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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
womit man die eine Carotis, oder beide unterbindet,
überhaupt an den Thieren keinen Schlaf hervorbringt,
ob die alten Aerzte [Spaltenumbruch] (c) gleich solches behaupten, und
warum ein Thier noch leben könne, wenn die Carotis-
adern gleich zerschnitten sind (c*). Es ist nämlich aus
Versuchen (d), dergleichen auch wir angestellet haben (e),
bekannt, daß solches ein Thier weder einschläfere, noch
tödte. Jndem nämlich alsdenn noch die Wirbelschlag-
ader frei ist, so fließt aus dieser das Blut durch die
Mittheilungsstämme, nach beiden großen Gehirnästen
der Carotis und nach dem ganzen Gehirne, fast eben so
frei und häufig hin, als bei einem unbeschädigten Ge-
hirne. Es hat sich auch die Natur in den unvernünfti-
gen Thieren noch andere dergleichen Zusammenhänge der
Adern vorbehalten (g).

§. 11.
Die Schlagader der Hirnschwiele.

Es zertheilt sich die Schlagader der Gehirncaro-
tis (h) entweder dicht am Ursprunge des Mittheilungs-
astes, oder doch überhaupt eben daselbst, in zween der

vor-
(c) GALEN. HIPP. et
PLAT. Decret. Lib. I. Lib. II.
c.
6. schreibt, daß der Name von
dem Versuche der Erasistrati-
schen
Aerzte entstanden sey, weil
ein Thier, dem diese Schlagadern
gebunden, einschläft, ferner ARI-
STOTELES
hist. anim. L. III.
c.
3, ob er sie gleich Drosselader
nennt, auch RVFVS hat sie
appell. I. S. 42. 43. aber er thut
hinzu, daß der Schlaf von den
mit einbegriffenen Nerven entste-
he, ferner SANCTORIVS in
I. fen.
S. 629.
(c*) VESAL Lib. VII. S. 820,
der die Ursache des rükständigen
Lebens nicht gewust hat, und ich
glaude auch nicht, daß die Augen
[Spaltenumbruch] von diesem Bande welk werden, wie
der CHROVET sagt de trib. hum.
ocul
S 17.
(d) EMETT tentam. medic. II.
S. 27. G. v. SCHWIETEN
Comm. T. I.
S. 266. das Thier
holt ganz frei Athem, wenn die
Carotides gebunden sind GALEN.
de util. respir.
und kömt auch nicht
um, SCHWENKE S. 18.
(e) Mem. sur le mouv. du sang.
Exp.
51.
(g) Jm Pferde vereinigen sie
sich nahe am Pferdesattel, durch
den Querast, BOVRGELAT T. II.
S. 17. WILLIS S. 58. ich ha-
be diese Vereinigung auch in an-
dern Thieren gesehen.
(h) Fascic. 7. S. 5.

Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
womit man die eine Carotis, oder beide unterbindet,
uͤberhaupt an den Thieren keinen Schlaf hervorbringt,
ob die alten Aerzte [Spaltenumbruch] (c) gleich ſolches behaupten, und
warum ein Thier noch leben koͤnne, wenn die Carotis-
adern gleich zerſchnitten ſind (c*). Es iſt naͤmlich aus
Verſuchen (d), dergleichen auch wir angeſtellet haben (e),
bekannt, daß ſolches ein Thier weder einſchlaͤfere, noch
toͤdte. Jndem naͤmlich alsdenn noch die Wirbelſchlag-
ader frei iſt, ſo fließt aus dieſer das Blut durch die
Mittheilungsſtaͤmme, nach beiden großen Gehirnaͤſten
der Carotis und nach dem ganzen Gehirne, faſt eben ſo
frei und haͤufig hin, als bei einem unbeſchaͤdigten Ge-
hirne. Es hat ſich auch die Natur in den unvernuͤnfti-
gen Thieren noch andere dergleichen Zuſammenhaͤnge der
Adern vorbehalten (g).

§. 11.
Die Schlagader der Hirnſchwiele.

Es zertheilt ſich die Schlagader der Gehirncaro-
tis (h) entweder dicht am Urſprunge des Mittheilungs-
aſtes, oder doch uͤberhaupt eben daſelbſt, in zween der

vor-
(c) GALEN. HIPP. et
PLAT. Decret. Lib. I. Lib. II.
c.
6. ſchreibt, daß der Name von
dem Verſuche der Eraſiſtrati-
ſchen
Aerzte entſtanden ſey, weil
ein Thier, dem dieſe Schlagadern
gebunden, einſchlaͤft, ferner ARI-
STOTELES
hiſt. anim. L. III.
c.
3, ob er ſie gleich Droſſelader
nennt, auch RVFVS hat ſie
appell. I. S. 42. 43. aber er thut
hinzu, daß der Schlaf von den
mit einbegriffenen Nerven entſte-
he, ferner SANCTORIVS in
I. fen.
S. 629.
(c*) VESAL Lib. VII. S. 820,
der die Urſache des ruͤkſtaͤndigen
Lebens nicht gewuſt hat, und ich
glaude auch nicht, daß die Augen
[Spaltenumbruch] von dieſem Bande welk werden, wie
der CHROVET ſagt de trib. hum.
ocul
S 17.
(d) EMETT tentam. medic. II.
S. 27. G. v. SCHWIETEN
Comm. T. I.
S. 266. das Thier
holt ganz frei Athem, wenn die
Carotides gebunden ſind GALEN.
de util. reſpir.
und koͤmt auch nicht
um, SCHWENKE S. 18.
(e) Mem. ſur le mouv. du ſang.
Exp.
51.
(g) Jm Pferde vereinigen ſie
ſich nahe am Pferdeſattel, durch
den Queraſt, BOVRGELAT T. II.
S. 17. WILLIS S. 58. ich ha-
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dern Thieren geſehen.
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[194/0230] Das Gehirn und die Nerven. X. Buch. womit man die eine Carotis, oder beide unterbindet, uͤberhaupt an den Thieren keinen Schlaf hervorbringt, ob die alten Aerzte (c) gleich ſolches behaupten, und warum ein Thier noch leben koͤnne, wenn die Carotis- adern gleich zerſchnitten ſind (c*). Es iſt naͤmlich aus Verſuchen (d), dergleichen auch wir angeſtellet haben (e), bekannt, daß ſolches ein Thier weder einſchlaͤfere, noch toͤdte. Jndem naͤmlich alsdenn noch die Wirbelſchlag- ader frei iſt, ſo fließt aus dieſer das Blut durch die Mittheilungsſtaͤmme, nach beiden großen Gehirnaͤſten der Carotis und nach dem ganzen Gehirne, faſt eben ſo frei und haͤufig hin, als bei einem unbeſchaͤdigten Ge- hirne. Es hat ſich auch die Natur in den unvernuͤnfti- gen Thieren noch andere dergleichen Zuſammenhaͤnge der Adern vorbehalten (g). §. 11. Die Schlagader der Hirnſchwiele. Es zertheilt ſich die Schlagader der Gehirncaro- tis (h) entweder dicht am Urſprunge des Mittheilungs- aſtes, oder doch uͤberhaupt eben daſelbſt, in zween der vor- (c) GALEN. HIPP. et PLAT. Decret. Lib. I. Lib. II. c. 6. ſchreibt, daß der Name von dem Verſuche der Eraſiſtrati- ſchen Aerzte entſtanden ſey, weil ein Thier, dem dieſe Schlagadern gebunden, einſchlaͤft, ferner ARI- STOTELES hiſt. anim. L. III. c. 3, ob er ſie gleich Droſſelader nennt, auch RVFVS hat ſie appell. I. S. 42. 43. aber er thut hinzu, daß der Schlaf von den mit einbegriffenen Nerven entſte- he, ferner SANCTORIVS in I. fen. S. 629. (c*) VESAL Lib. VII. S. 820, der die Urſache des ruͤkſtaͤndigen Lebens nicht gewuſt hat, und ich glaude auch nicht, daß die Augen von dieſem Bande welk werden, wie der CHROVET ſagt de trib. hum. ocul S 17. (d) EMETT tentam. medic. II. S. 27. G. v. SCHWIETEN Comm. T. I. S. 266. das Thier holt ganz frei Athem, wenn die Carotides gebunden ſind GALEN. de util. reſpir. und koͤmt auch nicht um, SCHWENKE S. 18. (e) Mem. ſur le mouv. du ſang. Exp. 51. (g) Jm Pferde vereinigen ſie ſich nahe am Pferdeſattel, durch den Queraſt, BOVRGELAT T. II. S. 17. WILLIS S. 58. ich ha- be dieſe Vereinigung auch in an- dern Thieren geſehen. (h) Faſcic. 7. S. 5.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/230>, abgerufen am 29.03.2024.