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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
Schwingungskraft unterstützt werde [Spaltenumbruch] c. Doch es hat
auch nicht der berümte Robinson den thierischen Aether
verworfen [Spaltenumbruch] d.

Vor kurzem ließ ein berümter Mann die Nerven
wie Schneckenzüge gedreht, und um desto mehr gespannt
und desto empfindlicher sein, ie enger diese Spirallinie,
und so gegentheils, wäre e, ia es schreibt ein anderer,
daß die Nerven Runzeln haben, welche sich erweitern
und wieder verengern liessen, und eben hierinnen bestehe
die Thätigkeit der Nerven f.

§. 4.
Warum man diese Hipotese nicht annehmen
könne.

Das erste, was uns hier in die Augen fällt, ist das
Schwingen, Zittern oder Beben, man sieht ferner, daß
sich das Fortpflanzen der Bebungen durch die völlige und
grosse Länge eines Nerven, blos für einen elastischen Kör-
per schicke, indem es diesem eigen ist, dem Stosse aus-
zuweichen, und sich kurz darauf wieder in denienigen
Zustand zu versetzen, aus welchem er verdrengt worden.
Es gehört aber zu den Empfindungen nicht blos ein ein-
ziger Zeitpunkt, ein einziger Augenblick, und es dauret
ihr Eindruck lange genug, wie wir an einem andern
Orte von dem scheinbaren Feuerrade beweisen wollen,
welches daher entsteht, wenn man einen angeglimmten
Stab herumschwingt. Es müssen folglich dergleichen
Schwingungen, welche Empfindungen machen sollen,
lange Zeit fortdauren, und es müssen die Nerven sehr
gute elastische Saiten sein, welche von einem einzigen

Ein-
c Gorter chir. p. 185. et fere II.
Ludwig physiol. n.
310. und der
berümte Crusius Naturlehre p. n.
1063. et Gaubius pathol. p.
208.
d Spleen p. 158.
e Vandermonde l. c. T. I. p. 377.
f De Borden sensat in genere.

Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
Schwingungskraft unterſtuͤtzt werde [Spaltenumbruch] c. Doch es hat
auch nicht der beruͤmte Robinſon den thieriſchen Aether
verworfen [Spaltenumbruch] d.

Vor kurzem ließ ein beruͤmter Mann die Nerven
wie Schneckenzuͤge gedreht, und um deſto mehr geſpannt
und deſto empfindlicher ſein, ie enger dieſe Spirallinie,
und ſo gegentheils, waͤre e, ia es ſchreibt ein anderer,
daß die Nerven Runzeln haben, welche ſich erweitern
und wieder verengern lieſſen, und eben hierinnen beſtehe
die Thaͤtigkeit der Nerven f.

§. 4.
Warum man dieſe Hipoteſe nicht annehmen
koͤnne.

Das erſte, was uns hier in die Augen faͤllt, iſt das
Schwingen, Zittern oder Beben, man ſieht ferner, daß
ſich das Fortpflanzen der Bebungen durch die voͤllige und
groſſe Laͤnge eines Nerven, blos fuͤr einen elaſtiſchen Koͤr-
per ſchicke, indem es dieſem eigen iſt, dem Stoſſe aus-
zuweichen, und ſich kurz darauf wieder in denienigen
Zuſtand zu verſetzen, aus welchem er verdrengt worden.
Es gehoͤrt aber zu den Empfindungen nicht blos ein ein-
ziger Zeitpunkt, ein einziger Augenblick, und es dauret
ihr Eindruck lange genug, wie wir an einem andern
Orte von dem ſcheinbaren Feuerrade beweiſen wollen,
welches daher entſteht, wenn man einen angeglimmten
Stab herumſchwingt. Es muͤſſen folglich dergleichen
Schwingungen, welche Empfindungen machen ſollen,
lange Zeit fortdauren, und es muͤſſen die Nerven ſehr
gute elaſtiſche Saiten ſein, welche von einem einzigen

Ein-
c Gorter chir. p. 185. et fere II.
Ludwig phyſiol. n.
310. und der
beruͤmte Cruſius Naturlehre p. n.
1063. et Gaubius pathol. p.
208.
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f De Borden ſenſat in genere.
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[566/0602] Das Gehirn und die Nerven. X. Buch. Schwingungskraft unterſtuͤtzt werde c. Doch es hat auch nicht der beruͤmte Robinſon den thieriſchen Aether verworfen d. Vor kurzem ließ ein beruͤmter Mann die Nerven wie Schneckenzuͤge gedreht, und um deſto mehr geſpannt und deſto empfindlicher ſein, ie enger dieſe Spirallinie, und ſo gegentheils, waͤre e, ia es ſchreibt ein anderer, daß die Nerven Runzeln haben, welche ſich erweitern und wieder verengern lieſſen, und eben hierinnen beſtehe die Thaͤtigkeit der Nerven f. §. 4. Warum man dieſe Hipoteſe nicht annehmen koͤnne. Das erſte, was uns hier in die Augen faͤllt, iſt das Schwingen, Zittern oder Beben, man ſieht ferner, daß ſich das Fortpflanzen der Bebungen durch die voͤllige und groſſe Laͤnge eines Nerven, blos fuͤr einen elaſtiſchen Koͤr- per ſchicke, indem es dieſem eigen iſt, dem Stoſſe aus- zuweichen, und ſich kurz darauf wieder in denienigen Zuſtand zu verſetzen, aus welchem er verdrengt worden. Es gehoͤrt aber zu den Empfindungen nicht blos ein ein- ziger Zeitpunkt, ein einziger Augenblick, und es dauret ihr Eindruck lange genug, wie wir an einem andern Orte von dem ſcheinbaren Feuerrade beweiſen wollen, welches daher entſteht, wenn man einen angeglimmten Stab herumſchwingt. Es muͤſſen folglich dergleichen Schwingungen, welche Empfindungen machen ſollen, lange Zeit fortdauren, und es muͤſſen die Nerven ſehr gute elaſtiſche Saiten ſein, welche von einem einzigen Ein- c Gorter chir. p. 185. et fere II. Ludwig phyſiol. n. 310. und der beruͤmte Cruſius Naturlehre p. n. 1063. et Gaubius pathol. p. 208. d Spleen p. 158. e Vandermonde l. c. T. I. p. 377. f De Borden ſenſat in genere.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/602>, abgerufen am 23.04.2024.