dieſes Spannen nachlieſſe, ſo (e) §. IV. C c 4

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/413>, abgerufen am 29.03.2024.