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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

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IIII. Abschn. dessen Erscheinungen.
Blutumlaufes aufgehoben worden, warum die Einat-
mungsmuskeln nicht zu wirken fortfahren können. Es
ist aber vor allem andern gewiß, wenn die Lunge an er-
würgten Thieren (u) das nicht mehr einatmet, daß die
Kräfte des Zwerchfelles, und die Muskeln zwischen den
Ribben noch viel länger dauren, und ihr Geschäfte mit
gutem Nachdrukke länger noch verrichten, als die Pause
zwischen zweien Tempo des Atemholens beträgt.

§. 18.
Die Ursache, welche uns wahrscheinlicher zu
seyn scheinet.

Niemand mache mir hier den Vorwurf, daß ich ei-
ner Parthei zu gefallen suche, wenn ich mich auf den
Willen, und das Bestreben der Seele berufe. Es wird
das ganze Atemholen bei Menschen, und den unvernünf-
tigen Thieren (x) vom Willen beherrscht. Es dehnen
Frösche, wie ich oft gesehen (y), das Kamaeleon (z), die
Schildkröte, ihre Lunge nach Willkühr auf, sie ziehen sie
voll Luft, sie leeren sie dagegen geschwinde wieder aus,
daß sie ganz schlaff zusammenfällt. Eben diese Thiere
beobachten im Atemholen höchst ungewisse Zwischenzeiten,
fo daß zwischen dem Ein- und Ausatmen oft fehr lange,
oft fast gar keine Zeit vergeht. Die Kaninchen (b), und
andre Thiere, halten bald vor Furcht mit dem Atemho-

len
(u) [Spaltenumbruch] Exp. 24. ferner 23, 97. de
BREMOND.
angef. Ort. S. 339.
342. cheselden anat. S. 105.
(x) Das ganze Alterthum hat das
freiwillige Atemholen erkannt, als
GALEN de util. respir. und er
hat Recht, daß wir im Fieber den
Puls weder verstärken, noch ver-
mindern können, man unterlasse aber
das Einatmen in der Brustentzün-
[Spaltenumbruch] dung nach Belieben. Ferner a. lav-
rent.
S. 502. u. f. J sb. v. die-
merbr.
S. 318 archang, pic-
colhom.
praelect. anat.
S. 242.
fabricivs L. II. S. 25. 26. u. a.
(y) §. 16.
(z) Ebendas.
(b) Mem. sur la respir. Exp. 7.
8. u. f.

IIII. Abſchn. deſſen Erſcheinungen.
Blutumlaufes aufgehoben worden, warum die Einat-
mungsmuskeln nicht zu wirken fortfahren koͤnnen. Es
iſt aber vor allem andern gewiß, wenn die Lunge an er-
wuͤrgten Thieren (u) das nicht mehr einatmet, daß die
Kraͤfte des Zwerchfelles, und die Muskeln zwiſchen den
Ribben noch viel laͤnger dauren, und ihr Geſchaͤfte mit
gutem Nachdrukke laͤnger noch verrichten, als die Pauſe
zwiſchen zweien Tempo des Atemholens betraͤgt.

§. 18.
Die Urſache, welche uns wahrſcheinlicher zu
ſeyn ſcheinet.

Niemand mache mir hier den Vorwurf, daß ich ei-
ner Parthei zu gefallen ſuche, wenn ich mich auf den
Willen, und das Beſtreben der Seele berufe. Es wird
das ganze Atemholen bei Menſchen, und den unvernuͤnf-
tigen Thieren (x) vom Willen beherrſcht. Es dehnen
Froͤſche, wie ich oft geſehen (y), das Kamaeleon (z), die
Schildkroͤte, ihre Lunge nach Willkuͤhr auf, ſie ziehen ſie
voll Luft, ſie leeren ſie dagegen geſchwinde wieder aus,
daß ſie ganz ſchlaff zuſammenfaͤllt. Eben dieſe Thiere
beobachten im Atemholen hoͤchſt ungewiſſe Zwiſchenzeiten,
fo daß zwiſchen dem Ein- und Ausatmen oft fehr lange,
oft faſt gar keine Zeit vergeht. Die Kaninchen (b), und
andre Thiere, halten bald vor Furcht mit dem Atemho-

len
(u) [Spaltenumbruch] Exp. 24. ferner 23, 97. de
BREMOND.
angef. Ort. S. 339.
342. cheſelden anat. S. 105.
(x) Das ganze Alterthum hat das
freiwillige Atemholen erkannt, als
GALEN de util. reſpir. und er
hat Recht, daß wir im Fieber den
Puls weder verſtaͤrken, noch ver-
mindern koͤnnen, man unterlaſſe aber
das Einatmen in der Bruſtentzuͤn-
[Spaltenumbruch] dung nach Belieben. Ferner a. lav-
rent.
S. 502. u. f. J ſb. v. die-
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praelect. anat.
S. 242.
fabricivſ L. II. S. 25. 26. u. a.
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(z) Ebendaſ.
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8. u. f.
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[411/0417] IIII. Abſchn. deſſen Erſcheinungen. Blutumlaufes aufgehoben worden, warum die Einat- mungsmuskeln nicht zu wirken fortfahren koͤnnen. Es iſt aber vor allem andern gewiß, wenn die Lunge an er- wuͤrgten Thieren (u) das nicht mehr einatmet, daß die Kraͤfte des Zwerchfelles, und die Muskeln zwiſchen den Ribben noch viel laͤnger dauren, und ihr Geſchaͤfte mit gutem Nachdrukke laͤnger noch verrichten, als die Pauſe zwiſchen zweien Tempo des Atemholens betraͤgt. §. 18. Die Urſache, welche uns wahrſcheinlicher zu ſeyn ſcheinet. Niemand mache mir hier den Vorwurf, daß ich ei- ner Parthei zu gefallen ſuche, wenn ich mich auf den Willen, und das Beſtreben der Seele berufe. Es wird das ganze Atemholen bei Menſchen, und den unvernuͤnf- tigen Thieren (x) vom Willen beherrſcht. Es dehnen Froͤſche, wie ich oft geſehen (y), das Kamaeleon (z), die Schildkroͤte, ihre Lunge nach Willkuͤhr auf, ſie ziehen ſie voll Luft, ſie leeren ſie dagegen geſchwinde wieder aus, daß ſie ganz ſchlaff zuſammenfaͤllt. Eben dieſe Thiere beobachten im Atemholen hoͤchſt ungewiſſe Zwiſchenzeiten, fo daß zwiſchen dem Ein- und Ausatmen oft fehr lange, oft faſt gar keine Zeit vergeht. Die Kaninchen (b), und andre Thiere, halten bald vor Furcht mit dem Atemho- len (u) Exp. 24. ferner 23, 97. de BREMOND. angef. Ort. S. 339. 342. cheſelden anat. S. 105. (x) Das ganze Alterthum hat das freiwillige Atemholen erkannt, als GALEN de util. reſpir. und er hat Recht, daß wir im Fieber den Puls weder verſtaͤrken, noch ver- mindern koͤnnen, man unterlaſſe aber das Einatmen in der Bruſtentzuͤn- dung nach Belieben. Ferner a. lav- rent. S. 502. u. f. J ſb. v. die- merbr. S. 318 archang, pic- colhom. praelect. anat. S. 242. fabricivſ L. II. S. 25. 26. u. a. (y) §. 16. (z) Ebendaſ. (b) Mem. ſur la reſpir. Exp. 7. 8. u. f.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/417>, abgerufen am 19.04.2024.