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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
es von diesem Reize befreit wird. Wenn man durch
das Loch des Borers Salpetergeist eingießt [Spaltenumbruch] (u), so fol-
ge eine Schläfrigkeit (x), eine Geschwulst, und endlich
der Todt darauf, da indessen das große Gehirn unbe-
schädigt ist. Wenn man mit eben diesem Geiste, oder
mit der Säure des Vitriols (y), die harte Gehirnhaut
berühre, so fange sich der Hund an zu winden, und es
erfolgen Krämpfe (z), nebst dem Tode. Dergleichen
geschehe auch, wenn man Schweselgeist einspritzt (a).
Man habe diese Gehirnhaut gestochen, und darauf sey
das Blut aus einer geritzten Schlagader stärker hervor-
gesprungen (b). Als man heisses Wasser eingespritzt,
sey das Thier an Verzükkungen gestorben [Spaltenumbruch] (c). Da
man ein schmerzstillendes Arzeneimittel an die harte Ge-
hirnhaut gebracht, sey solche welk und weiß geworden,
und es werde dadurch eine Schlaf- und Fühllosigkeit er-
regt (d).

Endlich so höre, wenn man die harte Gehirnhaut
zerschneidet, und es ist dieses bereits ein alter Versuch,
mit der Empfindung zugleich auch die Bewegung auf (e).

Es ist diese Meynung von der zusammenziehenden
Kraft der harten Gehirnhaut auf das Gehirn, von dem
George Bagliv (f), diesem berühmten Arzte und dem
Anton Pacchionus (g), mit großen Beifall aufgenom-
men worden. Es ergrif sie in der Hizze der Streitigkeit

Lan-
(u) PACCH. de dura me-
ning. exp.
1. S. 98.
(x) Eben der. S. 98.
(y) Eben der. S. 98. 101. 102.
(z) So meynt VANDELLI
epist.
1. S. 30. RADNISCKY
exp.
3.
(a) A. J. BAPT. de TOP-
PIS
exp.
5. S. 111.
(b) BAGLIV. S. 289.
(c) Exp. 4. S. 103. J. BAPT.
de TOPPIS exp
1. S. 107. 108.
(d) PACCHION. exp. 3.
S. 103.
(e) GALEN. de HIPP. et
PLATON. decret. Lib. VII.
cap.
3.
(f) De sibr. motr. specim. L. I.
cap.
5.
(g) Allenthalben.

Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
es von dieſem Reize befreit wird. Wenn man durch
das Loch des Borers Salpetergeiſt eingießt [Spaltenumbruch] (u), ſo fol-
ge eine Schlaͤfrigkeit (x), eine Geſchwulſt, und endlich
der Todt darauf, da indeſſen das große Gehirn unbe-
ſchaͤdigt iſt. Wenn man mit eben dieſem Geiſte, oder
mit der Saͤure des Vitriols (y), die harte Gehirnhaut
beruͤhre, ſo fange ſich der Hund an zu winden, und es
erfolgen Kraͤmpfe (z), nebſt dem Tode. Dergleichen
geſchehe auch, wenn man Schweſelgeiſt einſpritzt (a).
Man habe dieſe Gehirnhaut geſtochen, und darauf ſey
das Blut aus einer geritzten Schlagader ſtaͤrker hervor-
geſprungen (b). Als man heiſſes Waſſer eingeſpritzt,
ſey das Thier an Verzuͤkkungen geſtorben [Spaltenumbruch] (c). Da
man ein ſchmerzſtillendes Arzeneimittel an die harte Ge-
hirnhaut gebracht, ſey ſolche welk und weiß geworden,
und es werde dadurch eine Schlaf- und Fuͤhlloſigkeit er-
regt (d).

Endlich ſo hoͤre, wenn man die harte Gehirnhaut
zerſchneidet, und es iſt dieſes bereits ein alter Verſuch,
mit der Empfindung zugleich auch die Bewegung auf (e).

Es iſt dieſe Meynung von der zuſammenziehenden
Kraft der harten Gehirnhaut auf das Gehirn, von dem
George Bagliv (f), dieſem beruͤhmten Arzte und dem
Anton Pacchionus (g), mit großen Beifall aufgenom-
men worden. Es ergrif ſie in der Hizze der Streitigkeit

Lan-
(u) PACCH. de dura me-
ning. exp.
1. S. 98.
(x) Eben der. S. 98.
(y) Eben der. S. 98. 101. 102.
(z) So meynt VANDELLI
epiſt.
1. S. 30. RADNISCKY
exp.
3.
(a) A. J. BAPT. de TOP-
PIS
exp.
5. S. 111.
(b) BAGLIV. S. 289.
(c) Exp. 4. S. 103. J. BAPT.
de TOPPIS exp
1. S. 107. 108.
(d) PACCHION. exp. 3.
S. 103.
(e) GALEN. de HIPP. et
PLATON. decret. Lib. VII.
cap.
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cap.
5.
(g) Allenthalben.
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[278/0314] Das Gehirn und die Nerven. X. Buch. es von dieſem Reize befreit wird. Wenn man durch das Loch des Borers Salpetergeiſt eingießt (u), ſo fol- ge eine Schlaͤfrigkeit (x), eine Geſchwulſt, und endlich der Todt darauf, da indeſſen das große Gehirn unbe- ſchaͤdigt iſt. Wenn man mit eben dieſem Geiſte, oder mit der Saͤure des Vitriols (y), die harte Gehirnhaut beruͤhre, ſo fange ſich der Hund an zu winden, und es erfolgen Kraͤmpfe (z), nebſt dem Tode. Dergleichen geſchehe auch, wenn man Schweſelgeiſt einſpritzt (a). Man habe dieſe Gehirnhaut geſtochen, und darauf ſey das Blut aus einer geritzten Schlagader ſtaͤrker hervor- geſprungen (b). Als man heiſſes Waſſer eingeſpritzt, ſey das Thier an Verzuͤkkungen geſtorben (c). Da man ein ſchmerzſtillendes Arzeneimittel an die harte Ge- hirnhaut gebracht, ſey ſolche welk und weiß geworden, und es werde dadurch eine Schlaf- und Fuͤhlloſigkeit er- regt (d). Endlich ſo hoͤre, wenn man die harte Gehirnhaut zerſchneidet, und es iſt dieſes bereits ein alter Verſuch, mit der Empfindung zugleich auch die Bewegung auf (e). Es iſt dieſe Meynung von der zuſammenziehenden Kraft der harten Gehirnhaut auf das Gehirn, von dem George Bagliv (f), dieſem beruͤhmten Arzte und dem Anton Pacchionus (g), mit großen Beifall aufgenom- men worden. Es ergrif ſie in der Hizze der Streitigkeit Lan- (u) PACCH. de dura me- ning. exp. 1. S. 98. (x) Eben der. S. 98. (y) Eben der. S. 98. 101. 102. (z) So meynt VANDELLI epiſt. 1. S. 30. RADNISCKY exp. 3. (a) A. J. BAPT. de TOP- PIS exp. 5. S. 111. (b) BAGLIV. S. 289. (c) Exp. 4. S. 103. J. BAPT. de TOPPIS exp 1. S. 107. 108. (d) PACCHION. exp. 3. S. 103. (e) GALEN. de HIPP. et PLATON. decret. Lib. VII. cap. 3. (f) De ſibr. motr. ſpecim. L. I. cap. 5. (g) Allenthalben.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/314>, abgerufen am 28.03.2024.