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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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V. Abschn. Die Pulsadern des Gehirns.
kalt anzufühlen sey. Daß das Gehirn ohne Blutadern
und ohne Blut sey [Spaltenumbruch] (a). F. Sylvius will, daß im
Gehirn keine, oder sehr wenige Blutadern sind (b), und
daß es Schlagadern sind, welche sich in die Sinus er-
strekken (c). Auch Lancisius läugnet [Spaltenumbruch] (d) die Blut-
adern im Gehirn, und es schreibt sich Columbus die
Ehre zu, solche im Gehirn zuerst entdeckt zu haben (e).

Vielleicht war die Ursache ihres Jrrthums diese,
daß man keinen Blutaderstamm von einem ansehnlichen
Durchmesser, noch Blutadern, die großen Schlagadern
im Gehirne, wie sonst im Körper, begleiten sieht.

Ob nun gleich die Blutadern des Gehirns mit den
Schlagadern in eins fortgehen, so kann man doch schwer-
lich ihre Geschichte entwerfen, bevor man nicht die Si-
nus, welche an der harten Gehirnhaut zahlreich vorkom-
men, vorher beschreibt.

Wir verstehen aber überhaupt unter dem Namen
der Sinuum wahre Blutadern (f), welche offenbar
mit den Drossel. Wirbelblutadern und andern, die von
außen am Kopfe herkommen, ein Stück ausmachen, so,
wie man an einem der beiden Quersinuum, der hier zum
Exempel dienen kann, offenbar wahrnehmen kann, daß
die Membranen der Drosselblutader deutlich ein Stück
mit ihm ausmachen (g). Sie haben aber einen ganz
eigenen Namen im Gehirne bekommen, weil sie sich
zwischen den Platten der harten Membrane befinden,
und durch ein häufiges und kurzes Zellgewebe mit diesen

Platten
(a) Eben da. Lib. III. cap. 3.
(b) Dissert. med. 4. n. 15. du
HAMEL
hat keine corp. anim.
Lib. III. cap.
5.
(c) F. SYLVIVS bei dem
BARTHOLIN. S. 462.
(d) De corde et aneurysm.
S. 17.
(e) S. 170. auch die Pulsadern.
(f) COLVMBVS S. 189.
der Augen- Keil- und Felsensinus.
(g) WINSLOW Tom. IV.
n.
29. 34.
H. Phisiol. 4. B. P

V. Abſchn. Die Pulsadern des Gehirns.
kalt anzufuͤhlen ſey. Daß das Gehirn ohne Blutadern
und ohne Blut ſey [Spaltenumbruch] (a). F. Sylvius will, daß im
Gehirn keine, oder ſehr wenige Blutadern ſind (b), und
daß es Schlagadern ſind, welche ſich in die Sinus er-
ſtrekken (c). Auch Lanciſius laͤugnet [Spaltenumbruch] (d) die Blut-
adern im Gehirn, und es ſchreibt ſich Columbus die
Ehre zu, ſolche im Gehirn zuerſt entdeckt zu haben (e).

Vielleicht war die Urſache ihres Jrrthums dieſe,
daß man keinen Blutaderſtamm von einem anſehnlichen
Durchmeſſer, noch Blutadern, die großen Schlagadern
im Gehirne, wie ſonſt im Koͤrper, begleiten ſieht.

Ob nun gleich die Blutadern des Gehirns mit den
Schlagadern in eins fortgehen, ſo kann man doch ſchwer-
lich ihre Geſchichte entwerfen, bevor man nicht die Si-
nus, welche an der harten Gehirnhaut zahlreich vorkom-
men, vorher beſchreibt.

Wir verſtehen aber uͤberhaupt unter dem Namen
der Sinuum wahre Blutadern (f), welche offenbar
mit den Droſſel. Wirbelblutadern und andern, die von
außen am Kopfe herkommen, ein Stuͤck ausmachen, ſo,
wie man an einem der beiden Querſinuum, der hier zum
Exempel dienen kann, offenbar wahrnehmen kann, daß
die Membranen der Droſſelblutader deutlich ein Stuͤck
mit ihm ausmachen (g). Sie haben aber einen ganz
eigenen Namen im Gehirne bekommen, weil ſie ſich
zwiſchen den Platten der harten Membrane befinden,
und durch ein haͤufiges und kurzes Zellgewebe mit dieſen

Platten
(a) Eben da. Lib. III. cap. 3.
(b) Diſſert. med. 4. n. 15. du
HAMEL
hat keine corp. anim.
Lib. III. cap.
5.
(c) F. SYLVIVS bei dem
BARTHOLIN. S. 462.
(d) De corde et aneurysm.
S. 17.
(e) S. 170. auch die Pulsadern.
(f) COLVMBVS S. 189.
der Augen- Keil- und Felſenſinus.
(g) WINSLOW Tom. IV.
n.
29. 34.
H. Phiſiol. 4. B. P
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[225/0261] V. Abſchn. Die Pulsadern des Gehirns. kalt anzufuͤhlen ſey. Daß das Gehirn ohne Blutadern und ohne Blut ſey (a). F. Sylvius will, daß im Gehirn keine, oder ſehr wenige Blutadern ſind (b), und daß es Schlagadern ſind, welche ſich in die Sinus er- ſtrekken (c). Auch Lanciſius laͤugnet (d) die Blut- adern im Gehirn, und es ſchreibt ſich Columbus die Ehre zu, ſolche im Gehirn zuerſt entdeckt zu haben (e). Vielleicht war die Urſache ihres Jrrthums dieſe, daß man keinen Blutaderſtamm von einem anſehnlichen Durchmeſſer, noch Blutadern, die großen Schlagadern im Gehirne, wie ſonſt im Koͤrper, begleiten ſieht. Ob nun gleich die Blutadern des Gehirns mit den Schlagadern in eins fortgehen, ſo kann man doch ſchwer- lich ihre Geſchichte entwerfen, bevor man nicht die Si- nus, welche an der harten Gehirnhaut zahlreich vorkom- men, vorher beſchreibt. Wir verſtehen aber uͤberhaupt unter dem Namen der Sinuum wahre Blutadern (f), welche offenbar mit den Droſſel. Wirbelblutadern und andern, die von außen am Kopfe herkommen, ein Stuͤck ausmachen, ſo, wie man an einem der beiden Querſinuum, der hier zum Exempel dienen kann, offenbar wahrnehmen kann, daß die Membranen der Droſſelblutader deutlich ein Stuͤck mit ihm ausmachen (g). Sie haben aber einen ganz eigenen Namen im Gehirne bekommen, weil ſie ſich zwiſchen den Platten der harten Membrane befinden, und durch ein haͤufiges und kurzes Zellgewebe mit dieſen Platten (a) Eben da. Lib. III. cap. 3. (b) Diſſert. med. 4. n. 15. du HAMEL hat keine corp. anim. Lib. III. cap. 5. (c) F. SYLVIVS bei dem BARTHOLIN. S. 462. (d) De corde et aneurysm. S. 17. (e) S. 170. auch die Pulsadern. (f) COLVMBVS S. 189. der Augen- Keil- und Felſenſinus. (g) WINSLOW Tom. IV. n. 29. 34. H. Phiſiol. 4. B. P

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/261>, abgerufen am 25.04.2024.